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Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Volmerswerther. Reuter hielt am Drahtzaun vor der Baracke des Gartenamts. Die Uhr zeigte zwanzig vor neun. »Bin in fünf Minuten wieder da.«
    »Sagst du mir, was das soll?«
    Reuter stieg aus und überquerte die Straße. Die Haustür war nicht abgeschlossen. Reuter stürmte die Treppe hoch. Holzstufen mit rotem Teppich, von Messingstangen gehalten. Topfpflanzen auf den Absätzen. Nur eine Tür pro Stockwerk, die Klingelschilder ebenfalls aus poliertem Messing. Ganz oben lautete der Name: Abraham, Björn.
    Reuter drückte den Knopf. Ein bunter Glaseinsatz in der Wohnungseingangstür. Dahinter wurde Licht angeknipst.
    Der Kerl ließ sich Zeit. Schlurfende Schritte, dann ging die Tür auf.
    Abraham trug einen Bademantel aus braunem Frotteestoff. Mitte vierzig, ein unrasiertes, etwas verlebtes Gesicht, randlose Brille. Pantoffeln an den Füßen. Schütteres, braunes Haar, nach hinten gekämmt.
    Irritierter Blick. »Guten Morgen, was gibt’s?«
    Reuter stieß ihn beiseite und betrat die Wohnung. Eine Kommode im Flur, der Lack abgebeizt, darüber ein Landschaftsbild. Die Küche sah nach Ikea aus. Gläser und benutztes Geschirr in der Spüle, ansonsten aufgeräumt.
    »Was wollen Sie?«, fragte Abraham.
    Die nächste Tür führte ins Schlafzimmer. Weiße Schleiflackmöbel, wie sie seit Jahrzehnten nicht mehr in Mode waren. Ein Doppelbett, beide Hälften zerwühlt – der Gedanke an Katja versetzte Reuter einen Stich.
    »Hey, ich habe Sie etwas gefragt!«
    Mitten im Wohnzimmer ein großer Schreibtisch. Computer, Drucker, Kabelgewirr quer durch den Raum. An einer Wand ein weiteres Bild, das schätzungsweise aus dem vorletzten Jahrhundert stammte: Bauern auf dem Feld.
    Nichts davon entsprach Katjas Geschmack.
    »Wer sind Sie?«
    »Katjas Freund.«
    Abraham wich zurück. »Bitte keine Gewalt!«
    Reuter begutachtete den Schreibtisch. Stapel von Büchern, einige aufgeschlagen. Er nahm eins davon in die Hand: Medizinerlatein. »Sind Sie Arzt?«
    »Nein, Journalist. Auf Medizinthemen spezialisiert.« Der Typ zupfte an seinem Bademantel, als müsste er den Sitz kontrollieren.
    Reuter fragte: »Wie ernst ist es Ihnen mit Katja?«
    »Ich wusste nicht …«
    Er unterbrach den Kerl: »Wie ernst?«
    »Es … es tut mir leid.«
    »Seit wann geht das mit Ihnen beiden?«
    »Hören Sie, Herr …«
    »Reuter.«
    »Ich habe Ihre Freundin erst vorgestern kennengelernt. Ich bin derzeit solo und sie war nicht abgeneigt. Ich konnte doch nicht wissen, dass Katja …«
    Reuter ließ den Kerl stehen und verließ die Wohnung.
    Wegmann hatte die Lehne nach hinten geneigt. Seine Absätze ruhten auf dem Armaturenbrett. Er qualmte das Auto voll. Als Reuter einstieg, brachte Wegmann den Sitz wieder in Position. »Wofür war das wichtig?«, brummte er mürrisch.
    »Privat.«
    »Toll. Das Frühstück können wir uns jetzt nämlich abschminken.«
    Reuter öffnete das Fenster, trat aufs Gaspedal und ließ die Reifen durchdrehen.
    Sie war nicht abgeneigt.
42.
    Als Scholz viel zu früh aufwachte, ließ ihn der Gedanke an die schnarrende Stimme nicht mehr einschlafen, die ihm gestern auf den Anrufbeantworter gesprochen hatte. Schließlich stand er auf und sah nach dem Gerät. Entwarnung: keine neue Nachricht.
    Ihm fiel ein, dass gelöschte Dateien in Computern erst dann wirklich vernichtet waren, wenn man die Festplatte überschrieb. Er wusste nicht, ob es sich mit digitalen Anrufbeantwortern auch so verhielt, aber er wollte sichergehen.
    Er nahm sein Handy, wählte die eigene Festnetznummer, wartete, bis die Maschine ansprang, und sagte den erstbesten Spruch auf, der ihm in den Sinn kam.
    Die Anzeige blinkte. Er hörte seinen eigenen Anruf ab.
    Ich bin klein, mein Herz ist rein. Mein Bett ist groß, was mach ich bloß?
    Er löschte die Sätze und fühlte sich besser. Er war nun auf der sicheren Seite. Selbst wenn die Kollegen das Gerät beschlagnahmen und von Experten untersuchen ließen, würde nichts nachzuweisen sein.
    Scholz deckte den Frühstückstisch für zwei. Weil Florian noch schlief, begann er schon mal zu essen. Dabei kamen Scholz erneute Zweifel. Womöglich ist der Vers zu kurz gewesen, um alles zu überdecken?
    Er stand auf, wiederholte die Prozedur und sprach die Sätze gleich drei Mal auf den Anrufbeantworter, bevor er erneut auf Löschen drückte.
    Der Kerl mit der schnarrenden Stimme hatte ihn schon einmal in die Klemme gebracht.
    Rufen Sie mich mal zurück.
    Wozu? Wenn es nach Scholz ging, konnte der Anrufer bleiben, wo der Pfeffer

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