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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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in Strömen fließen. Um Mitternacht wurde eine überlebensgroße Echse zu Grabe getragen, begleitet von einer Prozession tanzender Gäste.
    Gekko- Chef Echternach lästerte in seiner Ansprache über das an gleicher Stelle geplante Hafen-Congress-Centrum, das »niemand will und niemand braucht«. Pfiffe erntete Echternach jedoch, als er eine südlich Düsseldorfs gelegene Millionenstadt als neuen Ort für Gekko-Beach in Erwägung zog.
68.
    »Jetzt habe ich auch noch die Presse gegen mich«, sagte Andermatt mit Blick in den Spiegel und zog den Knoten seiner Krawatte stramm.
    »Das geht so nicht.« Carola trat vor ihn. »Siehst du nicht, dass sie zu weit über den Hosenbund hängt?« Sie löste den Schlips und band ihn neu.
    »Hast du Vogels Aufmacher gelesen?«
    »Natürlich.«
    »Er verschanzt sich hinter seiner angeblichen Empörung. Dabei ist er es ganz allein, der die Schmutzkampagne lostritt. Die Steigerung von Feind lautet Parteifreund.«
    Seine Frau strich über die Seide. »Jetzt passt es.«
    »Was soll ich dem Ministerpräsidenten sagen?«
    »Der Blitz -Artikel ist reine Heuchelei, aber er gibt die Richtung vor: Nicht Henrike ist das Übel, sondern ominöse Widersacher, die in Henrikes Privatleben wühlen, um dir zu schaden. Wer dich kritisiert, unterstützt solche Praktiken. Also muss Kritik tabu sein, verstehst du? Deine Standhaftigkeit wird dir noch mehr Bewunderung einbringen als bisher schon. Am Ende bist du der Held.«
    »Am liebsten würde ich alles hinwerfen.«
    »Jetzt, wo du vor dem Ziel stehst? Wo wir so viel investiert haben? Kommt nicht infrage!«
    »Sie werden Dinge ausgraben, die uns wirklich schaden.«
    »Werden sie nicht. Henrike hat dichtgehalten.«
    Andermatt erinnerte sich an den Streit vor vier Wochen. An seine unbeherrschten Worte, die das Mädchen so sehr getroffen hatten. Als ihm die Wahrheit herausgerutscht war.
    »Bist du dir sicher?«, fragte er.
69.
    »Kannst du mich zurückrufen?«, bat Juli ihre Tante. »Meine Karte ist fast abtelefoniert.«
    »Warum hast du kein normales Telefon?«
    »Bitte.«
    Sie legten beide auf. Gleich darauf klingelte Julis Handy.
    »Du hast kein Geld mehr, stimmt’s?«, sagte Tante Uschi. »Er hat dir keinen Pfennig hinterlassen, aber ein Kind und einen Köter. Wie konntest du nur so dumm sein und dich mit diesem Kerl abgeben?«
    »Die Polizei war wieder da.«
    »Und?«
    »Sie glauben, ich hätte etwas mit den Drogen zu tun.«
    »Drogen?«
    »Robbys Zeug und so.«
    »Hat der Kerl gehascht? Hoffentlich hat er dich nicht auch noch mit Aids angesteckt. Man liest so viel darüber. Wie geht’s dem Baby?«
    »Könntest du Justin für eine Weile nehmen? Ich weiß nicht, wie ich mit allem fertig werden soll.«
    »Unmöglich.«
    Juli begann zu weinen.
    »Isst du genug, Kind? Wenn du stillst, brauchst du mehr als sonst. Und wenn du Hilfe brauchst, dann komm doch zurück nach Uedem. Bauer Hendricks würde dich jederzeit wieder nehmen. Er hat erst neulich nach dir gefragt.«
    »Nein«, schluchzte Juli leise. »Bitte …«
    »Ich versteh dich schlecht. Schaff dir mal ein richtiges Telefon an. Hendricks hätte übrigens nichts gegen das Baby. Du, ich muss jetzt Schluss machen. Iss anständig. Und denk mal über Bauer Hendricks nach. Versprichst du mir das?«
70.
    »Sie sehen blendend aus, Frau Beck!«, lobte Kroll, während Simone die Pressemappen auf den Stühlen des Plenarsaals verteilte.
    Lügner, dachte Simone – sie hatte die halbe Nacht vor dem Computer gesessen und am Morgen doppelt so viel Make-up benötigt wie sonst.
    »Ich will, dass Sie mit uns auf dem Podium sitzen.«
    »Da gehöre ich nicht hin, Herr Oberbürgermeister.«
    »Doch, unbedingt. Ohne eine junge Frau stimmt die ganze Optik nicht.«
    Vor ein paar Tagen hätte ich diesen Satz noch als Kompliment aufgefasst, dachte Simone und wunderte sich über sich selbst. Eine DVD rutschte aus einer der Mappen. Sie schob das Ding zurück und richtete die Mappe akkurat aus.
    »Funktioniert die Technik auch wirklich?«, fragte Kroll. »Wie heißt diese Projektionsmaschine?«
    »Beamer.«
    Seit sieben Uhr hatten sie und der Haustechniker Probeläufe gefahren. Bis zum letzten Moment hatte die Firma von Krolls Vetter an der Präsentation gearbeitet und Änderungen eingebaut. Die Musik, die den bunten Projektionen als Untermalung diente, hallte als Ohrwurm in Simones Kopf nach: das Thema aus Rocky – ihr Chef hatte darauf bestanden.
    Er sagte: »Schön, dass Sie sich nach der kleinen Aufregung am gestrigen Abend

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