Königsallee
machte Kroll. »So einen Autositz hat nicht einmal Wowereit. Berlin kann sich das gar nicht leisten.«
Als sie die Königsallee erreichten, staute sich der Verkehr. Für die letzten zweihundert Meter brauchten sie fünf Minuten. Kroll rief den Verkehrsdezernenten an und befahl ihm, zu prüfen, ob man Zweite-Reihe-Parkern nicht den Führerschein entziehen konnte.
Dann hielten sie vor einem klotzigen Bürogebäude. Das Schild an der Granitfassade: Lohmar Consulting.
Kroll und Simone nahmen den Aufzug in den vierten Stock. Der Unternehmensberater empfing sie bereits im Flur.
Als er Simone die Hand gab, kniff er kurz seine faltenumkränzten Augen zusammen. Simone wich dem Blick aus. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie hielt sich an ihrer Tasche fest und folgte den beiden Männern in Lohmars Büro.
Es war geräumig und hell. Abstrakte Kunst an den Wänden. In der Ecke eine Sitzgruppe aus schwarzem Leder, die an Bauhaus-Design erinnerte.
Als alle saßen, fragte Kroll: »Ulrich, hast du vielleicht eine Ahnung, wie man ein Sake-Fass ansticht?«
»Überlass das doch dem japanischen Generalkonsul, Dagobert.«
»Kommt nicht infrage!«
Lohmars Sekretärin betrat den Raum. Der Unternehmensberater bat sie um Kaffee sowie grünen Tee für Dagobert Kroll, der nichts anderes trank.
»Na, Alter«, begann der OB. »Wo stecken deine Geldsäcke?«
Die Sekretärin zuckte zusammen.
Lohmar antwortete: »Vitali Karpow logiert mit Familie und Gefolge im Interconti, praktisch nebenan. Seit zwei Wochen sind diese Leute in der Stadt. Irre Typen. Ich habe sie mal in die Arena mitgenommen. Seitdem reden Karpow und seine Männer nur noch davon, welche Spieler sie der Fortuna spendieren wollen.«
Kroll zeigte seine Zähne. »Gut gemacht, Ulrich.«
»Sie stellen Bedingungen.«
»Natürlich, kein Problem. Karpows Firmenname kann aufs Trikot. Der ganze Sponsorenschnickschnack. Was ist denn drin?«
»Sie wollen den Verein kaufen.«
»Die Fortuna?«
»Sie wollen richtig groß einsteigen.«
»So nicht, mein Lieber. Der Verein ist unverkäuflich. Selbst wenn wir die Profiabteilung als Aktiengesellschaft ausgliedern würden, könnten wir höchstens 49 Prozent abgeben. Der Verein gehört seinen Mitgliedern, den Fans, den Bürgern der Stadt.«
Er gehört Dagobert Kroll, dachte Simone.
»Das habe ich Karpow auch gesagt«, antwortete Lohmar. »Du musst das verhandeln. Vielleicht kannst du ihm anderweitig Einfluss geben. Die Mehrheit im Aufsichtsrat, den Posten des Sportdirektors.«
»Spinnst du? Dieser Job ist vergeben. Wir haben unseren Mann erst gestern bestätigt. Ich mache mich doch nicht lächerlich und schicke ihn für irgendeinen Russen in die Wüste.«
»Denk dran, Dagobert. Karpow ist steinreich und fußballverrückt. Innerhalb von drei Jahren spielen wir in der ersten Liga vorne mit. Womöglich wird sogar die Arena rentabel. Und Düsseldorfs Name ist in aller Munde.«
»Champions League«, lachte Kroll ohne Überzeugung.
»Der Hotspot Europas – sagst du doch immer!« Lohmar zwinkerte Simone zu.
»Was will Karpow bei uns? Woher stammt sein Geld?«
»Öl, nehme ich an.«
»Eine Art Roman Abramowitsch? Also Mafia, sprich’s schon aus!«
»Geld stinkt nicht, Dagobert. Du hast doch nichts gegen Russen, oder? Unsere Städtepartnerschaft mit Moskau leidet auch nicht darunter, dass dein Amtskollege nicht den besten Ruf hat. Schröder arbeitet für Putin. Gazprom hat Schalke aus der Krise geholfen. Wenn reiche Russen in der Adventszeit über die Königsallee schlendern und die Boutiquen leer kaufen, fragt keiner, wie die ihr Geld gemacht haben.«
»Sag schon, was ist das für einer, dein Karpow?«
»Ich habe ihm erzählt, was du für die Landeshauptstadt leistest, und er brennt darauf, den Ersten Bürger dieser Stadt kennenzulernen.«
Der Oberbürgermeister starrte in seinen Tee. »Warum will dieser Millionär ausgerechnet die Fortuna sponsern?«
»Karpow ist kein Millionär«, widersprach Lohmar. »Er verfügt über Milliarden.«
Simone mischte sich ein: »Wenn er so reich ist, könnte er ja den Komplex an der Speditionsstraße bauen.«
Lohmar kniff die Augen zusammen. »Macht das nicht Toronto?«
Kroll wurde laut: »Ich scheiße auf die Kanadier und ich scheiße auf deinen Russen, Ulrich. Was meinst du, wie bei mir die Hütte brennt, sobald die Presse mitkriegt, dass irgendwelche dubiosen Ölmagnaten meinen Namen und den unserer Stadt womöglich missbrauchen, um ein illegal erworbenes Vermögen
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