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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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ihm schwer, die Nachrichten, die man ihm vermittelt hatte, zu verkraften. Tagelang starrte er blicklos gegen die Wand. Frau Doktor Braun, die blonde Ärztin, kümmerte sich rührend um ihn, ließ ihm die beste Pflege zuteil werden und besuchte ihn fast jeden Tag.
    Nach einem Monat war er endlich so weit wieder hergestellt, dass er die Klinik verlassen konnte. Nun wusste er, dass kaum Aussicht bestand, seine geliebte Magdalena je wiederzusehen, und diese Tatsache lag wie ein schweres Bleigewicht auf seiner Brust. Eine leise Hoffnung hielt ihn noch aufrecht: Vielleicht war sie gar nicht tot – hatte sich irgendwo versteckt, um einer Verhaftung zu entgehen? Es war alles sehr seltsam. Er war jedoch felsenfest davon überzeugt, dass, wenn sie noch lebte, sie ihm ein
    iZeichen gesandt und ihn nicht der Verzweiflung einer vagen Ungewissheit ausgesetzt hätte. So oder so blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit dem Unabänderlichen abzufinden und trotz der Traurigkeit seines Herzens zu versuchen, sein Leben weiterzuführen, so gut er es eben vermochte.
    Als er sich bei der Ärztin für die gute Pflege bedankte, kam ihm in einer spontanen Anwandlung die Frage über die Lippen, ob sie nicht einmal miteinander essen gehen könnten. Sie hatte freudig zugestimmt, und so saßen sie eines Abends in der Schloss Wirtschaft »Blutgericht« und erzählten sich gegenseitig aus ihrem Leben. Doktor Gabriele Braun hatte ihren Mann gleich im ersten Kriegsjahr verloren und stand ganz alleine da. Mit Hingabe widmete sie sich ihrem Beruf – aber es fehlte eben der Mensch in ihrem Leben, mit dem sie sich austauschen konnte. Ganz vorsichtig näherten sie sich einander an, denn sie hatten beide Schweres erlebt und den Verlust des geliebten Menschen noch nicht überwunden.
    Nach seinem Krankenhausaufenthalt wurde Paul manchmal das unangenehme Gefühl nicht los, es stehe ein Schatten hinter ihm, jemand, der ihm auf Schritt und Tritt folgte und ihn beobachtete. Er konnte es nicht beweisen, und es gelang ihm nicht, die betreffende Person zu erwischen und zur Rede zu stellen. Bisher hatte er es übrigens vermieden, in die Nähe des Stadtteils Amalienau in die Kurstraße zu kommen, um nicht an die Vergangenheit erinnert zu werden. Doch eines Tages zog es ihn plötzlich mit unwiderstehlicher Macht dorthin. Die mutmaßlich Verschütteten waren immer noch nicht geborgen, und wieder kam ihm der Gedanke, Magdalena könne niemals unter diesem Trümmerberg liegen. Nachdenklich stand er vor dem Loch im Boden, wo einst die weiße Villa der von Waldens mit ihrem wunderschönen Park gestanden hatte, und schauderte. Noch war es nicht gelungen, den gesamten Schutt und die eingestürzten Mauern fortzuräumen, um alles freizulegen. Schnell wandte er sichab. Auch wenn Magdalena noch lebte, so schien sie doch nichts mehr von ihm wissen zu wollen. Für ihn war sie tot – er musste sich endlich damit abfinden!
    Wochen verflossen, und er entnahm den Kriegsberichten, dass es immer noch nicht gelungen war, Leningrad zu erobern, weil der brutale russische Winter mit aller Kraft zugeschlagen hatte, die Ausrüstung der Soldaten Mängel aufwies und Wind, Schnee und Kälte den Soldaten zu schaffen machten. Die schlimmeren Nachrichten kamen jedoch aus Stalingrad – die gesamte 6. Armee war von den Russen mit einer Zangenbewegung eingeschlossen worden. Es gab keine Hilfe, aber Hitler, vom Leiden der Soldaten unberührt, befahl mit eiserner Härte, durchzuhalten und Widerstand bis zur letzten Patrone zu leisten.
    Wenn Paul bisher noch nie Zweifel am Erfolg dieser Kriegsführung, an den Entscheidungen des Führerhauptquartiers gehabt hatte, so war es diesmal anders. Sollten in Stalingrad die Männer als Helden geopfert werden? War das gerechtfertigt, wenn eine Lage so aussichtslos schien wie diese? Es war, als zöge sich ein unsichtbarer, eiserner Reifen immer enger um Deutschland zusammen. Seit dem Herbst, in dem sich die Alliierten zu erbittertem Widerstand gegen Hitler zusammengeschlossen hatten, heulten nun die Sirenen Tag und Nacht, wurden regelmäßig Einsätze geflogen, und jeder Tag brachte neue Vernichtungswellen unschuldiger Menschenleben, ausgebrannte Trümmer und rauchende Häuserruinen. Die Bombardierungen auf alle Städte Deutschlands nahmen zu, und auch Königsberg geriet immer mehr ins Visier des Feindes. Die Luftangriffe auf die Stadt, die sich bisher mit Ausnahmen meist auf Fabrikanlagen beschränkt hatten, nahmen zu und dehnten sich auf den Stadtkern

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