Königsallee
sie gestorben war. Also hatte die Zeitung doch richtig gemeldet.
Partyluder hin oder her – Scholz wünschte sich, den Kerl, der dem Mädel das angetan hatte, in die Finger zu bekommen.
Er hörte hin, als Reuter berichtete, dass Henrike Andermatt laut Exfreund Marius Karge ein neues Leben beginnen und Lena genannt werden wollte. Möglicherweise sei sie per U-Bahn nach Duisburg gefahren, nachdem sich die beiden um zwölf Uhr mittags getrennt hatten.
Die Kollegen begannen zu spekulieren: Das Mädchen wollte aus Angst vor Marthaus Mörder untertauchen und die Identität wechseln. Oder Karge hatte das Mädchen unter dem Vorwand, sie nach Duisburg zu kutschieren, in sein Auto gelockt, missbraucht, getötet und auf dem Parkplatz nahe der Rennbahn zurückgelassen. Abgelegte Liebhaber töteten nur allzu gern.
Bullshit, dachte Scholz.
Reuter meldete sich noch einmal zu Wort und wies auf einen möglichen OK-Hintergrund der beiden Morde hin. Immerhin sei Marthaus Türsteherkollege Sascha Maisel von Karge eindeutig als Dealer bezeichnet worden. Und dann gebe es noch die Artnappingsache, in die Marthau wiederum laut Maisel verwickelt gewesen sei.
Organisierte Kriminalität – mein altes Metier, dachte Scholz.
Der MK-Leiter verteilte die Aufgaben, ein Team nach dem anderen verließ den Saal. Scholz und Marietta kamen zuletzt an die Reihe.
Blondschopf Becker fragte: »Habt ihr schon etwas von den Spuren gehört, die ihr im Hotel Villa Rheinblick gesichert habt?«
Scholz schüttelte den Kopf. »Weder BKA noch LKA-Labor haben sich bislang gemeldet. Ich geb dir Bescheid, sobald etwas eintrifft.«
Anna Winkler und der Staatsanwalt betraten den Raum, zurückgekehrt von der Obduktion. Der Staatsanwalt ging sofort hinüber zur Kaffeemaschine. Winkler ließ sich wortlos auf den nächstbesten Stuhl fallen. Sie wirkte übernächtigt und mitgenommen.
»Und?«, fragte Becker.
Die KK-11-Kollegin zuckte mit den Schultern. »Herzversagen, schätzt Professor Arend. Er hofft, dass die Laboruntersuchungen Aufschluss über die Ursache geben.«
Sie griff nach einem Kaffeebecher. Nichts drin. Balthus kam mit der Kanne und goss ein. Winkler nippte und hielt sich an dem Gefäß fest.
»Abwehrverletzungen?«, fragte Scholz interessiert.
»Keine.«
»Immerhin haben wir Täter-DNA, oder?«
Die KK-11-Kollegin fuhr sich durchs Haar und nickte. »Jede Menge. Die Schweine haben keine Gummis benutzt.«
»Du sprichst in der Mehrzahl?«
Winkler nickte. Eine steile Falte zwischen den Augenbrauen. Die schmale Nase fast weiß. »Sperma von drei Männern.« Die Kollegin nippte noch einmal und blickte zu Boden. »Wenigstens das konnten Arends Leute feststellen.«
Scholz malte drei Kreuze auf seinen Zettelblock. Dabei drückte er so hart auf, dass der Stift das Papier aufriss.
43.
Die Sonne blendete, als sie auf den Hof traten. Scholz musste blinzeln.
»Was für ein schöner Tag«, sagte Marietta.
»Das fällt in den Bereich der Meinungsfreiheit«, antwortete Scholz.
»Wer fährt diesmal?«
Statt einer Antwort ließ sich Scholz auf den Beifahrersitz sinken.
»Du hast gar keinen Führerschein, gib’s zu!« Marietta startete den Wagen und fuhr vom Hof. Ihr Ziel war das Anwesen der Andermatts.
Nach einer Weile sagte Marietta: »Ich kenne übrigens Henrikes Mutter.«
»Die Frau des Richters?«
»Ja. Ihre Familie wohnte im gleichen Haus. Carola und ihre Schwester haben ein paarmal auf mich aufgepasst. Die Siebziger in Garath.«
»Da warst du doch noch gar nicht geboren.«
»Ich war noch klein, kurz darauf zog die Familie weg.«
Garath – nicht das attraktivste Viertel, dachte Scholz. In den Siebzigern waren dort die Betonblocks des sozialen Wohnungsbaus hochgezogen worden. Er zog das Handy aus der Tasche. Ein Anruf beim Labor des Landeskriminalamts. Vielleicht war auch am Sonntag jemand da, der Auskunft geben konnte.
Die Telefonzentrale – Scholz ließ sich verbinden. Eine junge Männerstimme meldete sich. Klang wie ein Grünschnabel, der sich nicht auskannte.
Scholz sagte: »Ihr habt gestern früh mehrere Proben von mir zur Untersuchung auf Drogen erhalten. Eigentlich sollte ich den Befund bis gestern Abend bekommen.«
»Blut oder Haare?«
»Es geht um Proben von Getränken, die ich an einem möglichen Tatort asserviert habe.«
»Wie war noch mal der Name?«
»Scholz, Norbert, Mordkommission Feuerwerk. «
»MK Feuerwerk? Stimmt es, dass die Tochter des künftigen Innenministers ermordet worden ist?«
»Ja, mach
Weitere Kostenlose Bücher