Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
Seite. Ich brauchte sie nicht nach dem Sinn dieser Zeitung zu fragen, sie würde mir höchstens erklären, dass ich alles verstehen würde, sobald ich achtzehn wäre. Ich konnte diesen Satz schon nicht mehr hören. Es machte mich wütend, dass meine Großmutter mich wie ein unmündiges Kind behandelte, dass irgendeine geheimnisvolle Wahrheit nicht ertragen konnte. Sie benahm sich wie Liana und leider hielt es keiner der beiden für nötig, mich einzuweihen. Es ging mir gar nicht so sehr darum zu erfahren, was sie vor mir verbargen, es ging darum, dass ich wusste, dass sie es taten. Ich folgte meiner Großmutter mit dem Brotkorb in den Garten, wo sie schon das Frühstück vorbereitet hatte.
Da Liana heute Vormittag im Laden ihrer Großmutter zum Putzen eingeteilt war, widmete ich mich den gesamten Vormittag der Unkrautbekämpfung im Erdbeerbeet. Nach dem Mittagessen sank ich erschöpft auf mein Bett. Ich hatte Lust auf Musik, Lust meinen Kopf auszuschalten. Den MP3-Player hatte ich seit dem letzten missglückten Versuch nicht mehr angefasst. Ich hatte eindeutig Entzugserscheinungen, aber im Moment traute ich mich noch nicht, einen erneuten Anlauf zu starten. Erst einmal musste ich mir meiner Gefühle für Adam klar werden. Vielleicht sollte ich ihn einfach ansprechen? Aber wenn etwas schief ging und ich mich maßlos blamierte, würden wir uns die nächsten Jahre während des Studiums jeden Tag sehen müssen. Diese Peinlichkeit wäre kaum zu ertragen. Als Liana dreimal klingelte, um unseren Aufbruch zum Badesee anzukündigen, grübelte ich immer noch, ob ich einen ersten Schritt unternehmen sollte.
Wie schon am Vortag fuhren wir mit dem Fahrrad zum Wolfsee und ließen uns am Strand nieder. Ich konnte mich kaum auf mein Buch konzentrieren, da ich immer wieder die Umgebung beobachtete, um Adam zu entdecken.
Als am späten Nachmittag das laute Röhren des Sportwagens vom Parkplatz ertönte, rutschte ich unruhig hin und her. Sollte ich ihn ansprechen oder vielleicht doch noch eine Seenot simulieren? Dann könnte er mich retten und wir hätten gleich ein Gesprächsthema.
Ich beobachtete, wie Lennox und Ramon ihr Lager am Strand aufschlugen. Adam war nicht bei ihnen. Nervös vertiefte ich mich in mein Buch und wartete darauf, dass er seinen Brüdern bald folgen würde. Ich las dasselbe Kapitel wieder und wieder, ohne dessen Inhalt zu verstehen. Gelegentlich visierte ich Ramon und Lennox an, aber von Adam entdeckte ich keine Spur.
Als der Sonnuntergang schließlich nahte, war ich maßlos enttäuscht. Die ganze Anspannung des Tages war in Wut umgeschlagen. Wahrscheinlich hatte ich mir das alles nur eingebildet. Adam interessierte sich nicht für mich und ich hatte mich den ganzen Tag in einen albernen Wunschtraum verloren.
„Sag mal, Selma“, unterbrach Liana mein zorniges Grübeln, als wir die Anhöhe nach Schönefelde hinauffuhren. „Kann es sein, dass du heute auf irgendetwas gewartet hast. Du hast den ganzen Nachmittag kaum ein Wort gesprochen und dich ständig umgesehen, als ob du einen Überraschungsgast erwartest.“ Der Unterton in ihrer Frage verriet, dass ihr der Grund für mein Benehmen völlig klar war.
„Dir bleibt auch nichts verborgen“, murmelte ich unmutig. „Ich hatte gedacht, nun ja, wahrscheinlich eher gehofft, dass Adam noch kommt“, gab ich zähneknirschend zu.
„Wusste ich es doch, du hast dich verliebt und er sich in dich. Das habe ich mir doch gestern schon gedacht.“ Lianas Stimme bekam eine unangenehm hohe Tonlage.
„Nein. Nein. Nein“, erwiderte ich schnell. „Das ist nicht wahr. Wir haben noch immer kein einziges Wort gewechselt. Ich interessiere mich vielleicht für ihn, aber von Verliebtheit ist noch lange nicht die Rede. Ich hätte ihn nur gern etwas näher kennengelernt, mehr nicht.“ Es fiel mir schwer, diese Dinge auszusprechen, doch Liana lächelte vergnügt.
„Da wirst du leider noch warten müssen. Frau Torrel war heute Morgen im Laden und hat erzählt, dass Adam und Torin für zwei Wochen zu einem Sommerkurs nach England geflogen sind. Irgendetwas mit Sprachen und Geschichte. Du hättest mich auch einfach eher fragen können, dann hättest du nicht den ganzen Nachmittag unnötig warten müssen.“
„Du hättest es mir auch sagen können, wenn du sowieso wusstest, dass ich auf Adam warte“, beschwerte ich mich.
„Ich habe es nicht gewagt, über Adam zu sprechen, da du mir gestern felsenfest versichert hast, dass du kein Interesse an ihm hast. Ich schwöre dir
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