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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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bewies nichts.
    Er vervollständigte den Bericht über Grusew und faxte ihn an die Staatsanwaltschaft. Zehn Minuten später rief Westhoff zurück und erklärte, dass er die Telefonüberwachung beantragen werde.
    Bingo.
    Denis Grusews Gästeliste – Reuter begann, die zweiunddreißig Personen abzuarbeiten. Er rief Dateien auf, tippte Namen in Suchfelder und telefonierte mit Behörden – soweit er um diese Uhrzeit noch jemanden erreichte.
    Während der nächsten Stunden fuhr Reuter ein erstes Ergebnis ein: Ein Besucher Grusews war in Nürnberg mit schwerer Körperverletzung straffällig geworden und erkennungsdienstlich behandelt worden. Der Kollege aus dem Frankenland versprach, alle Infos über den Vorgang per E-Mail zu schicken.
    Nach allem, was Reuter bislang über Grusew in Erfahrung gebracht hatte, hielt er es für möglich, dass die übrigen Eingeladenen ähnliche Kaliber waren. Er stellte sich vor, dass Grusew falsche Papiere besorgte, damit seine Gäste nach Ablauf ihres Visums illegal in der EU bleiben konnten. Und die Frauen, die der Russe eingeladen hatte, gingen vermutlich anschaffen – ob unter Zwang oder nicht.
    Reuter rief die Kriminalaktenhaltung an und erkundigte sich nach Lohmar. Keine Erkenntnisse, doch die Angestellte wusste, dass der Unternehmensberater im Vorstand der Fortuna saß – also war er ein enger Vertrauter des Oberbürgermeisters.
    Reuter kontrollierte seine E-Mailbox. Der Vermerk aus Nürnberg war eingetroffen. Daneben interessierte ihn eine Nachricht aus dem Landeskriminalamt: keine Kenntnisse über Zwist zwischen Böhr und Alfonso. Den letzten Monat hatte der Kolumbianer außerhalb Europas verbracht. Womöglich steckte er gar nicht hinter der Entführung von Böhrs Eltern – sofern diese überhaupt stattgefunden hatte.
    Kommissariatsleiter Hennerkamm schaute herein und versprach, das Team ab Montag aufzustocken – natürlich tat der Broiler so, als sei Grusews Entdeckung auf seinem Mist gewachsen. Keine Spur mehr vom Groll des Vormittags.
    Der Russe war ein willkommener Kunde. Anders als Koksbaron Böhr hatte Grusew keine Beziehungen zur lokalen Prominenz und erinnerte nicht an einen geplatzten Prozess.
    Kurz vor neun gab Westhoff grünes Licht. Ein Richter hatte das Abhören sämtlicher Telefonanschlüsse des Russen bewilligt. Das Ermittlungsverfahren gegen Grusew war eröffnet: Verdacht auf Schleusung, Steuerhinterziehung und Geldwäsche.
    Reuter lehnte sich zurück und ließ die letzten Stunden Revue passieren.
    Denis Grusew, 26-jähriger Kaufmann russischer Herkunft – erwarb Villen in feinster Lage und holte reihenweise Landsleute über die Grenze.
    Edgar Reuter, 34, Staranwalt – dealte mit Artnappern, ließ sich von der Kunstszene feiern und schwieg.
    Manfred Böhr, 47, ehemaliger Diskokönig und Koksbaron – überschrieb seine Läden einem Unternehmensberater von gutem Ruf.
    Lohmar, 54, besagter Unternehmensberater – nur ein Strohmann?
    Bleiben Sie dran an dieser Gemäldenummer. Wer steckte hinter dem Raub, wenn nicht Böhr?
    Robby Marthau hatte nicht zurückgerufen.
    Reuter bemerkte, wie ruhig es im Haus geworden war. Nirgendwo schlug eine Tür, ratterte ein Drucker. Keine Schritte auf dem Flur, kein Palaver nebenan.
    Ihm fiel Norbert Scholz ein. Bald würden die Kollegen der Kriminalwache zur Nachtschicht eintreffen. Reuter blickte auf die Uhr.
    Er rief das Audioprogramm seines Computers auf, drehte die Lautstärke hoch und wählte sich in Grusews Leitung ein. Tatsächlich: Die Telekom hatte die Überwachung bereits geschaltet.
    Der Russe telefonierte gerade in seiner Heimatsprache. Reuter hörte mit. Junge Stimme, gelassener Plauderton.
    Eine Übersetzerin konnte Reuter erst morgen engagieren. Nur ab und zu verstand er: Da, da .
13.
    Vor ihr ragten die Backsteinkolosse der alten Industriemühlen auf. Ein leises Brummen zeigte an, dass die Produktion auf vollen Touren lief. Kein Mensch zu sehen, kaum ein Licht brannte, trotzdem wurde spätabends hier gearbeitet. Eigentlich gespenstisch, fand Lena.
    Im Strahl der Autoscheinwerfer blitzte ein Schild auf: Rheinhafen – Schienenfahrzeuge haben Vorrang.
    Lena wollte der abknickenden Straße folgen, doch Robby widersprach. Mit seinem Russenakzent, den sie so süß fand, sagte er: »Weiter geradeaus!«
    Sie steuerte den Dodge tiefer in das Hafengebiet. Ein solches Auto hatte sie noch nie gefahren. Sie thronte hoch über der Straße – fast ein Lastwagengefühl. Es ging entlang eines Bahndamms, unter Rohrleitungen

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