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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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der Polizeibeamte den vorgeblichen Grafen anstandslos des Weges gehen lassen. Er hatte ihm bereits sein Mitgefühl für die erlittene Unbill ausgesprochen und bei ihm für die leider notwendige Befragung um Verzeihung gebeten, als Langustier das Wort ergriff und es an Steffen richtete. Jordan, der einen zaghaften Versuch unternommen hatte, ihn davon abzuhalten, schickte sich resignierend drein.
    »Verzeihen Sie, werter Herr, wenn ich Sie noch einen Moment zu bleiben bitte. Aber es wäre mir sehr daran gelegen, zu erfahren, ob die Ohnmacht – von der Sie angaben, dass sie erst nach einigenAugenblicken vollständig eingetreten war – im Herannahen sozusagen, noch ein paar Wahrnehmungen zuließ? Hörten Sie, nach dem Schlag nicht noch eine Kleinigkeit, die uns vielleicht helfen könnte? Sahen Sie, bevor Ihnen die Binde umgelegt wurde, nicht noch einen Schemen, einen Schuh, irgendetwas?«
    Steffen, wiewohl er sich nicht recht klar war, wer ihn da befragte, sah sich wieder an den Moment des Schlages erinnert. Er war an der Straßenfront der Arkaden entlang gelaufen, aus tunlichst zu verschweigenden Gründen, als es passiert war. Ein Detail indes konnte er doch vorbringen, das vielleicht genügen mochte, das Interesse der Ermittler von sich abzulenken.
    »Es müssen zwei Personen gewesen sein, die sich an mir zu schaffen machten; die eine schlug, fesselte und knebelte mich, die andere verband mir das Gesicht. Ich glaube, nein ich weiß, dass mir die Augenbinde von einer Frau angelegt wurde.«
    »Was gibt Ihnen diese Sicherheit, Monsieur? Sie sahen nichts, Sie hörten nichts.«
    »Aber ich spürte es trotzdem; die Hände waren sanft, sie schnürte mir nicht die Augen entzwei, achtete gar darauf, dass die Perücke sitzen blieb, weshalb ich beides später leicht abstreifen konnte. Auch roch ich einen Hauch von Parfüm, so seltsam es klingen mag, sich an etwas Derartiges zu erinnern, aber es war doch so. Und für einen kurzen Augenblick, als sie mir die Binde anlegte, glaubte ich ihr Haar auf der Wange gespürt zu haben.
    Darüber hinaus hörte ich nur näherkommende Schritte, als wollte mir jemand zu Hilfe eilen. Ich nehme an, es waren die Schritte dieses Herrn dort, aber ich kann es nur vermuten, da ich ihn nicht sah und sein Gang sich nun nicht mehr zum Leben erwecken lässt, auf dass ich meine Erinnerung auffrische. Später, nachdem ich wohl einige Minuten ohne Sinne dalag, hörte ich Wimmern und Stöhnen, und als ich meine Binde abgestreift, konnte ich eine kleine Figur – den Lotterieeinnehmer, wie ich glaube – in Richtung Schloss laufen sehen. Das ist alles, woran ich mich erinnere.«
    Steffen fand, dass diese Antwort, die übrigens in allen Punkten vollkommen ehrlich war, rundweg genügen müsste, die Augen der Polizei von sich abzuwenden. Doch Langustier, durchaus nicht unzufrieden mit diesem Bericht, ließ noch nicht locker. So wünschte er von diesem dahergelaufenen Grafen vorrangig noch zu wissen, warum er denn das Fest verlassen habe? Er sei ihm dort selbstredend am Abend wiederholt aufgefallen.
    »Sie halfen ja sehr kräftig, das ›Jüngste Gericht‹ aus der Welt zu schaffen, wie ich nicht ohne Genugtuung bemerken durfte.«
    Steffen lächelte trotz der Bedrängnis, in die er durch die unvermutete Beobachtung dieses seltsamen Menschen geriet.
    »Darf ich Sie bitten, Monsieur, mir zu erläutern, wie Sie Ihr Interesse an meinem Lebenswandel begründen wollen?«
    Langustier verspürte hier einmal mehr die Notwendigkeit, sich nicht auf die Gegenwart Jordans zu verlassen, sondern die königliche Permission aus der Tasche zu ziehen und an die Stelle einer weitschweifigen Erklärung zu setzen. Steffen verfärbte sich, als er die Unterschrift des Königs sah. In seinem Kopf arbeitete es fieberhaft.
    Er war zwar auf vergleichsweise billige Weise um eine blutige Arbeit herumgekommen und konnte darüber keineswegs unglücklich sein, doch er befand sich in einer höchst misslichen Lage. Wohlweislich hatte er sich auf dem Wasserwege zum festlichen Park bringen lassen, da sein Name auf keiner Seite der Gästeliste aufgeführt war. Die Beobachtung des beleibten Sonderkommissärs könnte ihm, wenn es ihm nicht gelänge, ihr durch eine beiläufige Erklärung die Spitze zu nehmen, einigen Verdruss bereiten. Er ermannte sich daher und sprach leichthin:
    »Sie müssen wissen, dass mir das köstliche, indes viel zu reichlich genossene Marzipan, noch dazu nach all den anderen lukullischen Glanzlichtern, eine ziemliche

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