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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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Kleidern. Sie war jedoch heilfroh, überhaupt einen Platz in dem überfüllten Zug nach Berlin ergattert zu haben. Viele mussten stehen.
    »Kontrolle! Die Fahrkarten bitte!« Der Schaffner, gefolgt von einem Uniformierten, zwängte sich durch die Reisenden, stieg über im Weg stehende Koffer und Pakete und ließ sich verschiedentlich auch die Ausweise zeigen. Magdalena klopfte das Herz bis zum Halse. Wie, wenn man schon nach ihr fahndete? Sie hier verhaftete? Sollte sie sagen, sie hätte ihren Ausweis vergessen? In ihrer feuchten, zitternden Hand hielt sie den halb zerknitterten Fahrschein.
    »Und Ihren Ausweis bitte!«, der Schaffner stand vor ihr und sah sie, wie ihr schien, forschend an.
    »Ich … ich …«, stotterte sie, als ein dumpfes Poltern und ein darauf folgender durchdringender Schrei seine Aufmerksamkeit ablenkte. Ein schwerer Koffer war in einer langen Kurve aus dem Gepäcknetz gefallen und hatte eine ältere Frau, die im Gang stand, zu Boden gerissen. Der Schaffner wandte sich um, sah nach dem Rechten und half der Frau auf, die glücklicherweise unverletzt geblieben war. Als er zurückkehrte, fand er zu seinemErstaunen den Platz des jungen Mädchens leer. Er überlegte kurz, blätterte in den Namenslisten, die er bei sich führte, und diskutierte mit einem Mann in Uniform, der sich sogleich auf die Suche nach der Verschwundenen begab.
    Ein dumpfes Pochen an der verriegelten Toilettentür, hinter der Magdalena sich ängstlich verborgen hielt, ertönte.
    »Offnen, Ausweiskontrolle!«, erklang die gedämpfte Stimme des Ordnungshelfers. Magdalena hielt den Atem an. Was sollte sie tun? Wenn sie nicht aufmachte, würde man die Tür mit Gewalt öffnen. Dabei war es fast unmöglich gewesen, sich bei der langen Schlange vor der überbelegten, einzigen Toilette überhaupt vorzudrängen. In einem spontanen Einfall hatte sie dem jungen Mann, der als Nächster an der Tür stand, eines der von Louise eingepackten Leberwurstbrote angeboten. Er war hungrig gewesen und hatte sie unter Protest der übrigen Wartenden vorgelassen. Doch es hatte nichts genutzt – es klopfte weiter energisch gegen die Tür.
    »Aufmachen, sonst hole ich die Polizei!«, rief die Männerstimme erneut. Magdalena duckte sich mäuschenstill, geradezu vor Schreck erstarrt. Was sollte sie tun? Ausgerechnet jetzt, so kurz vor Berlin so eine dumme Kontrolle! Wieder ertönte das dumpfe Klopfen einer Faust, diesmal stärker, und die leichte Tür erbebte. Sie atmete tief ein und schob todesmutig den Riegel beiseite. »Entschuldigung«, flötete sie mit honigsüßer Stimme, »aber ich beeile mich ja schon!« Die Leute vor ihr starrten sie mit neugierigem, aber zugleich furchtsamem Ausdruck an. Magdalena legte ihren ganzen Charme in ihr Lächeln, und das Stirnrunzeln des Soldaten milderte sich sofort. »Ist etwas passiert?«, fragte sie mit dem unschuldigsten Blick der Welt.
    »Kommen Sie bitte mit«, beschied ihr der Soldat kurz, »der Schaffner hat mich gebeten, Ihren Ausweis zu kontrollieren.«
    »Aber gerne!« Voll Herzklopfen und ganz schwach vor Angst folgte sie dem jungen Mann in eine ruhige Ecke und reichte ihmihren Ausweis. Er sah sie lange an, verglich sie mit dem Lichtbild auf dem Papier und gab ihr nach einer Weile, die ihr ewig dünkte, den Schein wieder zurück.
    »Alles in Ordnung!«, sagte er kurz, zwinkerte ihr zu und hob die Hand. »Gute Weiterreise! Heil Hitler!«
    Magdalena zwang sich, in gleicher Weise zurückzugrüßen und kehrte aufatmend auf ihren Platz zurück. Der Schaffner, am Ende des Ganges, lauschte dem Bericht des Soldaten, musterte sie jedoch voller Misstrauen. Sein Gefühl sagte ihm, dass da etwas faul war – aber beweisen konnte er es nicht.
    In Berlin musste Magdalena umsteigen und drängte sich durch die eilende Menge. Der Bahnhof war voller Menschen, Frachtgut und Gepäckstücke verstopften die Durchgänge, und es schien, als sei alles im Aufbruch. Das gleiche Bild zeigte sich in Dresden; zudem hatte der Zug erhebliche Verspätung, weil er zeitweise mitten auf der Strecke mit quietschenden Bremsen anhalten musste. Man öffnete die Fenster, beugte sich heraus, schrie sich gegenseitig Informationen zu, aber niemand wusste genau, was geschehen war. Ein Schaffner war diesmal nirgendwo zu erblicken, und der Zug wurde schließlich wegen Schienenarbeiten auf ein anderes Gleis umgeleitet.
    Magdalena hatte bis Dresden keinen Platz ergattern können, und so musste sie sich wie viele andere auf den schmutzigen Boden

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