Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
den Boden unter den Füßen weg. Die Szene konnte sich nicht zum dritten Mal wiederholen. Ich nahm um mich herum nur noch ein Rauschen war, als ich die Stelle erreichte und erkannte, dass tatsächlich Dorina dort am Boden lag. Ihre Haut verfärbte sich bereits braun und sie wirkte mehr tot als lebendig. Hektisch redend lief Gregor König um sie herum, doch ich hörte ihn nicht. Ich sah nur, wie sich sein Mund bewegte. Adam hob die leblose Gestalt vom Boden auf und legte sie auf eine Bank. Das Rauschen in meinen Ohren wurde immer lauter.
Unmöglich! Unmöglich! Unmöglich!
Die Worte hämmerten durch meinen Kopf wie Kampfflugzeuge im Tiefflug. Dann ging alles sehr schnell. Professor Schönhuber kam angerannt, begleitet von Professor Espendorm und Madame Villourie. Adrenalin flutete meinen Körper und ließ das Rauschen in meinen Ohren augenblicklich verstummen.
„Wir sind zu spät, sehen sie, sie hat es schon wieder getan“, rief Professor Schönhuber schrill. Sie fuchtelte wild mit ihren behandschuhten Händen.
„Wer hat was getan? Ich verstehe gar nichts. Haben sie die Heilerin gesehen?“, fragte Gregor König aufgelöst.
„Die Heilerin ist unterwegs“, klang Adams Stimme tonlos von hinten.
„Gut, das ist gut“, erwiderte Gregor König zerstreut und wandte sich wieder Professor Espendorm zu.
„Wir haben heute Nachmittag eine Durchsuchung der Studentenzimmer vorgenommen, nachdem ein Verdacht geäußert wurde und sind fündig geworden.“ Professor Espendorms Stimme klang kalt wie die schwärzeste Nacht. „Wir haben im Zimmer von Selma Caspari Dämonischen Schattenefeu gefunden. Madame Villourie und Professor Schönhuber können es bezeugen. Damit haben wir einen eindeutigen Beweis.“
Der Boden schien unter mir zu beben. Einen Moment lang erstarrte ich in einer fast gnädigen Ohnmacht. Adams brennender Blick riss mich aus meiner panischen Lethargie.
„Ich habe Dorina nicht vergiftet und auch nicht Skara oder Penelope. Den Dämonischen Schattenefeu muss jemand in mein Zimmer geschmuggelt haben“, schrie ich in die Stille hinein.
„Wir haben Beweise, leugne nicht, was du getan hast!“, keifte Professor Schönhuber. Ihr Gesicht war zu einer angsteinflößenden Maske verzerrt.
„Ich habe nichts getan“, entgegnete ich wütend. „Sie waren es. Wo waren sie denn heute Mittag? Ich habe die Kräuterfrau gefragt, sie haben das Kraut gekauft und sie haben es in mein Zimmer gelegt? Und heute Vormittag haben sie Dorina vergiftet. Ich habe es doch gewusst und jetzt wollen sie mir die Sache in die Schuhe schieben.“
„Genug. Einen Professor zu verdächtigen, ist eine schwerwiegende Angelegenheit.“ Professor Espendorms Stimme war laut. „Ich muss sie vorerst in Gewahrsam nehmen, bis die Schwarze Garde die Angelegenheit aufgeklärt hat. Adam, führen sie Selma ab!“
Ich sah zu Adam und sah, wie sein Blick erstarrte und dann sein ganzer Körper. Jetzt war der Moment der Wahrheit gekommen. Er musste sich entscheiden zwischen Sagen und Tun, zwischen unserer Liebe und seinem Leben in der magischen Gemeinschaft. Er musste mich verraten oder sich öffentlich zu mir bekennen. Ich sah, wie er zögerte und nach irgendeinem Ausweg suchte, um das Unvermeidliche dieser Entscheidung noch aufzuhalten.
In mir gefror alles. Es war, als ob mit einem Mal alle Wärme meinen Körper verlassen hatte. Ich hatte noch nie das Gefühl, dass er so weit weg von mir gewesen war wie in diesem Moment. Jetzt wurde mir erst in aller Klarheit bewusst, was es für ihn bedeutete, mit mir zusammen zu sein. Sein ganzes Leben würde zu Ende sein, wenn er jetzt die falsche Entscheidung traf. Ihm drohte der Haebram, genauso wie es bei meiner Mutter gewesen war. Als ich sah, wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich, durchfuhr es mich, dass er das sehr genau gewusst hatte. Er hatte geahnt, dass dieser Moment kommen würde und jetzt begriff ich auch seine Zurückhaltung der letzten Tage.
„Adam, nehmen sie Selma Caspari fest!“, wiederholte Professor Espendorm mit Nachdruck. Doch Adam rührte sich noch immer nicht. Die Zeit schien still zu stehen. In mir zerbrach etwas, die Scherben schnitten in mein Herz. Ich glaubte, dass es aufhören würde zu schlagen, so stark war die Qual, die mein Innerstes zusammenzog. Ich ließ den Blick über meine Freunde schweifen. Lianas Gesicht war kalkweiß, ich sah, wie sie zitterte. Lorenz hielt sie fest, selbst starr vor Schock. Shirley sah Professor Espendorm an, als ob sie immer noch nicht glauben
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