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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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verlustig gehen oder gar bei lebendigem Leibe gevierteilt werden soll.«
    Langustier gab das Hantieren mit dem Marzipan auf, denn unter der Anspannung des Zuhörens entstanden bloß kleine, nutzlose Bällchen. Jordan zog ein Kuvert hervor, das mit einer zierlichen Schrift an das königliche Polizeipräsidium adressiert war. Er entnahm dem taubenblauen Umschlag einen Briefbogen in adäquatem Farbtone und reichte ihn mit weiteren erklärenden Worten seinem Kollegen.
    »Zwar stammt das delikate Schreiben von anonymer Frauenhand, doch scheint mir der Inhalt eindeutig genug zu sein, um ein schnelles Ende der Nachforschungen zu prophezeihen. Sobald wir die fragliche Dame und ihren Ehegatten, den mutmaßlichen Attaquanten, vernommen haben, dürfte das Rätselraten vorüber sein. Die Staffete mit der Erfolgsmeldung an den König könnte wohl schon bald abgehen.«
    Jordan rieb sich die Hände, mehr als beglückt über den freudigen Verlauf, den die Dinge nahmen. Das Mysterium entwickelte sich nun doch zu einer simplen Geschichte. Damit fiel eine drückende Last von seinen Schultern. Er würde wieder freier atmen können. Der Inhalt des knappen, gekünstelten Schreibens war jedoch keineswegs dazu geeignet, Langustier in gleicher Weise aufzuheitern. Falckenberg hatte eine Liebschaft gehabt? Mit der Frau eines Regimentskameraden?Dieses Faktum wurde ihnen zumindest als solches angezeigt, mit dem bedeutsamen Zusatz, »dass der Ehemann kaltblütig seinen Nebenbuhler aus dem Wege geräumt« habe. Langustier drehte die taubenfarbene Epistel und versah sie mit gutachterlichen Fettflecken.
    Wohlgemerkt, der Brief stammte nicht von der Dame selbst, sondern von einer »wohlmeinenden, wahrheitsliebenden Freundin«, die es als ihre »Pflicht« empfunden hatte, dafür zu sorgen, »dass dem Toten im Angedenken Gerechtigkeit widerfahre«.
    Duellanten aus Eifersucht? Das wäre eine reichlich läppische Mitteilung an Se. Königliche Majestät. Eine Nichtigkeit! Das akzeptierte er nicht! Langustiers Faust hatte den Arbeitstisch nur milde touchiert, doch wie auf ein geheimes Kommando stürzte nun das gesamte Marzipangebirge in sich zusammen. Die kleinen Reiter krümmten sich zerschlagen vor ihrem Schöpfer auf dem Arbeitsbrett. Langustier erblasste:
    »O! Grand malheur!«
    Es schien, als wollte sich der liebe Gott keineswegs länger durch diesen Wust aus Marzipan verhöhnen lassen, ob nun die Arbeit eines halben Vormittags darin steckte oder nicht. Ein wahrer Hass gegen die Schreiberin dieses törichten Briefes mischte sich in Langustiers Zorn, mochte sie nun die Wahrheit geschrieben haben oder nicht.
    » ›M‹ – das Initial auf der Waffe, es ist genau der richtige Buchstabe!«, triumphierte Jordan, als hinge daran nun noch irgendetwas. Doch Langustier wollte ihm diese einfache Lösung des Rätsels durchaus nicht gönnen.
    »Auch ›Marzipan‹ beginnt mit ›M‹, Monsieur Jordan. Ein Monsieur de Marcipan könnte somit genauso gut der Besitzer der Waffen sein.«
    Jordan war eingeschnappt.
    »Aber gesetzt den Fall, Sie haben Recht, und das ›M‹ auf der Pistole bedeutet …«,
    er klaubte mit marzipanverkrusteten Fingern wieder den Brief mühsam von der Tischplatte,
    »… bedeutet tatsächlich ›Marquard‹, oder sagen wir besser, soll ›Marquard‹ bedeuten: was wird dadurch ausgesagt? Dass die Waffe Marquard gehörte? Mitnichten. Nur dass wir glauben sollen, sie gehörte diesem Marquard. Ich nenne Ihnen einen Grund …«
    Langustier stockte, denn seine sämtlichen Köche und Küchenhilfen standen mit unverhohlenem Interesse um Jordan und ihn herum. Empört über so viel Hang zur Indiskretion scheuchte er sie fort:
    »Zurück an Ihre Töpfe, Messieurs!«
    Er ging mit Jordan auf den inneren Schlossvorplatz und erklärte:
    »Die Duelltheorie können wir doch längst abhaken. Denken Sie an die festgestellte Todesursache. Im Übrigen: Warum sollte ein vernünftiger Mensch eine Waffe mit dem eigenen Monogramm am Ort eines Duelles zurücklassen? Und was ist mit der zweiten Pistole? ›Omelette soufflée!‹, wie Sie hierzulande sagen. Oder glauben Sie, die beiden wären mit einer Waffe ausgekommen, beziehungsweise mit Knüppel und Pistol?«
    Jordan seufzte. Er sah aber seine nahe Lösung keineswegs in ernster Gefahr.
    »Morgen Abend bei dem Fest ergibt sich die unauffällige Gelegenheit, sowohl Madame als auch Monsieur de Marquard zu dem ›corpus delicti‹ zu befragen, soll heißen, zum Sachverhalt des Marquardschen Verbrechens. Einen

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