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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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überflog.
    Die Liste sämtlicher Personen, denen aufgrund Grusews Einladung ein Touristenvisum für drei Monate und damit die Einreisegenehmigung nach Deutschland erteilt worden war. Zweiunddreißig Frauen und Männer aus Russland, Moldawien und der Ukraine. Geschäftspartner und Messebesucher – angeblich.
    »Bingo!«, rief Reuter und lehnte sich zurück.
    »Was gibt’s?«, fragte Koch.
    »Grusew ist ein Vieleinlader.«
    Reuter schlug den Stadtplan auf. Der Sauerweg, in dem der Russe wohnte, lag im Villenviertel von Ludenberg, zwischen Golfplatz und Rennbahn. Noch eine Idee – er fand das Passwort für Behördenauskünfte und rief das Amtsgericht an.
    Zehn Minuten später wusste er mehr: Laut Grundbuch besaß der Russki sechs weitere Immobilien in bester Lage. Reuter informierte den Kollegen.
    Koch fragte: »Und woher hat er die Kohle, die er angeblich nicht einnimmt?«
    »Dreimal darfst du raten.«
    Der Kollege nickte. Sie dachten das Gleiche: Mafiageld, das Grusew wusch.
    Reuter begann, den Bericht für Oberstaatsanwalt Westhoff vom OK-Dezernat zu tippen.
    Als Koch aufs Klo musste, unterbrach Reuter und griff zum Telefon. Es würde keinem gefallen, was er jetzt tat. Nicht seinem Chef, nicht Weichei Koch, schon gar nicht der Staatsanwaltschaft. Scheiß drauf.
    Nach dem dritten Klingeln meldete sich der Informant.
    Robby saß offenbar im Auto. Ein rasselndes Motorgeräusch – Reuter erinnerte sich an den roten Pick-up vor dem Moerser Hotel.
    »Kannst du reden?«, fragte er.
    »Du lässt echt nicht locker, Mann«, stöhnte Robby.
    »Bist du allein?«
    »Schieß los. Was rufst du an?«
    Schmier ihm Honig um den Bart. »Weil du unser bester Mann bist.«
    Robby lachte nur.
    Reuter fragte: »Warum hast du uns verschwiegen, dass dein Boss ausgestiegen ist?«
    »Ey, Mann, ich weiß es selbst erst seit gestern Abend.«
    Michael Koch kehrte zurück, am Hosenstall nestelnd. Das war ja schnell gegangen.
    »Ist Böhr weg vom Fenster oder tut er nur so?«, fragte Reuter ins Telefon.
    Koch schenkte ihm einen bösen Blick.
    »Keine Ahnung«, antwortete der Türsteher. »Für mich bleibt alles beim Alten. Im Pleasure Dome geht das Geschäft weiter, egal, wie der Besitzer heißt. Aber Böhrs Eltern sind wieder frei, das ist die Hauptsache.«
    »Das weißt du?«
    »Hab ich gehört.«
    »Was ist Lohmar für ein Typ?«
    »Luhmann? Nie gehört.«
    »Lohmar«, wiederholte Reuter. »L-o-h-m-a-r. Für wen spielt er den Strohmann?«
    »Keine Ahnung. Für die Kolumbianer, schätz ich mal.«
    »Oder für Böhr, der in Wahrheit weiterregiert?«
    »Das tut doch unser Oberbürgermeister.«
    »Verarsch mich nicht.«
    Robby kicherte.
    Der Typ steht unter Drogen, dachte Reuter. »Ist dir mal ein Russe namens Denis Grusew begegnet? Sechsundzwanzig Jahre, fährt einen dicken Benz?«
    »Nie gehört.«
    »Wirklich nicht?«
    »Worauf willst du raus?«
    »Hör zu, Robby. Wir sollten uns treffen.«
    Der Türsteher zögerte, dann sagte er: »Später. Ich ruf dich zurück.«
    Aufgelegt. Reuter starrte seinen Hörer an.
    Koch brummte: »Ich hab doch gesagt, du sollst Einstein in Ruhe lassen!«
    »Irgendetwas stimmt mit dem Kerl nicht.«
    »Du hättest Grusew nicht erwähnen sollen. Wenn er ihn kennt, wird er ihn warnen.«
    Reuter schwieg – Koch hatte recht.
    »Und den Namen Böhr will ich in diesem Zimmer nie mehr hören, Jan. Wie gesagt: Mir reicht’s, wenn dein Stern sinkt.« Kochs Apparat klingelte. Ein kurzes Gespräch, dann legte er auf. »Das war Westhoff. Er fragt nach unserem Bericht. Ich glaube, er träumt davon, einen Mädchenhändlerring auszuheben.«
    Soll er doch, dachte Reuter.
    Der Kollege bat: »Kümmerst du dich darum, Jan? Ich muss los, du verstehst schon. Wenn meine Frau anruft …«
    »Hau bloß ab!«
    »Du immer mit derselben. Du ahnst gar nicht, was dir entgeht.« Michael lachte, schnappte sich seine Jacke und verließ das Büro.
    Das Telefon schrillte. Endlich der Rückruf aus Brilon. Gertrud und Josef Böhr waren zurzeit nicht zu Hause. Der Kollege der Briloner Polizeiwache hatte sich bei den Nachbarn umgehört. Ein Rentner besaß einen Schlüssel für das Haus der Alten, um in ihrer Abwesenheit den Garten zu gießen. Neulich seien die Böhrs verreist gewesen, ohne sich bei ihm abzumelden. Danach hätten sie ihm erzählt, dass sie in die Toscana fahren würden, wo ihr Sohn ein Ferienhaus besaß. Das sei vor etwa einer Woche gewesen. Von einer Entführung keine Rede. Reuter bedankte sich bei dem Kollegen. Es passte – und

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