Königreich der süßen Versuchung
hat seinen Laden ein Stück weiter die Straße runter.“ Er führte Andi über eine schmale Kopfsteinpflasterstraße, in der kaum ein Wagen Platz hatte. Zu Fuß hatten sie den Laden schnell erreicht. Durch die quadratischen Butzenscheiben des Schaufensters war die Auslage nur verzerrt zu erkennen. Aber Jake wusste, dass der Juwelier einer der besten Europas war. Erst vor wenigen Monaten war er für seine Arbeiten international ausgezeichnet worden. Mehrmals schon hatte Jake einzelne Stücke als Gastgeschenke für ausländische Diplomaten gekauft und auch für reiche Ruthenier, denen er imponieren musste. Seltsam, dass er nie daran gedacht hatte, etwas für seine unentbehrliche Assistentin auszusuchen.
Er öffnete die schwere Holztür und schob Andi vor sich in den Laden. Der Besitzer selbst, wie immer im dunklen Anzug, kam sofort nach vorn und verbeugte sich leicht. „Willkommen, Sir.“ Offenbar erinnerte er sich daran, dass Jake es hasste, mit seinem Titel angesprochen zu werden. „Was darf ich Ihnen zeigen? Oder möchten Sie etwas anfertigen lassen?“
Jake zögerte kurz. Vielleicht würde Andi gern einen Ring nach ihren eigenen Vorstellungen haben. Andererseits brauchte er das Schmuckstück sofort. Denn wenn sie das Gedächtnis wiedererlangte, sollte sie den Ring bereits als Beweis für die Verlobung tragen. „Ganz sicher haben Sie doch auch etwas besonders Schönes da.“ Er griff nach Andis Hand und drückte sie kurz, als er merkte, dass sie zitterte. „Es geht um einen Verlobungsring.“
Der Juwelier konnte seine Überraschung nicht verbergen. Ein paar Mal sah er zwischen Jake und Andi hin und her, unsicher, was er von dem Ganzen halten sollte. Sicher hatte auch er Gerüchte gehört, welche Frauen Ruthenias in engerer Wahl standen, und hatte bereits einen Verlobungsring für Alia oder Maxi entworfen. „Dann darf ich Ihnen meine herzlichsten Glückwünsche aussprechen?“
„Sie dürfen.“ Jake legte Andi den Arm um die Schultern.
„Wunderbar.“ Der alte Herr verbeugte sich leicht vor Andi. „Meine besten Wünsche für Sie beide. Und gerade noch rechtzeitig vor dem Unabhängigkeitstag.“ Seine Lachfältchen um die Augen vertieften sich. „Das Volk wird begeistert sein. Aber in diesem Fall würde ich doch zu einer Sonderanfertigung raten, eventuell mit dem königlichen Wappen?“
„Lassen Sie uns doch erst mal sehen, was Sie dahaben.“ Jake ertappte sich dabei, dass er Andi den Arm fest um die Taille legte und sie dabei an sich zog. Erschreckt und verwirrt von den eigenen intensiven Gefühlen, lockerte er den Griff, obwohl sie nichts dagegen zu haben schien. Im Gegenteil, sie lehnte sich vertrauensvoll an ihn.
Der Juwelier stellte ein flaches Schmucktablett vor sie hin, und Andi riss die Augen auf, als sie die glitzernden Ringe sah. Der alte Herr lächelte leicht. „Lassen Sie sich Zeit“, sagte er leise, als spüre er das Besondere dieses Augenblicks. Immerhin war dies der erste Schritt auf dem Weg in ein gemeinsames Leben. Es waren fast alles Diamantringe, manche mit einem, manche mit drei Steinen.
Andi holte tief Luft, dann griff sie nach einem schmalen Platinring mit einem einzelnen Diamanten. Sie betrachtete ihn von allen Seiten, dann streckte sie die linke Hand aus und blickte Jake scheu an. „Ein seltsames Gefühl. Irgendwie ist mir so, als solltest du ihn mir anstecken.“
„Ja … stimmt.“ Obwohl der Stein für seinen Geschmack viel zu klein war, nahm er den Ring und streifte ihn ihr über den Finger. Bei der Berührung wurde ihm ganz warm ums Herz, und erneut verspürte er dieses erregende Prickeln. Der Ring passte gut und stand ihr ausgezeichnet.
„Was meinst du denn?“ Langsam bewegte sie die Hand hin und her und betrachtete den blitzenden Stein.
„Sieht gut aus.“ Wenn sie diesen Ring wollte, würde er nichts dagegen sagen.
Der Juwelier hüstelte leicht. „Wenn Sie meine Meinung hören wollen … Der Ring ist sehr hübsch, aber für ein Mitglied der königlichen Familie vielleicht nicht exquisit genug?“ Er nahm einen Ring von dem Samttablett, dessen großer Stein von mehreren kleineren eingefasst wurde und gewiss Aufsehen erregen würde. Dass er dem Anlass angemessener war, sah Jake sofort ein.
Zögernd trennte Andi sich von dem Ring ihrer Wahl und ließ sich den mit dem auffälligen Stein überstreifen. Befriedigt lächelnd stellte der Juwelier fest, dass auch dieser Ring perfekt passte. „Sehr schön … und einer königlichen Braut sehr viel angemessener,
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