Königsallee
schon.«
Rascheln, hektisches Blättern. »Hier ist es. Terbeuken hat die Analyse gemacht. Der Bericht ist an dich unterwegs.«
»Kannst du mir vorab etwas sagen?«
»Es handelt sich um acht Mal Orangensaft und vier Mal Mineralwasser.«
»Mit oder ohne Kohlensäure?«
»Was?«
»Komm endlich zum Wesentlichen!«
»Sonst steht hier nur etwas von Gammahydroxybuttersäure.«
»Gamma-, was?«
»Tut mir leid. Terbeuken hat frei und ich bin neu hier und nur vertretungsweise in diesem Labor. Das Ergebnis müsste eigentlich schon bei dir im Präsidium sein.«
»Okay, danke.« Scholz beendete das Gespräch und wandte sich an Marietta. »Schon mal was von Gammahydroxybuttersäure gehört?«
Die Kollegin schüttelte den Kopf.
Er blickte auf die Uhr und schaltete das Radio ein. Baumarktreklame, dann die Nachrichten, die mit Henrikes Tod aufmachten. Die seriöse Sprecherstimme verriet keine Emotion.
… geht die Polizei von einem Verbrechen aus. Die einundzwanzigjährige Studentin, die gestern Abend tot im Düsseldorfer Stadtwald aufgefunden wurde, ist offenbar von mehreren, bislang unbekannten Tätern verschleppt und missbraucht worden. Die Suche konzentriert sich auf ein hell lackiertes Reisemobil, dessen Fahrer die Tat vielleicht beobachtet hat.
Scholz überlegte, dass es nicht unbedingt einen Zusammenhang mit dem Mord an Robert Marthau geben musste. Reuters Gerede vom OK-Hintergrund – womöglich ein Holzweg. Scholz stellte sich perverse Typen vor, die im Campinggefährt durch die Lande zogen. Ihr Anführer: ein Sadist, dem es gefiel, Macht über wehrlose Opfer auszuüben. Ein Frauenhasser, der Kumpels zum Mittun anstiftete. Dem man zutrauen musste, es wieder zu tun.
Ein Gedanke: Womöglich hatte ein Psychopath die Richtertochter auf einer Sexparty kennengelernt und lechzte seitdem nach Wiederholung – Gangbang der ganz besonderen Art.
Marietta drehte den Ton lauter.
… wird neuer Innenminister Nordrhein-Westfalens. Dies erklärten er und seine Partei heute in Düsseldorf. Er stehe für eine ehrliche Politik, die das Bedürfnis der Bürger nach Sicherheit ernst nehme, so Andermatt, der bislang als Richter am Düsseldorfer Landgericht tätig war und aufgrund umstrittener Urteile auch ›Richter Gnadenlos‹ genannt wird. Der gewaltsame Tod seiner Tochter habe ihn davon überzeugt, dass dieser Schritt richtig sei. »Jetzt erst recht«, so Andermatt in seiner Erklärung.
In den weiteren Meldungen ging es um den Nahen Osten. Mord und Totschlag weltweit. Scholz schaltete das Radio aus.
»Jetzt erst recht – das bringt Andermatt Punkte auf der Beliebtheitsskala«, bemerkte Marietta. »Der Kerl schlägt Kapital aus dem Tod seiner eigenen Tochter.«
»Du wirst zynisch.«
»Ist doch wahr. Politiker können gar nicht anders. Alles nur Show, um zu gefallen. Ich finde das zum Kotzen, du nicht?«
»Irgendwie kann ich Andermatt verstehen.«
»Rechts-Wähler, oder was?«
»Nein, aber ich hab auch mal eine Tochter verloren.«
Marietta blickte ihn verstört an – das hatte sie nicht gewusst. Scholz hatte nie mit Kollegen darüber geredet.
Sie schwiegen, bis sie den Hirschweg erreichten. Mehrere neutral lackierte Einsatzfahrzeuge blockierten die Zufahrt zur Andermatt-Villa: Erkennungsdienst – die Kollegen der Spurensicherung nahmen vermutlich gerade Henrikes Bude unter die Lupe.
Marietta setzte den Dienstwagen auf den Bürgersteig. »Imposantes Anwesen«, bemerkte sie. »Kein Vergleich mit dem Viertel in Garath, in dem ich aufgewachsen bin.«
»Sozialneid?«
»Ach was. Aber dass Andermatt den Tod der Tochter für seine Politkarriere instrumentalisiert, will mir trotzdem nicht in den Kopf.«
44.
Reuter hatte mit dem MK-Leiter vereinbart, eine kurze Auszeit zu nehmen, um erneut in der Gerresheimer Klinik nach seinem Bruder sehen. Außerdem brauchte er eine Dusche. Sein Partner Wegmann übernahm es, unterdessen das Personal in Sam’s Lounge zu befragen, um Marius Karges Aussage zu überprüfen.
Reuter eilte nach Hause, mit jedem Schritt nahm das Flattern in seinem Bauch zu.
Sie war nicht abgeneigt.
Katja und Abraham: Zumindest für den Journalisten war es nur ein flüchtiges Abenteuer gewesen.
Reuter rannte die Treppe hoch.
Seine Freundin war nicht da.
Er sah rasch nach dem Aquarium. Ein Clownfisch schwamm ihm bis an die Glaswand entgegen – der kleine Kerl hatte keine Ahnung, was hier draußen vor sich ging.
Reuter duschte und vertilgte einen Apfel. Sein Blick fiel auf seinen privaten Computer und
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