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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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Krätze und heilten sie so, denn der Körper wendet alle Kraft gegen die niedere Krankheit und vergisst die höhere Seelentrübung –, doch leider …«.
    Eller goss Langustier nach, der seiner Armbewegung mit glasigen Augen folgte, sich jedoch ganz auf das Zuhören konzentrierte, Wort für Wort wie Tropfen eines starken Destillats in sich aufnahm und keinerlei Kraft mehr für eine Widerrede hatte.
    »… leider ist uns Andersohn entsprungen. Gerade am Tage nach dem Mord. Er sah unglücklicherweise, wie die Leiche seines Herren über den Hof gefahren wurde. Das hat ihm den Rest gegeben. Unweigerlich musste er dies für die letzte Attacke halten, die der König und Schlütern gegen ihn ritten. Ich wünschte, wir hätten ihn schon wieder. Weiß der Himmel, was er gerade anstellt.«
    »Mon dieu!«, entfuhr es Langustier, der immerhin noch Kraft genug besaß, den letzten Nordhäuser hinunterzukippen. »Docteur, ich danke Ihnen. Ich weiß zwar noch nicht, wie das alles zusammenpasst, aber es wirft ein kurieuses Licht.«
    Langustier stierte auf das Skelett und spürte wie der Alkohol inseinem Inneren zu einem höllischen Gemisch zusammenlief. Unerwartet schwer fiel ihm das Aufstehen, ja selbst das Aufblicken. Hatte ihm der Doktor Gift in den Schnaps gekippt? Doch der führte ihn behutsam die Treppe hinab zur Tür und empfahl sich.
    Langustier erspähte unscharf die wartende Kutsche. Die Pferde und ihr Lenker hatten eine unendliche Geduld bewiesen, die nun sogleich durch ein Goldstück überreich belohnt wurde. Langustier fühlte, wie seine Beine immer mehr englischen Plumpuddings glichen. Er fand nur eine schwache Erinnerung an die bevorstehende Zusammenkunft der freiheitsliebenden oder fruchtbringenden ›Gesellschaft von den drei Kugeln‹ oder wie immer sie hieß. Jordan hatte ihn dazu eingeladen. ›Jordan‹?
    »Zum Jordan!«, befahl er im Überschwang. Doch der Kutscher kannte keine Kneipe dieses Namens. Verdammt, wie hieß die Wirtschaft bloß? ›Über den Jordan‹?
    Der gute Kutscher schob ihn förmlich in den Wagen, denn dem wohlgenährten Herrn hatte sich alles zu drehen begonnen. Er machte einen letzten Versuch:
    ›Zu den drei Kugeln!‹
    Der Kutscher dachte so angestrengt nach, dass seine schwarzen Brauen zu einem dicken Strich wurden. Schließlich fuhr er los. Langustier schnarchte längst für drei. Wo vorher sein überschwemmter Verstand gewesen war, klaffte jetzt ein rabenschwarzes Loch.
    Der freundliche Kutscher, der an diesem frühen Abend Sr. Königlichen Majestät Zweiten Hofküchenmeister beförderte, wusste, dass die Sitzungen der Freimaurerloge ›Aux trois globes‹ in einem ansonsten wenig angesehenen Lokal, dem ›Cöllnischen Römer‹, stattfanden. Der Wirt selbigen Etablissements stand in dem üblen Verdacht, den Wein aus vielen Pülverchen und Reagenzien zusammenzumischen – wenigstens schmeckte das, was er als Moselaner Rotwein ausschenkte, wie eine Emulsion von Silberglätte, Bleimennigeund Essig. Nachhaltig wurden Gaumen nebst Speiseröhre für Stunden und Tage davon verätzt. Aber seine mauernden Gäste nahmen hier sowieso wenig zu sich, da der Grund für ihre Anwesenheit ein viel ernsthafterer war.
    Seit dem 13. September war der ›Großorient von Berlin‹ um eine Loge reicher – er umfasste jetzt deren zwei. Weil sich der König bald nach seinem Regierungsantritt öffentlich zum Freimaurertum bekannt hatte, wollten viele der nach Berlin gekommenen Kavaliere ebenfalls Freimaurer werden und in seiner, der ›Loge du Roi‹, Aufnahme finden. Doch der Hofloge durften nur Angehörige des Hochadels beitreten, und so befahl der König in seiner Eigenschaft als Großmeister aller Logen auf brandenburgischem Territorium, Abhilfe zu schaffen. Der königliche Legationssekretär Jakob Friedrich Freiherr von Bielfeld und der Geheime Rat und Polizeipräfekt Charles Etienne Jordan gründeten daraufhin die Stadtloge ›Aux trois globes‹.
    Dass sie jenes unscheinbare Gebäude am Ufer der Spree zum Tagungsort für diese Vereinigung wählten, wurde einzig und allein durch das Vorhandensein eines für Maurerzwecke geeigneten Innenraumes begründet. Dieser hatte, um seiner symbolischen Rolle zu genügen, ganz bestimmte, höchst reale Bedingungen zu erfüllen.
    Die Loge hatte ein längliches, viereckiges, von Osten nach Westen sich erstreckendes Zimmer mit je einem Fenster im Osten, Süden und Westen zu sein. Auf der Mitternachtsseite hingegen durfte sich keine Lichtöffnung befinden, weil die Sonne

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