Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königsallee

Königsallee

Titel: Königsallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
können.
    Wie hatten die hässlichen Geschichten in Hamburg gelautet? Es gab Nutten, die ihre Kunden betäubten und ausraubten. Und Vergewaltiger, die ihre Opfer mit Drogen gefügig machten.
    Simone untersuchte sich und ihren Rock. Keine Spuren von Sperma. Ihre Beunruhigung blieb.
    Polizei – sie griff zum Telefon. Dann überlegte sie es sich anders. Sie war die engste Mitarbeiterin des Oberbürgermeisters. Ihre Position beruhte auf Vertrauen und Seriosität. Sie würde ruiniert sein, wenn auch nur ein Teil ihrer Traumbilder auf wahrem Geschehen beruhte. Zu schmierig, zu obszön. Nichts davon durfte jemals bekannt werden.
    Simone war ratlos.
    Sie fühlte sich schmutzig und verletzt. Sie war wütend auf das Phantom, das jetzt ihre Unterhose besaß. Auf die Gaffer in ihren schemenhaften Erinnerungen, ob wahr oder nicht. Und sie war sauer auf ihren Chef und die Russen, die der Grund dafür waren, dass sie die halbe Nacht in der Disko verbracht hatte, wo es passiert sein musste.
    Der Bodyguard des Russenclans – war etwa Jewgeni der Typ in ihren Erinnerungsfetzen? Sie war sich nicht sicher. Und es gab niemanden, den sie fragen konnte.
    Verzweiflung und Wut schüttelten sie durch.
    Das Telefon schrillte. Simone meldete sich.
    Dagobert Kroll sagte: »Wo bleiben Sie, Frau Beck? Mein Kommunikationsdirektor sitzt am letzten Schliff für meine morgige Rede und ich traue dem Kerl zu, dass er nichts als Mist verzapft. Sie müssen ihm helfen, sofort. Ich will, dass diese Stadt ein für alle Mal kapiert, was sie an ihrem Oberbürgermeister hat. Und an unseren neuen russischen Freunden, mit denen wir noch viel Spaß haben werden!«
    Simone trocknete ihre Tränen. »Ich glaube, heute brauche ich einen freien Tag.«
    Kroll wurde laut – sie hatte es befürchtet.
    »Wenn es Ihnen um mehr Freizeit geht, kann ich dafür sorgen, dass der Rest Ihres Lebens nur noch aus freien Tagen besteht. Wollen Sie das?«
    »Nein.«
    »Dann schaffen Sie Ihren Hintern ins Rathaus und tun Sie, was ich sage!«

49.
    Reuter klingelte und Marion Koch öffnete keine drei Sekunden später, als hätte sie im Flur gewartet.
    »Ich bin dir so dankbar, Jan. Komm rein.«
    Mit dem Handrücken wischte sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dunkle Ränder unter den Fingernägeln und Flecken auf der Jeans. Sie bemerkte Reuters Blick. »Hab gerade versucht, den Garten ein wenig auf Vordermann zu bringen.«
    Aus der Küche holte sie ein Tablett, auf dem frisch gebrühter Kaffee und Tassen standen. Reuter folgte ihr auf die Terrasse.
    Von Weitem war das Surren der Autobahn zu hören, sonst war es ruhig. In den Büschen hüpften Meisen und Stieglitze. Zwei Rosenstöcke im Plastiktopf warteten darauf, zwischen Hortensien und Rhododendren gepflanzt zu werden.
    Michael und Marion lebten in Schiefbahn, einem Ort zwischen Neuss und Mönchengladbach. Eine halbe Stunde Fahrt von der Festung bis hierher, zumindest am Sonntag – Michael stöhnte oft über Baustellen, an denen sich wochentags der Berufsverkehr staute.
    »Seit wann ist er weg?«
    »Seit gestern, gegen halb sieben. Ich hörte ihn telefonieren, dann ein Rumoren im Schlafzimmer. Ich rief nach ihm, doch er antwortete nicht. Kurz darauf fiel die Haustür ins Schloss und sein Auto fuhr weg. Ohne ein Wort ist er abgehauen. Im Fernseher lief noch die Sportschau. Er hat nicht einmal den Kasten ausgeschaltet.«
    Die widerspenstige Strähne glitt wieder ins Gesicht. Marion klemmte sie hinter das Ohr.
    »Das Telefonat war ich«, erklärte Reuter. »Es ging um den Fall, den Michael gerade bearbeitet.«
    »Wohin könnte Michael gefahren sein?«, fragte Marion.
    »Du hast keine Idee?«
    »Nein.«
    »Kannst du den Mann beschreiben, der nach Michael gefragt hat?«
    »Ein Kerl wie ein Panzer, aber er war sehr höflich und fragte, ob ich wüsste, wann Michael zurückkäme. Ich sagte, er solle es morgen versuchen, im Düsseldorfer Polizeipräsidium oder nach Feierabend hier.«
    »Und du bist dir sicher, dass der Mann mit osteuropäischem Akzent sprach?«
    »Ja.«
    »Wie groß, wie alt, Haarfarbe?«
    »Dunkel, kurz geschnitten, so groß wie du, würde ich sagen, etwa vierzig. Und vorhin rief noch ein Mann an und fragte ebenfalls nach Michael. Er nannte sich Edgar.«
    »Edgar? Bist du dir sicher?«
    »Kennst du ihn?«
    »Das könnte mein Bruder sein.«
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Keine Ahnung. Mein Bruder ist Anwalt und wurde gestern Vormittag niedergeschlagen. Vielleicht hängt Michaels Verschwinden damit zusammen.«
    Es

Weitere Kostenlose Bücher