Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
Einladendes hatte und den neuen Soldaten schon beim Installieren einen Vorgeschmack davon gab, was später noch mit voller Wucht auf sie zukommen würde.
Am Abend versammelten sich alle in der Kommandozentrale zu einer Lagebesprechung, die der Feldmarschall selbst leitete.
Es schien klar zu sein, dass die Armee sich auf keinen Fall in einen Kampf im Stadtgebiet einlassen durfte. Auf jeden Fall musste die feindliche Front im Süden mit starker Artillerie durchbrochen und dann überraschend die Newa überschritten werden. Es war jetzt nötig, alle zu Kräfte sammeln, um die Sache zu beschleunigen. Durch die ständige Bombardierung durch anfliegende Stukkas, die den Hafen blockierten, dem Andrängen gut ausgerüsteter deutscher Truppen mit stabilen Panzern, würde die Lage für die Leningrader bald so kritisch werden, dass die Kapitulation der Stadt nur noch Tage dauern konnte. Trotz herrschender Hungersnot hatten sich die Bewohner der Stadt bisher geweigert, sich zu ergeben. Sie schienen noch auf ein Wunder zu warten. Und dieses geschah, für alle unvorhersehbar, pünktlich und schleichend mit dem Wetterwechsel zu den üblichen Herbstregen, die jedes Jahr die harte Zeit des Winters einleiteten. Die Deutschen achteten nicht auf dieses Signal. Umtriebige Geschäftigkeit herrschte bei der Einteilung, dem Installieren von Mensch und Gerät, verbunden mit der allgemeinen Erkundung der Lage und des Geländes. Durch die neue Situation und erschöpfende körperliche Arbeit wurde auch Paul ein wenig von seinen düsteren Gedanken und Sorgen um Magdalena abgelenkt. Das Wiedersehen mit den alten Kameraden, der fest zusammengeschweißten Truppe der 11. Armee General von Mansteins, mit denen er an der Krim sozusagen durch Feuer und Eis gegangen war, trug dazu bei, ihn in eine bessere Stimmung zu versetzen.
Es war ein Hallo auf beiden Seiten, als er den guten Hans Bauer wohlbehalten wiedertraf! Sein Bein war jetzt völlig ausgeheilt, er umarmte seinen Lebensretter und hörte gar nicht auf, ihm vor lauter Dankbarkeit auf die Schultern zu klopfen. Nun waren sie wieder zusammen – und wollten es auch gerne bleiben. Die beiden Männer wurden gemeinsam mit einem Neuen namens Willi Demel als Kradmelder eingeteilt. Wenn sie allerdings gewusst hätten, was bei der Wetterlage und der kritischen, strategischen Position bei Leningrad auf sie zukommen würde, wäre ihnen vielleicht ein anderer Posten lieber gewesen. In diesem Moment sahen sie jedoch nur die Vorteile, die größere Freiheit und das eigene, abgesonderte Quartier, das sie zu dritt bewohnen sollten.
Das Wiedersehen wurde erst mal ausgiebig gefeiert und begossen. Willi, dem Neuen, war es gelungen, eine Flasche Wodka zu organisieren, dem die drei am Abend unter einer Zeltplane gründlich zusprachen. Ein köstlicher Duft durchzog die Regenluft.
Sascha hatte für alle Maiskolben am Feuer geröstet, Kartoffeln mit Zwiebeln und viel Knoblauch gebraten, geräucherten Speck aufgeschnitten und eine Dose Sardinen geöffnet. Er hielt sich abseits, hatte seine kulinarischen Schätze auf einem Baumstumpf ausgebreitet und sah nun, seinen Teil genussvoll verzehrend, mit glänzenden Augen zu, wie gut es den Deutschen mundete.
»Wo hast du den eigentlich aufgelesen?« Ein wenig misstrauisch deutete Willi mit dem Kinn zu dem jungen Burschen hinüber. »Der sieht aus wie ein Russe!«
»Sascha ist deutscher Abstammung!«, gab Paul kurz zurück und wischte sich das Öl der knusprigen Bratkartoffeln vom Kinn.
»Pah, wer’s glaubt.« Willi grinste anzüglich. »Hat er das behauptet?«
Paul sah zu Sascha hinüber, der den Kopf mit den dichten schwarzen Locken gesenkt hielt, weil er merkte, dass man über ihn sprach.
»Seine Eltern sind vor zweihundert Jahren nach Russland ausgewandert, als Katharina die Große deutschen Einwanderern anbot, sich auf ihrem Land anzusiedeln«, antwortete er lakonisch.
»Ach so ist das!« Willi biss in einen saftigen Maiskolben. Mit vollem Mund fragte er: »Und wieso bleibt er dann nicht auf seiner Scholle?«
»Seine Eltern sind tot.« Paul nahm einen kräftigen Schluck aus der Wodkaflasche. »Man hat ihn gezwungen, bei der Partisanenbewegung gegen die Deutschen mitzumachen, um zu beweisen, dass er jetzt zu den Bolschewiken gehört. Sein Großvater war dagegen – da hat man ihn brutal niedergeschlagen. Er ist an seinen Verletzungen gestorben. Sascha hat die erstbeste Gelegenheit genutzt, um aus dem Dorf zu fliehen …«
»Schönes Märchen! «, spottete
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