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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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diesem verschlossenen Geschäftsträger auf eine überbordende uneigennützige Mitteilsamkeit zu stoßen, kam diese kaltblütige Entgegnung doch ziemlich bemerkenswert vor. Sollte er sich getäuscht und die vermeintliche Reaktion bei dem Namen »Andersohn« nur auf einer atmosphärischen Schwankung beruht haben? Doch er hatte ohne weitere rationale Begründung den Verdacht, irgendwer könnte zum Zeitpunkt dieses Gespräches bereits in akuter Gefahr schweben.
    »Gefährdung liegt mir fern, im Gegenteil. Mein ganzes Interesse ist es viel eher, Fährnisse abzuwenden.«
    Von Waldegg hörte dies schon nicht mehr. Langustier war verabschiedet. Ein Diener geleitete ihn hinaus.
    Er war es nicht gewohnt, mit Gesandten zu verkehren. Hätte er es anders anfangen sollen, um mehr herauszubekommen? Die Vermutung hatte sich zwar bestätigt, doch über Einzelheiten verfügte er nach wie vor nicht. Vielleicht hätte er das Versteckspiel aufgeben und dem Herrn reinen Wein einschenken sollen?
    Wenn er sich über seine bisherigen spärlichen Kenntnisse über Krankheit und Herkunft des armen Andersohn befragte, kam sehrwenig heraus. Er hatte mit dem Mord an seinem letzten Herrn vielleicht gar nichts zu schaffen? Dass Andersohn in Ansehung der Leiche Falckenbergs in einen gefährlichen neuerlichen Anfall geistiger Wirrnis geraten und darob entsprungen war, mochte nichts weiter als die Folge eines Schocks gewesen sein, wenn man daraus nicht ableiten wollte, dass Falckenbergs Ende zugleich das Ende begründeter Hoffnung des Verwirrten darstellte, jemals aus der Tiefe seiner Verdunklungen wieder empor ans Licht zu gelangen. Möglicherweise wäre das Ermorden Falckenbergs somit ein Mittel gewesen, Andersohn wieder in die Umnachtung zurückzutreiben, aus der er sich gerade glücklich zu lösen begonnen hatte?
    Aber das, fand Langustier, hieße wohl einem Subalternen, einer offenkundigen Randfigur, doch zuviel Ehre zollen. Soweit seine bescheidenen Kenntnisse über den unglücklichen ehemaligen Diener Sr. Königlichen Majestät reichten, hätte niemand nach den von Eller erwähnten Eskapaden am Hof die kleinste Veranlassung haben können, ihm zu nahe zu treten, weder verständig noch unverständig. Er war harmlos, wohl noch in seiner Raserei. Die Verärgerung über einzelne Anekdoten, zu denen er Anlass gegeben, könnte niemals eine Verstärkung seiner Wirrungen wünschenswert machen. Im Gegenteil hätte jedermann an der Heilung und Befriedung seines Gemütes interessiert sein müssen, wie es die Menschlichkeit gebietet.
    Am ehesten hätte noch der König Grund gehabt, seinen Groll deutlicher zu zeigen, wo Andersohn ihn mit seinen Aussprüchen doch mitunter unwissentlich bis aufs Blut gereizt hatte. Doch er beschied sich ebenfalls mit der traurigen Pflicht, ihn vom Dienste und jeglichem vertrauten Umgange mit seiner höchsten Person zu suspendieren. Er mochte erkannt haben, dass den Sprüchen des Dieners bei Licht besehen nichts weiter zu Grunde lag als eine zum Äußersten Ungefüge entfesselte Phantasie.
    Als Langustier die Suite des Gesandten verließ, kam ihm ein angespannt bis finster dreinblickender Herr entgegengestürzt und wäreum ein Haar mit ihm zusammengestoßen, hätte sich der Hofküchenmeister nicht im letzten Augenblick mit einen graziösen seitlichen Ausfallschritt in Sicherheit gebracht. Der Vorbeistürmende benötigte offensichtlich keine besondere Anmeldung, sondern verschwand nach einem kurzen, von innen vernehmlich beantworteten Klopfzeichen umstandslos in der Hohenfließischen Dependance in der ›Neuen Welt‹.
    Ein bewegtes Leben hatte die Turinerin, die keineswegs aus Turin stammte, sondern ihren Spitznamen der Affäre mit einem Turiner Grafen verdankte – ihrem ehemaligen Braunschweiger Herrn – nach Berlin geführt. Damals in Braunschweig, als sie schwanger geworden war, hatte ihr feiner Patron sie mitleidlos an die Luft gesetzt und ihr brüsk den Entlassungsschein verweigert, ohne den sie keinerlei Aussicht hatte, jemals wieder eine Stellung zu finden. In ihrer Verzweiflung hatte sie dem Haus ihres vormaligen Geliebten noch einen letzten, heimlichen Besuch abgestattet und allerlei silbernes Tischgerät daraus entwendet. Rasch war das Silber in klingende Münze verwandelt und der Weg über Magdeburg nach Berlin genommen. Mit gefälschtem Dienstzeugnis hatte sie in der Spreemetropole Einzug gehalten und zunächst bei der Samuelin in der Siebergasse gehaust, einer Gesindemaklerin, die nebenbei noch unerwünschte

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