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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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Menschenseele sich blicken ließ, schlugen der Marder und seine Getreuen den Bergweg ein und blickten wenig später auf die andere Seite in ein zweites Tal hinab. Am Fuße der Bergflanke sahen sie etliche Haufen Kalksteine liegen und um dieselben herum viele klapprige Wagen stehen, die für den Transport der Steine zu den Brennöfen oder zum Kanal gebraucht wurden. Hinter diesen, vor der Waldkulisse gleichsam verschwindenden Zeugnissen menschlichen Treibens und Schaffens, erhob sich in wild zerklüfteter Staffelung eine kaum zu überblickende Masse von teils spitzeren, teils stumpferen Kalkbergen. Der Marder grinste unwillkürlich bei diesem imposanten und nicht nur ihm höchst angenehmen Anblick. Zwar war keiner dieser ›Berge‹ sonderlich hoch, und man hätte sie von daher allenfalls Hügelkuppen nennen dürfen, doch waren sie so steil und mit felsen- und klippenartigen Rändern versehen, dass die Bezeichnung wohl ihre Berechtigung finden konnte.
    Auf den unwegsamsten und entferntesten dieser Berghügel sollte es hinaufgehen, um die Beute daselbst zu vergraben und ein paar Tage lang entspannt Quartier zu machen. Diese nicht unbeträchtliche letzte Anstrengung musste der Marder seinen erschöpften Leuten noch zumuten. Hier kannte sich der Marder bestens aus und hier allein fühlte er sich sicher.
    In einer offen gelassenen Bauhütte fanden sie Zeltplanen und Decken sowie Schaufeln und Seile, die sie begierig an sich nahmen. Ein Hund schlug an, doch kein Aufseher rührte sich. Der saß wohlig beim Bierkrug, schimpfte auf die Füchse, die wieder in den Buden kramten, war aber zu faul, um aufzustehen und sie zu verjagen.
    Kallmorgen hatte seine Fühler ausgestreckt. Von sämtlichen Baustellen in der Stadt waren die Nachrichten eingelaufen, doch fand sich bislang keine brauchbare darunter. Die viel beschworene geheime Zusammengehörigkeit der Bauleute schien ihn für diesmal nicht ans Ziel zu führen. Die Lohnbedienten, die er kannte und befragt hatte, konnten ihm nur wenig gute Neuigkeiten zutragen. Ein entsprungener Affe wäre leichter zu finden, dachte er, als dieser verrückte Diener.
    Doch sobald er sich seine Zukunft ausmalte, die ihm von Schlütern leuchtend vor Augen gestellt hatte, kehrte sein Ehrgeiz wieder machtvoll zurück, und er rief einige seiner Arbeiter zu sich, die er auf Spionagetour schicken wollte. Mit dem Versprechen reicher Belohnung brachte er ihnen das Ding bei und schärfte ihnen ein, wie geheim es sei, und dass sie nur ihm und sonst niemandem erzählen durften, was sie in Erfahrung bringen würden. Sie sollten sich umhören und umschauen, und ihm alles mitteilen, was sie über den Gesuchten in Erfahrung bringen könnten.
    Wenig später schon durchschlichen Kallmorgens Spitzel jeden Winkel der Stadt, durchkämmten die ausgedehnten Gemüsepflanzungen am Halleschen Tor, die Holzmärkte, lugten in die Hinterhöfe der Cöllnischen Vorstadt, suchten bei den Handwerkern der Friedrichstadt Auskunft zu erhalten, auf dem Fischmarkt sowie in jeder Krambude, wo Publikumsverkehr herrschte. Am Abend würden sie in den Spelunken die Runde machen.
    Einer Kreuzspinne gleich hockte Kallmorgen in seinem Netz und wartete auf das Zucken eines gespannten Fadens. Doch nichts rührte sich. Das Glück, das kurz angeklopft hatte, schien ihn bereits wieder zu verlassen.
    In einem Stübchen mit Fenstern, von denen man über die halbe Stadt schauen konnte, saß derweil Friedrich Ludwig Andersohn an einem kleinen Tisch mit einigen Blättern Papier vor sich. In einem Kruge neben ihm befand sich eine klare Flüssigkeit, von derer einen kleinen Schluck genommen, aber gleich wieder von sich gespuckt hatte, denn sie schmeckte bitter, und das mochte er nicht. In seinem Kopf sah es bei weitem nicht mehr so leer geräumt aus wie noch vor ein paar Tagen. Er nahm seine Umgebung durchaus wahr, den ruhigen und freundlichen Mann etwa, der ihn bei sich aufgenommen hatte, ihm gutes Essen gab, Papier und leuchtende Farben.
    Was er eigentlich malte, war anfangs nicht direkt zu erkennen, es mochten Wiesen, Felder, Häuser und zuweilen Ornamente sein, doch er malte sie ja zunächst weniger auf dem Papier als vielmehr in seiner Vorstellung. Sahen die äußeren Bilder mitunter wie eine wilde Kleckserei aus, so regten die kräftigen Kontraste, die sich in ihnen ausdrückten, doch die Erinnerung des Malers an, und es mischten sich vermehrt einzelne kenntliche Motive unter die Chiffren seiner Einbildungskraft. Eine Art Wappen war auf diese

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