Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)
schönen Vormittag, Monsieur le cuisinier!«
Jordan verschwand würdevoll in Richtung Haupteingang, während Langustier wütend dem Küchenflügel entgegenstrebte. Das ruinierte Marzipangebilde fiel ihm wieder ein, und er stürmte mit einem Aufschrei der Verzweiflung in die Confiturierie. Warum zum Teufel war ihm als Aufgabe nicht das ›Jesulein in der Krippe, mit hellem Mandelmus‹ zugefallen?
Jeder, der es von der anderen Spreeseite aus hinter seinem üppig sprießenden Garten liegen sah, musste zugeben: Schloss Monbijou war in der Tat ein kleines ›Juwel‹. Seit dreißig Jahren gehörte es Sophie Dorothea – erst als Kronprinzessin, dann als Königin, und nun als der dreiundfünfzigjährigen Mutter des Königs. Nie war sie müde geworden, Gebäude und Garten zu erweitern und zu verschönern. Noch den verheerenden Besuch Peters des Großen anno 1717, nach dessen Abgang die Innenräume in völliger zaristischer Verwüstung zurückgeblieben waren, hatte sie erfreut zum Anlass genommen, alles wieder neu und vieles besser einzurichten.
Letzte Vorbereitungen für das Fest waren in hektischem Gange. Zofen schoben Pflanzenkübel mit Oleander, harkten Beete und Kieswege, während ein vom König aus Potsdam gesandter Feuerwerker mit einer kleinen Schar erleuchteter Gehilfen die funkensprühende Krönung des Festes vorbereitete.
Auf einem Plane war die Choreographie dieses farbenfrohen Ereignisses dargestellt und die Eleven bemühten sich, alle Feinheiten ihrer zündenden Einsätze an den Startrampen von Schwärmern, Leuchtkugeln und Höhenraketen, an den meilerartig aufragenden Pulverreservoirs der Vulkane, den Wannen der schwimmenden Lichter, den gewaltigen Rädern der Feuerkreisel, Windmühlen und Sonnen, den Auswurftrichtern der Fontänen und Springbrunnen sowie den Gerüsten der Katarakte oder Wasserfälle sorgfältigst zu memorieren.
In Charlotte von Marquards Gesicht wechselten Trauer, Wut, Verzweiflung und tiefe Ratlosigkeit. Die Enthüllungen und Geständnisse ihrer Freundin hatten sie vollends aus der Fassung gebracht. War das Geschehene noch nicht ausreichend? War es nötig, dass die Gefährtin das Unglück noch derart vermehrte?
Wilhelmine von Hammerstein schwieg betreten, als Fräulein von Stechow mit ihrer Mitteilung zum Ende gekommen war. Für so töricht hatte sie die Freundin nicht gehalten. Einen derartigen Brief an den Chef der Berliner Polizei zu schreiben – das war unverzeihlich!Schlagartig kam ihr zu Bewusstsein, welche Lawine mit dieser unvorhergesehenen Initiative losgetreten worden war. Die Damen zerstreuten sich, so gut es ging und suchten Vergessen in den noch relativ menschenleeren Laubengängen.
IX
Tags darauf prangten die geometrisch geformten Linden- und Ahornbäume in lauterstem Golde – Pyramiden, Kegel, Kugeln und Würfel auf Stämmen –, wohingegen die Bosketts der mannshohen, geradlinig geschnittenen Buchenhecken ein rötliches Braun angenommen hatten, was ihnen den Anschein hoher Ziegelmauern auf Stelzen gab. An den Seiten standen Birn- und Apfelbäumchen Spalier. Symmetrisch verteilte Holzlauben mit Kuppeldächern trugen gepflegte Mäntel aus Weinreben. Nur einigen Eichbäumen und Kastanien an den Enden des Gartens, der Monbijous elegante eingeschossige Front aus 51 hohen Rundbogenfenstern zum Fluss hin verlängerte, blieb es vergönnt, ihre Rot- und Gelbtöne ganz arbiträr, in angeborener Verwilderung, vor dem blauen Himmel zur Schau zu stellen. Kübel mit Rosenlorbeer, dank des trickreichen Hofgärtners in schönster Blüte stehend, säumten die frisch geharkten Hauptwege, während die majestätisch aufschießende Wassersäule des zentralen Springbrunnens im weiten Rund von Kaskaden aus blauem Delphinium umgeben war.
Mit sinkender Sonne wurde diese botanische und gärtnerische Pracht in eindrucksvolle Schauspiele mit künstlichem Licht einbezogen. Hunderte von Pylonen mit dunkelblau verglasten Öllampen säumten in breiter Zweierreihe die Hauptachse zwischen Schloss, Brunnen und Schiffsanlegestelle. Feuerschalen, in denen nun zu jeder vollen Nachtstunde bengalische Feuerpulver entzündet werden sollten, standen vor der Schlossfront, die Zahl der Kerzen, die in bunten Gläsern Grasflächen und Rabatte einrahmten, war Legion.
Baron von Beeren, der sich auf Festen und Bällen stets unsäglichlangweilte und sein Vergnügen allerhöchstens einmal darin fand, besonders widerwärtige Exemplare der bei solchen Anlässen anzutreffenden spezifischen Menschengattung insgeheim
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