Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)
diesen Mordgeschichten zu verabschieden, die rechte Hand entgegen, doch Langustier blickte in Richtung des Mannes, der etwas abseits unter einem der Bögen auf der Steinstufe zum Vorplatz hin saß und sich die wund gescheuerten Handgelenke rieb. Ein Polizeioffizier hatte eine Öllaterne an einen der hier zahlreich im Mauerwerk steckenden Nägel gehängt, dem Zitternden eine wärmende Decke umgelegt und eine Schnapsflasche gereicht.
»Pardon, Monsieur. Ich bin etwas abgelenkt, weil ich glaube, dass wir uns einmal anhören sollten, was der Herr dort zu sagen hat«, rechtfertigte sich Langustier und konnte nicht umhin, die Sachlage aus seiner Sicht noch einmal anders zu beleuchten.
»Marquard war ganz gewiss nicht der Mörder Falckenbergs, auch wenn man uns dies glauben machen möchte. Wie wir gesehen haben, ging es bei diesem Duell nicht mit rechten Dingen zu. Ellers Erkenntnisse haben gezeigt, dass es ein Mord war, der als Duell getarnt wurde. Warum sollte nun gerade Marquard, um diesen Umstand noch einmal zu erwähnen, eine Waffe am Tatort zurücklassen, die ihn doch notwendigerweise überführte? Der Brief der Unbekannten, den Sie erhielten, ist – verzeihen Sie – derart töricht,dass wir ihn übergehen können. Die Dame, die sich erhängte, könnte ihn geschrieben haben. Aber mir scheint dies nicht von Belang. Allerdings verdient einer näheren Betrachtung, warum dieser Herr hier – der keineswegs gefährlich wirkt – gebunden neben einer Leiche anzutreffen war.«
Der Polizeipräfekt folgte ihm widerwillig. Was hatte sich dieser Koch so unnachgiebig zu zeigen? Warum wollte er sich unbedingt beim König mit seiner Finesse einschmeicheln? Genügte ihm das Kochen nicht? Der Fall könnte längst gänzlich begraben und er wieder bei den geliebten Büchern sein.
Jordans ungewollt grimmiger Blick traf den verängstigt sitzenden Steffen und ließ ihn zusammenzucken. Um seine Verlegenheit zu bemänteln, rieb er sich heftiger die in der Tat schmerzenden Gelenke. Durch das Verbinden der Augen hatte sich seine gepuderte Perücke gelöst und lag jetzt wie ein schmutziger Lappen neben ihm auf der Stufe am Boden. Überhaupt war von seiner vornehmen Attitüde wenig geblieben, die Kleidung mit Straßenkot bedeckt, der ehemals weiße, nunmehr grauschwarz gefleckte Mantel gar an einer Stelle mit Marquardschem Blute befleckt.
»Was taten Sie hier um diese Zeit, mein Herr?«, wurde Steffen von dem bereits bei ihm stehenden Polizisten gefragt. Die Stimme, mit der er antwortete, war keineswegs gefestigt und sein Blick irrlichterte zwischen den Gesichtern der neu hinzugetretenen Kommissare hin und her.
»Ich wollte zum Fluss, um mir das Feuerwerk anzusehen. Es war schon fast zu spät, fürchtete ich und achtete kaum auf meine Schritte. Gerade als ich hier an den Arkaden vorbeilief, traf mich ein Schlag auf den Hinterkopf.«
Er rieb sich die schmerzende Stelle, von der ausgehend es in seinem Schädel zog, klopfte und brummte. Er brauchte nicht zu lügen, sondern konnte einfach die Wahrheit sagen, soweit wie möglich. Er fuhr fort:
»Es muss ein ziemlich heftiger oder gut gezielter Schlag gewesensein, denn mir schwanden die Sinne. Als ich zu mir kam, lag ich gekrümmt seitlich am Boden, konnte nichts sehen, mich nicht bewegen, hatte diesen widerlichen Stoffballen im Mund, diese Binde vor den Augen und hörte, dass das Feuerwerk bereits im Gange war. Ich bin, trotz meiner Schmerzen, der unangenehmen Kälte und der gekrümmten, unbequemen Lage darüber etwas verärgert gewesen.« Er lachte unbeholfen und tat einen kräftigen Schluck aus der dargereichten Flasche.
»Warum trugen Sie kein Licht bei sich?«, wollte der Polizeiaufseher von ihm wissen.
»Ich wusste nicht, dass es hierzulande Vorschrift ist, leuchtend zu lustwandeln.«
Er hatte sich wieder gefangen. Wenn das alles war, was die Herren interessierte … Nach dem Orte seines Herkommens und den Gründen seines Hierseins befragt, gab er bereitwillig zur Auskunft, dass er aus Hamburg komme und wegen einer Familienangelegenheit hier verweile. Gebeten, sich auszuweisen, zog er seinen in Magdeburg ausgestellten Reisepass hervor und nahm die Miene des edelmütigen »Barons von Steden« an. Als sein Logis machte er die »Neue Welt« namhaft, was anhand der Meldelisten leicht nachzuprüfen und zu bestätigen war.
Da es somit keinen Grund mehr gab, das unschuldige, unbeteiligte Opfer weiter aufzuhalten, wo es doch vom Tathergang offenbar nichts weiter mitbekommen hatte, wollte
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