Königsallee
lässt, will er am liebsten lebenslänglich aufbrummen. Ihn wollte ich treffen, nicht Henrike. Immer der Aufklärung verpflichtet, verstehen Sie?«
Selbst ein Heuchler, dachte Scholz.
Marietta hakte nach: »Sie wollten Ihre Exfreundin bloßstellen, um ihrem Vater zu schaden?«
»Er ist doch schuld daran, dass Henni ihr Leben so vermurkst hat. Klar hat auch die Mutter ihren Anteil, diese bigotte Charity-Tante. Als Henni noch ein kleines Kind war, hat die Mutter mal eine Woche lang kein einziges Wort mit ihr geredet, nur wegen eines Tellers, der zu Bruch gegangen war. Stellen Sie sich das mal vor! Aber der Teufel ist der Vater.«
»Was werfen Sie ihm vor?«
»Das können Sie sich doch an fünf Fingern abzählen.«
Marietta warf Scholz einen Blick zu. Er zuckte mit den Schultern. Marietta fragte: »Geht das vielleicht etwas präziser?«
»Jeder weiß doch, woran es liegt, wenn eine junge Frau mit einem Borderlinesyndrom rumläuft. Fast immer steckt Missbrauch in der Kindheit dahinter, oder nicht? Andermatt hat sie dazu gebracht, dass sie sich selbst gehasst hat. Einmal hat Henni vor meinen Augen eine Zigarette auf ihrem Arm ausgedrückt!«
»Hat Henrike jemals einen Missbrauch erwähnt?«
»Es ist doch Tatsache, dass Missbrauchsopfer ihre Traumata oft völlig verdrängen.«
»Was hat Henrike über ihr Verhältnis zu ihrem Vater erzählt?«
Sven Mielke kam immer mehr in Fahrt. »Ach, auf ihren Sugardaddy ließ sie nichts kommen. So weit hat er sie gebracht. Und egal, was sie tat, er verzieh ihr. Schlechtes Gewissen, wenn Sie mich fragen.«
»Aber vor Kurzem hat es Streit gegeben. Ihr Artikel war der Auslöser. Was Andermatt dadurch über seine Tochter erfahren hat, konnte er Henrike offenbar nicht verzeihen.«
»Weil es nicht in sein Image von der sauberen Familie passt.«
»Hatten Sie noch Kontakt zu Henrike?«
»Wir telefonierten ab und zu. Endlich wollte sie einen Schlussstrich unter ihre verkorkste Jugend ziehen.«
»Inwiefern?«
»Sie sagte, dass sie nichts mehr mit ihren Eltern zu tun haben wollte. Dass sie sich von Grund auf fremd seien. Sogar ihren Namen lehnte sie ab. Statt Henrike wollte sie Lena heißen.«
»Und weiter?«, fragte Marietta.
»Henni wollte nach München mitkommen. Aber für mich war das Kapitel endgültig abgeschlossen.«
»Wann war das?«
»Letzte Woche. Gestern Mittag rief sie mich noch einmal an. Sie wollte sich mit mir treffen, aber mir passte das gar nicht. Ich war beim Packen, außerdem wartete ich auf den Typen, der mir die alte Küche abkaufen wollte. Mein Gott, wenn ich gewusst hätte, dass es unser letztes Telefonat ist …«
Marietta fragte: »Kennen Sie einen Marius Karge?«
»Und ob. Das ist der Typ, der Henni fast in den Selbstmord getrieben hat. Ihre Mutter hat ihn umgarnt, weil er stinkreiche Eltern hat. Aber Henni war nur mit Marius zusammen, weil er ihr Koks besorgte. Als sie mit mir ging, versuchte er weiter, sich wichtig zu machen. Aber Henni hatte da schon ihre neuen Quellen. Wenn Sie mich fragen, sollten Sie Marius’ Alibi überprüfen.«
»Ist Karge jemals gewalttätig gegenüber Henrike geworden?«
»Glaub ich nicht. Eigentlich ist er ein Weichling. Andererseits: Manchmal sind das die Schlimmsten, nicht wahr?«
Es klopfte an der offenen Tür, zwei weitere Jungs in Mielkes Alter machten auf sich aufmerksam. »Hi«, sagte der eine, ein blonder Brillenträger, dessen Jeans voller Farbkleckse war. »Emma wollte nicht mitkommen. Angeblich Rückenschmerzen.«
»Das sind Ole und Kai«, erklärte Sven. »Die beiden können ebenfalls bezeugen, dass ich gestern Abend zu Hause war.«
Der Brillenträger moserte: »Mir brummt noch der Schädel von deinem Billigbier, Alter.«
»Alles, was nebenan steht, muss nach unten«, erwiderte der verhinderte Blitz -Volontär.
Die beiden verzogen sich.
»Noch Fragen?«
»Kennen Sie Robert Marthau und Sascha Maisel?«
»Die Namen sagen mir nichts.«
»Türsteher im Pleasure Dome. «
»Hennis Lieblingsdisko, ich weiß. Dort gabelte sie gern ihre Typen auf. Einmal verschwand sie plötzlich von der Tanzfläche. Als ich zur Toilette musste, kam sie mit einem Kerl aus der Kabine und grinste nur. Ein anderer Typ stellte ihr nach und drohte mir sogar Prügel an. Da war für mich das Fass voll. Sie stand plötzlich auf Kerle wie diese Türsteher. Die mit aufgepumpten Muskeln umherlaufen, um vom Hohlraum da drinnen abzulenken.« Sven Mielke tippte gegen seine Stirn.
Marietta zeigte ihm Marthaus Foto.
»Ja, das ist einer
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