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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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Möbel auf die Knie, um unter der herausziehbaren Tischplatte nach einem Handwerkerzeichen zu suchen, und siehe da, es war kaum zu glauben, aber wahr: ›Valentin Escorbiere, Strasbourgh‹ hatte es fabriziert! Schnaufend verharrte Langustier in seinem Kniefall, denn er kannte diesen Mann, er kannte vielleicht gar dieses Möbelstück! Als Kind war er oft geduldeter Zuschauer in Escorbieres Werkstatt gewesen. Stundenlang hatte er dem genialen Tischler und seinen fähigen Gesellen bei ihrer feinen Tätigkeit zugesehen. Das Hobeln, Schleifen, Polieren, Sägen, Einlegen geschah mit einer ungeheuren Gewissenhaftigkeit und Präzision. Einmal hatte ihm der Meister ein Geheimnis gezeigt, das normalerweise niemand zu Gesicht bekommen durfte. Der kleine Honoré hatte heilige Eide schwören müssen, es keinem Sterblichen je zu verraten.
    Spaßeshalber nahm Langustier die unterste Lade heraus und tastetemit der Hand an der Rückwand nach einer knopfartigen Erhebung. Wie stutzte er, als er sie tatsächlich vorfand! Er zog daran, und ein ›Klack‹ ließ sich vernehmen. Nun entfernte er das oberste Schubfach und fand wie erwartet eine kleine, fingerbreite Öffnung an der Rückwand. Er fuhr mit den Fingern hinein und drückte vorsichtig: Noch einmal ›Klack‹, und eine kleine, bislang unsichtbare Schublade sprang im barocken Giebel des Möbels hervor, wo eben noch glänzendes Holz gewesen war. Die Front des kleinen verborgenen Faches imitierte täuschend eine rechteckige Einlegearbeit aus rötlich gefärbter Korkeiche. Innen war es reichlich flach, wie es aussah, und mit rotem Leder ausgekleidet. Bloß ein blaues Seidenband lag darin, was Langustier enttäuschte. Als er das Band herausnehmen wollte, bemerkte er jedoch sofort seinen Irrtum: Es bildete nur den Verschluss einer roten Ledermappe von der Größe des kleinen Holzgevierts. Neugierig zog er sie heraus, und hatte eben noch Zeit für einen kurzen Blick hinein, als er bereits Schritte auf der Treppe hörte. Er steckte sie in eine Innentasche seiner Jacke.
    In fieberhafter Eile drückte er die kleine Lade wieder hinein, bis sie einrastete, schob das oberste Fach wieder in Position, doch es wollte ihm partout nicht einfallen, wie die kleine auslösende Schublade zuunterst wieder zum Verschwinden gebracht werden konnte ... So stand die Bodenlade des Sekretärs ein klein wenig offen, es war nicht zu ändern. Schnell trat er zum Fenster und nahm noch einen Schluck.
    Als ihm das letzte Tröpfchen Burgunder die Kehle hinunterlief, betrat die schöne Witwe mit höchst bestechendem Hüftschwunge wieder die Zimmerflucht. Langustier ließ die Rotweinflasche verschwinden und schob sich den Rest Honigkuchen in den Mund, damit sein Atem etwas weniger hochprozentig daherkäme. Doch die Hinzugetretene argwöhnte nichts. Sie trug eine dickwandige Bouteille in einem Korb, die sie nun umstandslos herausnahm und geräuschvoll entkorkte. Schäumender weißer Champagner ergosssich in zwei hohe Gläser. Freudig stieß sie mit Langustier auf ihre künftige Hausgenossenschaft an. Langustiers Blut, das von der zurückliegenden Strapaze, dem roten Wein und nicht zuletzt dem zauberhaften Anblick der Dame bereits perlte, deren weißes Décolleté in gefährliche Tiefen blicken ließ, begann heftig zu moussieren. Gerade als er die dralle, sinnliche Erscheinung mit beiden Armen umfassen und an sich heranziehen wollte, rettete eine Platte mit kaltem Braten und Schwarzbrot die Situation, die von einem Gehilfen der Stolzenhagenschen Handlung hereingetragen wurde. Das Essen besänftigte den stürmischen Mieter und hielt ihn von überstürzten Vertraulichkeiten zurück. In einer der Innentaschen seines Justaucorps spürte er das Mäppchen mit seinem papiernen Inhalt. Liebesbriefe vermutlich.
    Über das Belassen des Inventars und eine deutliche Minderung der Miete wurde man sich leichter einig, als Langustier gedacht hatte. Sie würde, überlegte die Grossistin, an diesem kochenden Gourmet dennoch genug verdienen und sah ihn schon vor sich, wie er ihr gegen klingende Münze den halben Laden ausräumte. Ihre anfängliche Zurückhaltung und Furcht vor dem Hofbediensteten schien gegenstandslos. Dieser Mann war nur in einer Hinsicht gefährlich. Doch über etwaige Gegenseitigkeiten mochte sie jetzt nicht weiter nachdenken, denn ihr Herz klopfte, vom Champagner angetrieben, zu stark.
    Bevor er sich verabschiedete, wieder standfester auf den Beinen, fragte Langustier noch nach dem Verbleib der Dienerschaft seines

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