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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
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erfahren wollten.» Fräulein Kückebein harrte unbeirrt. «Was geben Sie einer traumatisierten Generation mit in die Zukunft? Trost oder Ablenkung?»
    Thomas Mann schien nun doch nahe daran, aufzustehen und sich zu verabschieden. Ein Schläfenäderchen pochte. – Statt einer – wie sollte man sagen? – weltlichen Antwort fand er Sätze, die seinen Roman über den Tonsetzer Leverkühn und den Untergang einer Welt beschlossen: «Wann wird aus letzter Hoffnungslosigkeit ein Wunder, das über den Glauben geht, das Licht der Hoffnung tagen? Ein einsamer Mann faltet seine Hände und spricht: Gott sei euerer armen Seele gnädig, mein Freund, mein Vaterland.»
    Der alte Mann schluckte.
    «Du hast viele Leben gerettet», die Frau umfaßte seine Hand, «du hast Gedanken, Kunst und Wortreichtum in die Finsternis gebracht. Du hast mit die deutsche Sprache gerettet, du bist ein Gewissen der Menschlichkeit. Ich danke dir.»
    «Ich – dir.»
    Mit reglosen Gliedmaßen gewahrte die Lübeckerin, daß Katia Mann sich anscheinend mit dem Handrücken über eine Wange wischen wollte, daß ihre Mundwinkel zuckten, sie dann jedoch auf ihre große Armbanduhr sah. «Thomas Mann hat heute abend Lesung. Ich denke, es ist Zeit.»
    «Sie bereicherten und bereichern weiterhin mit Bildung, Thomas Mann.»
    «Das ist mir zum Teil unbewußt», bekundete er unruhig.
    «Sie beglückten mich vorhin mit Versen Platens. Die Wissensbereiche der Welt verändern sich. Der Rundfunk, die junge Television, Sport, eine ungestüme Reisegier bringen die Menschen von einer Vertiefung, will es mir scheinen, in bisherige Bildungsschätze ab. Werden wir später noch verstanden werden?»
    «Vielleicht muß man auf einen ordentlichen Schulunterricht achten. Kultur ist mit jeder Generation ein wachsendes Angebot zur persönlichen Entfaltung. Wer Platen nicht kennt, darf ihn kennenlernen. Bestimmenderes als die Ausbreitung, mit Liebe und Sympathie, von einladenden Auen des menschlichen Geistes steht uns nicht zu Gebote.»
    «Punktum», unterstrich die Gattin: «Auf einen Strohsack können Sie natürlich so lange eindreschen, wie Sie wollen. Wo kein Wissensdrang herrscht, wird auch in Zukunft bestenfalls Staub aufwirbeln. Anmut läßt sich auch nicht verordnen.»
    «Das zur Bildung.» Die Tageszeitung gelangte zu ihrem letzten oder vorletzten Blockblatt.
    «Wir müssen aufbrechen. Sie schicken uns Ihren Entwurf. Meine Tochter ist eine geradezu geniale Korrektorin.»
    «Eine teuflische Zeitknappheit», beklagte die Journalistin. «Je nun», vernahm sie vom Dichter, dem diese Formulierung seltsam zu gefallen schien. «Das Teuflische, Thomas Mann», sie war auf die Stuhlkante vorgerutscht und stierte ihn geradezu an, «drückt sich das Abgründige noch in einzelnen Personen und Dämonen aus, die auf einer Sofaecke zappeln und das unwiderstehliche Angebot unterbreiten, um den Preis der Seelenruhe, der ewigen, Macht, Einfluß, Glanz, irdischen, zu versprechen, die den Menschen also käuflich machen und zu einem verkommenen Lügner? Oder ist das Böse ein endloses Gestrüpp, in dem wir uns verheddern?»
    «Was wollen Sie denn meinem Mann anbieten?» empörte sich Katia Mann und stemmte sich hoch.
    «Nichts», beschwichtigte die Zwergin und lächelte mit feuchten Polsterlippen, «nur ein bißchen Rundung Ihres Ruhms. Die Lübecker Nachrichten sind nicht gerade millionenfach abonniert. Doch was geschrieben ist, bleibt dokumentiert.»
    «Unerhört. Das ist Erpressung.»
    «Es war, Thomas Mann, alles andere als ein Bündnis mit dem Bösen, das Sie eingingen. Aber, sehen Sie’s mir nach, verdanken Sie einen Teil Ihrer Bedeutung nicht ebenjenem Kampf gegen den Verbrecherischen? Sind Sie Adolf Hitler nicht in vielfältiger Weise triumphal verbunden? Verpflichtet?»
    Katia Mann versuchte sich zu fassen, wobei sie von ihrem Gatten die Bemerkung «tolldreist, das ist schlimmer als phantastisch» aufschnappte und die Kückebein vor Spannung schier zerbarst.
    «Bruder Hitler, fürwahr …», und auch Thomas Mann war aufgestanden. Er maß die Beleibte auf der Stuhlkante, ging erregt einige Schritte und stemmte vor dem Quälgeist die Hände in die Seiten.
    «Sein Name möge mir nicht mehr oft über die Lippen kommen. Ich habe den Konflikt nicht gesucht. Er wuchs mir gegen mein Naturell durch die Zeitläufte zu. Ein jeder wäre lieber Hofpoet unter einem liebenswerten Markgrafen von Baden oder Düsseldorfer Prachtreiter gewesen …»
    «Allerdings weniger ruhmreich.»
    «Der Bursche

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