Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
nicht.
Nach dieser Nachricht warf sich Paul auf seine Pritsche, vergrub das Gesicht in den Händen und war für längere Zeit nicht ansprechbar. Die beiden anderen betrachteten ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Verwunderung.
»Was willste machen?«, flüsterte Willi hinter der Hand zu Hans hinüber. »Wahrscheinlich hat sie sich mit einem anderen aus dem Staub gemacht! Er will es bloß nicht begreifen!«
Hans zog die Stirn in Falten. »Ach Quatsch, der hätte es wirklich nicht nötig, einer Frau nachzutrauern! Dem laufen die Weiber doch nach!«, gab er zurück. »Ich könnte dir da Geschichtenerzählen!« Er grinste anzüglich und senkte die Stimme. »Da war mal was mit einer Russin – einer Krankenschwester. Das heißt, sie war eigentlich gar keine. Aber bis ins Lazarett hat sie ihn verfolgt! Und dann hab ich sie bei einem Partisanenüberfall wiedergesehen – in der Uniform eines deutschen Feldgendarmen! Sie hat mich mit bloßer Hand niedergeschlagen. Schätze mal, dass sie vom russischen Geheimdienst war!«
»Seine Geliebte – eine echte Spionin?« Willi stieß ihn mit dem Ellenbogen an und lachte unterdrückt auf. »Und du hast dich von ihr, einer Frau, niederschlagen lassen?«
»Eine Bestie war das!«
Als Paul irritiert herübersah, setzte Hans eine gleichgültige Miene auf. »Sei leise!«, flüsterte er. »Jetzt will er natürlich nichts mehr von der ganzen Sache wissen. Aber ich bin sicher, dass da was lief.« Er gähnte laut. »Ich hau mich lieber gleich hin – muss schon vor Tagesanbruch los!« Er begann, sich ächzend die Stiefel auszuziehen. »Das wird morgen kein Kinderspiel!«
»Wenn du willst, kann ich die Tour für dich übernehmen«, sagte Paul plötzlich hochsehend.
»Was?« Willi sah ihn verblüfft an, doch dann überzog ein Grinsen sein Gesicht. »Von mir aus gern. Wenn dir das Spaß macht, zweimal hintereinander durch die matschige Pampe zu düsen und dich vor den Kugeln zu ducken, die dir um die Ohren fliegen … « Er schob die Plane beiseite und sah mit verfinstertem Gesicht in den wieder verstärkt herabrauschenden Regen hinaus. »So eine Sauerei!«, schimpfte er vor sich hin. »Unmöglich, da überhaupt durchzukommen!«
Das war nicht übertrieben, denn bei diesem Wetter war das Überbringen von Nachrichten für die Kradmelder anstrengend und zehnmal so risikoreich. War schon das Fahren auf dem lehmig aufgeweichten Boden der Krim ein Geschicklichkeitsspiel gewesen, so wurde es hier in Leningrad zu einer wahren Tortur!
Er dachte an die wackligen Knüppeldämme, auf denen man zwar einigermaßen vorwärtskam, aber wenn man nur ein bisschen Tempo zugab, rutschte einem die Maschine auf der glitschigen Oberfläche immer wieder vorne oder hinten weg, und man musste aufpassen, dass man nicht in hohem Bogen im Graben landete. Ging die Fahrt über einen Feldweg oder uneinsichtiges Gelände, drehten die Räder im Regen ständig durch und waren nach kurzer Zeit so von zähem Schlamm überkrustet, dass man ihn kaum mehr abkratzen konnte. Ganz zu schweigen davon, dass der Beschuss des Feindes jede Fahrt zu einem Tanz auf einem Seil machte, das jeden Augenblick reißen konnte.
Als Paul aufstehen wollte, um seine Sachen bereitzulegen, schwankte er ein wenig.
»Geht’s dir nicht gut?«, fragte Willi und sah ihn an. »Du siehst ziemlich käsig aus.«
Paul winkte ab. »Nichts Besonderes. Ich kann fahren.«
Willi legte den Kopf schräg und musterte ihn genauer. »Nee, nee, lass man! Das mach ich schon selber morgen! Ich brauch Bewegung. Sonst krieg ich hier noch n’ Koller vom Rumsitzen im Regen!«
Paul legte sich wieder auf seine Pritsche und starrte mit offenen Augen gegen die Decke aus Birkenstämmen. Koller! Ja, das war das richtige Wort! Vielleicht war es das, was ihm auf der Brust saß. Wenn er nur irgendwie aus diesem Dreckloch hier wegkäme! Er kämpfte gegen den Wunsch an, aufzuspringen und fortzulaufen, egal, was geschah! Es musste doch eine Möglichkeit geben, einen Urlaubsschein zu bekommen … nur so lange, bis er in Erfahrung gebracht hatte, was mit Magdalena passiert war! Vielleicht hatte die Gestapo sie inzwischen schon eingesperrt, verschleppt, in eines der gefürchteten Konzentrationslager, in denen sie nun namenlos dahinsiechte! Sollte er vielleicht einmal mit dem Feldmarschall sprechen? Von Manstein hatte immer ein offenes Ohr für menschliche Probleme und für jeden einenguten Rat. Er beschloss, es gleich am nächsten Morgen zu versuchen.
Seufzend schloss er
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