Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
Vom Netzwerk:
arbeitete. Gerne ließ er sich zum Probieren der einen oder anderen Süßigkeit bereden und trank den türkischen Mokka dazu, der ihm angeboten wurde Er wäre kaum mehr aus den verschlungenen Komplimenten des Monsieur Petit herauszureißen gewesen, der im Umgarnen seiner Kundschaft wahre Größe bewies, hätte er sich nicht plötzlich wieder mit Macht an sein eigentliches Ziel erinnert. So trat er, um einige kleine Honigkuchen reicher, erneut auf die Straße ins noch reichlich unvertraute Berlin hinaus.
    In seiner wachsenden Not fragte er nun doch einen älteren Mann nach der ihm von Jordan bezeichneten Adresse. Warum hatte er sich nur so vertrödeln müssen? Freundlicherweise führte ihn der rüstige Greis zum gesuchten Haus in die Roßstraße, die nicht mehr weit entfernt war. Langustier dankte rasch mit vielen, ehrlich gemeinten Segenswünschen, doch derartige Uneigennützigkeit war hier beim ehrlichen Teil der Bevölkerung nicht ungewöhnlich.
    Welche Überraschung: Falckenberg hatte im Haus der Witwe Stolzenhagen logiert, die ebenfalls eine äußerst achtbare Grossistin war. Recht eigentlich musste ihre Handlung sogar die vorzüglichste aller hauptstädtischen genannt werden, wie Langustier sogleich bei sich bemerkte, als er ihren Delikatessenladen betrat.
    Da war zunächst das reiche Angebot an frischen Austern und Seefischen: Kabeljau, Schollen, Schellfische, aber auch eingemachter Fischrogen aus Russland und spanische Anschovis. Daneben prangten Fleisch- und Wurstwaren aller Art, etwa Anhaltinische Knackwürste und Braunschweigische Mettwürste, Hamburger Kapaune und eingesalzenes Rindfleisch aus Chorin, desweiteren Butter aus den verschiedensten Regionen: Böhmen, Schlesien oder Holstein, sowie Käse: Texel, Parmesan, Englischer, Limburger, Schweizer.Es fehlten weder Kakao noch Kaffee noch Tee; dieser war in etlichen Sorten vorrätig: Kongo-, Bingo-, Pekoe, Heison- und Grüner, Boy-Tee oder Tee Bouy.
    Langustier bezwang sich angesichts der Fülle und sprach, einer Eingebung des Moments gehorchend, während er eine höfliche Vorneigung seines Leibkegels andeutete, als die Besitzerin des Ladens zu ihm herantrat, eine kräftige, im übrigen alles andere als reizlose Dame im besten Alter, die ihn um einen halben Kopf überragte:
    »Meine größte Verehrung, ma très chère Madame. Wie ich hörte, steht bei Ihnen ein allerkomfortabelstes Logement zur Vakanz, auf das ich, so es noch disponible, recht gerne meine augenblickliche prétention machte.«
    Die so apostrophierte Dame verzog keine Miene. Voller Misstrauen beäugte sie den Unbekannten, der von der freigewordenen Wohnung keinesfalls in der Zeitung gelesen haben konnte. Gerade erst hatte sie bei der Redaktion des ›Intelligenzblattes‹ ihre diesbezügliche Anzeige aufgegeben. Das Vermietungswesen in der Stadt war nicht eben das regste und es war nicht ungewöhnlich, dass eine Wohnung Monate oder gar Jahre auf einen neuen Mieter wartete. Wie hatte dieser seltsame Mann, ein Franzose ohne Zweifel, so rasch von der ›Vakanz‹ in ihrem Mietshaus erfahren?
    »Darf ich fragen, wie Ihr auf die Idee kommt, Monsieur, hier könnte etwas frei werden?«
    Langustier nannte unbeirrt seinen Namen und seine Profession, dabei die adrette, üppige Person unvermindert anstrahlend, und übertrieb ein bisschen, indem er vorgab, Se. Königliche Majestät in höchsteigener Person hätten ihm diesen Wink gegeben.
    Die schöne Witwe erblasste, was sie in den Augen des Besuchers nur noch reizvoller erscheinen ließ. Sie erwiderte auf diese dreiste, indes gut vorgebrachte Lüge hin:
    »Welche Ehre. So werde ich mich schwerlich länger sperren können. Bitte verzeiht meine Reserviertheit, doch man muss vorsichtigsein, in den heutigen unsteten Zeitläuften. Verbrechen und Missgunst lauern überall.«
    Sie räusperte sich und erbot sich nun, Langustier die Falckenbergsche Wohnung zu zeigen, bat ihn aber, ihr die noch verbliebene Unordnung in den Gemächern nicht übel anzurechnen. Sie sei noch nicht dazu gekommen, die Habe des Herrn durchzusehen und zu verräumen. Es liege noch alles in Kraut und Rüben.
    Am Ende dreier langer Stiegen wollte Langustier schon seinen Plan verteufeln und sann auf eine billige Ausrede, denn der Anmarsch zu diesem Appartement glich einer Bergtour. Aber die Treppenexkursion war um so schneller vergessen, je weiter sich die vormals Falckenbergsche Etage erschloss: Das war keine einzelne Stube gewesen, sondern die Wohnung eines kleinen Fürsten! Fünf

Weitere Kostenlose Bücher