Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
Eleonore Lindental,und vor meiner Pensionierung war ich Lehrerin für Englisch und Geschichte.«
»Angenehm. Ich freue mich sehr, eine so nette Bekanntschaft gemacht zu haben!« Magdalena kamen diese Worte aus dem Grunde ihres Herzens. »Sie sind so gut!«
Die Frau mit den freundlichen, von Runzeln umgebenen blauen Augen war ihr tatsächlich auf den ersten Blick sympathisch gewesen. Sie schien ihr wie eine gute Samariterin, vom Himmel gesandt. Nun kannte sie in der fremden Stadt schon jemanden, brauchte nicht nach einer Unterkunft suchen und keine Angst zu haben, auf der Straße übernachten zu müssen.
Die nächste Stunde verlief unter angenehmem Geplauder, bei dem Frau Lindental ihr aus ihrem Leben erzählte und Magdalena anbot, sich gegen ihren Sitz zu lehnen. Dabei überfiel sie eine bleierne Müdigkeit, gemischt mit Erleichterung, und sie konnte kaum die Augen offen halten. Mitten im Gespräch fielen ihr die Lider zu, und das stete Rütteln des Zuges wiegte sie in einen Schlaf der Erschöpfung.
Wenn sie allerdings auch nur die geringste Vorahnung gehabt hätte, was in Berlin auf sie zukommen würde, wäre sie beim nächsten Halt des Zuges sofort wieder ausgestiegen und auf der Stelle nach Teplitz zurückgekehrt.
Über sich sah Paul das besorgte Gesicht unter der Haube einer Diakonin. »Wo bin ich?«, fragte er benommen und tastete mit den Händen über die Decke, in die man ihn gehüllt hatte. »Im Krankenhaus am Hinterrossgarten. Sie sind aufgestanden«, antwortete die Schwester, »und das ist Ihnen gar nicht gut bekommen.«
Paul seufzte. »Ich wollte nur telefonieren – aber es hat nicht geklappt. Bitte versuchen Sie es doch noch einmal für mich, ich werde Ihnen die Nummer ansagen. Es ist hier in Königsberg und der Name ist von Walden.«
»Von Walden?«, wiederholte die Schwester nachdenklich. War das nicht die Familie, die die schöne Renaissance-Villa in der Amalienau besaß? Die bei dem großen Bombenangriff zerstört worden war, wie man in der Zeitung hatte lesen können? So etwas durfte sie ihrem Patienten jetzt aber auf keinen Fall erzählen, das würde ihn nur unnötig beunruhigen. Außerdem wusste sie ja nicht, ob es diesen Namen vielleicht öfter gab.
»Später. Sie müssen sich jetzt unbedingt ausruhen«, beschied sie dem Kranken und zog die Bettdecke über seine Schultern, »damit Sie recht bald wieder zu Kräften kommen. Ich kümmere mich darum. Soll ich … bei dem Anruf etwas ausrichten?«
»Ja!« Pauls Miene belebte sich, und leichte Röte trat auf seine eingefallenen Wangen. »Sagen Sie nur, dass ich mich im hiesigen Hospital befinde!« Er legte beruhigt den Kopf zurück. Egal, was geschehen war: Wenn Magdalena erfuhr, dass er im Königsberger Krankenhaus war, würde sie sich entweder selbst melden oder jemanden schicken. Vorausgesetzt, sie liebte ihn überhaupt noch. Die Ungewissheit, in der er sich jetzt schon seit längerer Zeit befand, war schlimmer als alles andere zuvor!
»Übrigens … Ihre Schwester Christine war am Vormittag hier. Sie wollte sie unbedingt sehen. Aber Sie haben so tief geschlafen, dass wir Sie nicht wecken wollten. Sie sagte aber, dass sie sobald wie möglich wiederkäme.«
Paul lächelte, und als Christine ihn am nächsten Tag besuchte, wagte auch sie nicht, von dem schrecklichen Unglück, das die von Waldens getroffen hatte, zu sprechen und wich nur vorsichtig aus. Trotz ihrer vergangenen häufigen Anfragen im Hause Walden war nichts über das junge Mädchen zu erfahren gewesen. Es hatte auch niemand auf ihre Briefe reagiert. Nur einmal war ein Schreiben der Großmutter eingetroffen, in dem sie sie bat, ihre Bemühungen einzustellen, da Magdalena zu Verwandten gezogen sei. Sie vermutete dahinter einen anderen Mann, doch wollte sie Paul in seinem schlechten Gesundheitszustand nicht mit einerso traurigen Wahrheit konfrontieren. Später, wenn er wieder ganz gesund war, würde er es vielleicht besser verkraften können.
Paul wunderte sich, dass nach Auskunft der Krankenschwester alle künftigen Telefonanrufe unbeantwortet blieben und die Leitung stillgelegt schien. Selbst als er so weit wieder hergestellt war, um selbst einen Anruf zu tätigen, blieb sein Versuch ergebnislos. Er konnte jetzt kaum den Tag seiner Entlassung erwarten, um sich selbst in die Amalienau zu begeben.
Eines Tages klopfte es an die Tür seines Krankenzimmers. Ein ihm unbekannter Besucher trat ein, hager, von blasser Gesichtsfarbe und pickelig unreinem Teint. Er sah ihn hinter
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