Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
einen Schatten über den Wald gelegt und die von hohen Bäumen eingefasste Straße war bereits düster. Mich überkam auf einmal das untrügliche Gefühl, dass ich nicht mehr allein war und schlagartig verpuffte meine Wut. Adrenalin schoss in meinen Körper und ich war auf einen Schlag hellwach. Ich drosselte das Tempo und lauschte konzentriert in die mich umgebende Dunkelheit. Mehr als ein ungewöhnliches Rauschen konnte ich nicht feststellen, doch ich blieb wachsam. Es klang, als wenn ein paar riesige Vögel über mir mit den Flügeln schlagen würden. Ein Blick in die Baumwipfel bestätigte meine Vermutung. Da oben schwebte etwas. Wahrscheinlich waren es nur ein paar Störche, die auf der Suche nach Fröschen waren.
Ich versuchte mich zu beruhigen. Jetzt kam es noch so weit, dass mir ein paar Vögel Angst einjagten. Das Rauschen wurde ein wenig lauter, als wenn die Vögel ihre Flughöhe vermindert hatten. Meine Nackenhaare stellten sich unvermittelt auf und ich zog zischend Luft ein. Etwa zweihundert Meter vor mir öffnete sich das dichte Blätterdach und ich würde einen besseren Blick auf die seltsamen Tiere haben. Das mulmige Gefühl breitete sich immer weiter aus. Ich schüttelte den Kopf und versuchte, meine Gedanken wieder meinem bemitleidenswerten Leben zuzuwenden. Doch meine innere Anspannung stieg unerklärlicherweise weiter an. Nur noch fünfzig Meter trennten mich von dem hellen Streifen Asphalt, der in das schwindende Licht des Tages getaucht war, als ein lautes Röhren die Stille des Waldes zerriss. Der schwarze Sportwagen von Ramon und Lennox raste heran und bremste so kurz vor mir, dass ich das kleine Schild auf der Motorhaube lesen konnte.
PORSCHE!
Ramon und Lennox sprangen heraus und ich starrte sie entgeistert an, während ich vom Fahrrad sprang. Ich hatte schon ausgeholt, um den beiden eine gepfefferte Bemerkung an den Kopf zu werfen. Doch es war der Ernst in ihren Gesichtern, der mich augenblicklich verstummen ließ. Ramon eilte im Laufschritt auf mich zu und stellte sich vor mich, während Lennox in einer überraschenden Schnelligkeit die Straße entlanglief. Er sah aus wie ein Flugzeug, das auf der Startbahn losraste, um gleich abzuheben. Ich wollte genauer hinschauen, aber ich konnte ihm nicht weiter mit meinem Blick folgen, da mich just in diesem Moment Ramon an den Schultern packte und zu sich umdrehte. Er blickte mir konzentriert in die Augen und ich kam mir vor wie eine Maus, die von einer Schlange hypnotisiert werden sollte. Seine kräftigen Hände gruben sich unsanft in meine Haut und plötzlich kapierte ich, was er vorhatte. Ramon wollte meinen Geist ausknipsen wie einen Lichtschalter. Panisch mobilisierte ich meine Kräfte und versuchte wach zu bleiben, obwohl ich langsam in einen schlafähnlichen Dämmerzustand abrutschte. Auf Ramons Stirn bildeten sich vor Anstrengung kleine Schweißtropfen, während wir unseren stillen Kampf ausfochten, ohne dass einer nachgab. Ich war wie gefesselt und konnte nur mit meinen Ohren die Szene hinter mir verfolgen, die die Torrels vor mir verheimlichen wollten. Ich spitzte die Ohren und prägte mir alles genau ein, das laute Rauschen und Flattern, den Klang von aufeinander treffendem Metall. Die Lichtblitze und auch die dumpfen Einschläge. Hinter mir wurde gekämpft, durchschoss es mich heiß. Ich versuchte mich loszureißen, aber Ramon hatte immer noch die Kontrolle über meinen Körper. Mit einem Mal herrschte Stille, die nur unterbrochen wurde, von dem leisen Geräusch sich entfernender Flügel. Lennox stand wieder neben Ramon und legte ihm seine Hand auf die Schulter. Er nickte dankbar und ließ mich mit einem erschöpften Grunzen aus seinem hypnotisierenden Blick frei. Darauf hatte ich gewartet. Ich holte Luft, um meiner Empörung endlich freien Lauf zu lassen, als Liana in mein Blickfeld kam.
„Wie konntest du nur einfach abhauen“, schrie sie panisch. Lennox drehte sich um und sah mir ernst in die Augen.
„Sie hat Recht, das war unglaublich dumm von dir. Es sind gefährliche Zeiten und das war nicht der richtige Augenblick für einen Egotrip. Du hattest großes Glück, dass wir rechtzeitig da waren.“ Er drehte sich um und stieg grußlos in seinen Porsche. Ramon folgte ihm wie ein gehorsamer Hund und ließ den röhrenden Motor an. Wie konnte er es wagen, mich als dumm zu bezeichnen? Wut und Scham mischten sich in mir zu einem gefährlich Cocktail.
„Los, steige auf und fahr so schnell du kannst!“, rief mir Liana zu, während sie
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