Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
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„Nein!“, hauchte ich, doch es war schon zu spät. Dorina nahm ehrfürchtig den bleichen Stab in ihre Hände und lächelte vergnügt, als sie zu mir herüberblickte. Es hätte ohnehin nichts gebracht, sie zu warnen. Ich hatte meine geringe Glaubwürdigkeit vor einer Minute verspielt.
„Da nun alle ein Arbeitsgerät haben, können wir beginnen. Ich bitte sie, heute besonders auf Dorina und Selma zu achten und die Unterschiede der Zauberstäbe wahrzunehmen, mit denen beide arbeiten. Der Grophotom-Zauberstab von Dorina wird die magische Kraft seines Benutzers stärker bündeln und vervielfachen, als es der handelsübliche Drachenahornzauberstab kann, mit dem Selma arbeitet. Jedes Übungspärchen nimmt bitte einen der roten Bälle aus dem Korb in der Mitte des Raumes. Stellen sie sich gegenüber voneinander auf und beginnen sie damit, den Ball mittels einer leichten Windbewegung aus ihrem Zauberstab zwischen den Partnern hin und her schweben zu lassen.“ Professor Schönhuber nahm einen der roten Bälle und ließ ihn geschickt mit einer gezielten Brise in der Luft tanzen. Ich holte einen Ball aus dem großen Korb und ging langsam zu Dorina zurück. Sie empfing mich mit einem breiten Lächeln und schwenkte ungeduldig ihren Zauberstab. Dulcia und Cecilia hatten bereits mit der Übung begonnen. Gelenkt durch die leichten Schwünge ihres Zauberstabes schwebte der Ball sicher zwischen ihren Köpfen hin und her. Trotz der unangenehmen Situation, in der ich mich befand, staunte ich wieder einmal, wie stark die Kraft und die Harmonie waren, die sich bei einem magischen Paar entwickelten. Um mich herum wirbelten Bälle und wehten Lüftchen. Hin und wieder kicherte jemand, dem ein Ball entwischt war. Ich konzentrierte mich, schwang meinen braunen Stab und ließ den Ball mehr oder weniger elegant hinüber zu Dorina tanzen, die nun ihren Zauberstab leicht bewegte, um den Ball zurückzulenken.
Krachend schlug ich auf dem Boden ein. Einen Moment lang presste der Aufprall die Luft aus meinen Lungen und ich sah eine ganze Wolke Sternchen über mir blitzen. Keuchend versuchte ich Luft in meine Lunge zurück zu saugen. Der dumpfe Schmerz auf meinem Brustkorb maß die Stelle aus, an der mich der Ball getroffen und durch den Raum katapultiert hatte. Dorinas erschrockenes Gesicht tauchte über meinen Kopf auf. Ich sah sehr genau zwei Pickel auf ihrer Nase. Nur ihre Stimme drang noch gedämpft wie durch Watte an mein Ohr.
„Selma, das wollte ich nicht. Bist du verletzt?“, fragte sie aufgelöst. Ich rappelte mich mühsam auf und setzte mich einen Moment, bis die Sternchen wieder verschwanden und meine Atmung normal funktionierte.
„Geht schon!“, beruhigte ich sie und auch Adam, der mit Liana an seiner Seite in meiner Nähe stand. Professor Schönhuber sah mich erwartungsvoll von der anderen Seite des Raumes an. Ihr Gesichtsausdruck machte mich wütend. Ich stand wieder auf.
„Nicht so schlimm. Lass uns weiter machen!“ Ich wusste nicht genau warum, aber unter dem prüfenden Blick von Professor Schönhuber wollte ich mir keine Blöße geben. Lieber wollte ich hier mit gebrochenen Knochen liegen bleiben, als ihr die Genugtuung zu geben, mich besiegt zu haben. Ich sah ihren Blick und lächelte ihr freundlich zu, als ich den Ball aufhob und die Übung von vorn begann.
Es wurde der längste Vormittag meines Lebens. Trotzdem sich Dorina bemühte, nur wenig Kraft in ihre Bewegungen zu legen, riss sie mich noch etliche Male von den Füßen. Sie entschuldigte sich immer nervöser bei mir, bis sie sich schließlich gänzlich weigerte weiterzumachen. Mit Tränen in den Augen verließ Dorina den Unterricht. Selbst Professor Schönhubers strenger Blick hielt sie nicht davon ab. Ich atmete erleichtert auf und packte ebenfalls meine Tasche.
Mit schmerzenden Gliedern saß ich beim Mittagessen. Stumm beobachteten mich meine Mitbewohner.
„Was ist?“, fragte ich genervt.
„Das geht so nicht, das hat sie mit Absicht getan“, schimpfte Lorenz und sah sich um. Ich folgte seinem Blick, doch Professor Schönhuber saß nicht an ihrem üblichen Platz beim Mittagessen.
„Das musst du Professor Espendorm melden, sie darf keine Studenten foltern.“ Liana schlug energisch mit der Faust auf den Tisch.
„Hat sie ja nicht und deswegen kann ich mich auch nicht beschweren“, erwiderte ich und stand auf. „Was viel schlimmer ist, ist das Dorina wahrscheinlich vergiftet wurde und ich nichts dagegen tun konnte.“
„Bist du sicher,
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