Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)
ausgiebigst zu observieren, war des aufrichtigsten Lobes voll über den französischen Beitrag. Elisabeth-Christine, die auf Schloss Schönhausen residierende Gemahlin des Königs, sparte nicht mit Komplimenten für den königlichen Konditor.
»Wir werden ihn uns einmal ausleihen.«
Langustier neigte sich tief und ehrerbietig vor der zarten, anämisch wirkenden Dame, die es nur schwer verwand, dass ihr Gatte, kaum dass er zur Macht gekommen war, sich rein gar nicht mehr für sie interessierte.
Als Jordan endlich Gelegenheit fand, von der Tafel aufzustehen, um in Begleitung Langustiers das beabsichtigte Gespräch mit der mutmaßlichen Geliebten Falckenbergs zu führen, hatten auch die Vögel längst ihren verwirrten, allseits bejubelten Flug aus dem hohlen Apfelkuchen hinaus, durch den höllischen, flammendurchzuckten Innenraum der Zelte in die unnatürlich wirkenden Parkbäume getan.
Charlotte von Marquard, Gesellschafterin Sophie Dorotheas, ahnte etwas von der bevorstehenden Befragung. Jordan hatte sie erstmals am Vormittag dieses Festsonntages auf der traurigen kleinen Beerdigungszeremonie für den »tragisch verunglückten« Flügeladjutanten zu Gesicht bekommen. Freilich war ihm ihre dortige Anwesenheit sofort als entscheidendes Indiz für die Stichhaltigkeit der im Raume stehenden Beschuldigungen gegen ihren Mann erschienen.
Am Rande des Herbstfestes, dem sie sich aus Gründen der höfischen Etikette schwerlich hatte entziehen können, nach ihrer eventuellen Bekanntschaft mit dem verunglückten Falckenberg befragt, gestand sie unter Tränen ihre lange währende innige Beziehung zu demselben. Zugleich jedoch, noch ehe Jordan die Rede darauf bringen konnte, bestritt sie jegliches mögliche Wissen ihres Ehegatten von diesem Verhältnis und nahm ihn derart beredt vor allen naheliegenden Mutmaßungen in Schutz, dass weder Jordan noch Langustier die Unglückliche weiter vernehmen wollten. Er lebe in einer kleinen Wohnung in der Brüderstraße, aber sie sei nie dort gewesen, wie sie denn generell mit ihm wenig Umgang mehr pflege.
Alexander von Marquard, Oberst im Regiment Prinz Heinrich, war ein unbeschriebenes Blatt für den Polizeipräfekten. Vor der Aufnahme in die Loge ›Aux trois globes‹ hatte er ihn – von öffentlichen Paraden und rein dienstlichen Begegnungen abgesehen – nie persönlich gesprochen. Doch so sehr sich die ungleichen Kommissare bemühten, den Obersten von Marquard mit Hilfe seiner Gattin im Halbdunkel der Lauben oder dem Zeltgedränge ausfindig zu machen, es war vergebens, er schien das Fest bereits verlassen zu haben. Jordan und Langustier kamen überein, das ausstehende Verhör am folgenden Tage nachzuholen.
Langustier blickte, um seine Schutzbefohlenen, die Küchenjungen und Lakaien, die aus Charlottenburg mitgekommen waren, nicht gänzlich unbeaufsichtigt zu lassen, kurz in den lauschigen Laubengang, in dem für die ›Livree‹, die Musiker, Komödianten, Lakaien und das Küchenpersonal gedeckt war. Windlichter flackerten, vertrauliche Pagen schenkten einen billigen, jungen Wein ein, der ins Blut ging. Der ›Chef‹ wurde fröhlich begrüßt und ließ sich gerne für einen Moment nieder, reichlich mitgenommen, aber durchaus zufrieden mit dem Verlauf des Abends.
Heinrich Steffen hatte den Obersten von Marquard schon seit einer Stunde nicht mehr aus den Augen gelassen. Als dieser noch weit vor Beginn des mit Spannung erwarteten Schlussfeuerwerks den Garten von Monbijou verließ und eilig in Richtung Schloss marschierte, war ihm Steffen unschlüssig gefolgt, denn die Umstände gestalteten sich für seine Zwecke immer ungünstiger.
Der volle Mond ersetzte in dieser Nacht die schüttere Berliner Straßenbeleuchtung mehr als nötig gewesen wäre. Auf der menschenleeren Straße hatte Steffen es schwer, dem eiligen Marquard unbemerkt zu folgen. Stets war mit patroullierenden Nachtwächtern zu rechnen.
Ihn hier anzugreifen, kam gar nicht in Betracht, da der Oberst nicht unbewaffnet war. Auch wurden hin und wieder Fenster geöffnet, weil die Bewohner das zu erwartende Feuerwerk mitansehen wollten.
Schon waren die beiden Gestalten in weitem Abstand durch den Lustgarten in die Schlossfreiheit hinübergewechselt, wo sich der Verfolger immer enger an die krummen Häuser drücken musste, denn der Oberst verlangsamte sein Tempo merklich. Bereits mehrere Male war er stehengeblieben und hatte vorsichtig um sich geblickt, als vermute er einen Anschlag. Das Schlossportal linkerhand war
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