Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
schnappte meine Tasche und warf einen letzten Blick auf mein Heim der letzten Monate. Hier war ich glücklich und traurig gewesen. Erinnerungen an Adam hingen in diesem Zimmer. Ich wandte mich schnell ab, bevor mir die Tränen in die Augen steigen konnten. Noch war ich nicht in Sicherheit, noch konnte ich mich nicht meinem Selbstmitleid hingeben. Es war eine Frage der Zeit, bis sie mich hier suchen würden. Ich zog meine Jacke aus Wingtäubelleder an und verließ das Zimmer. So schnell ich konnte, rannte ich die Treppen hinunter. Der Turm war wie ausgestorben. Eilig und möglichst lautlos lief ich durch die Gänge, bis ich schließlich in den abgelegenen Teil der Burganlage gelangte. Ich verlangsamte meine Schritte und konzentrierte mich nun darauf, die richtigen Gänge und Treppen zu nehmen. Die staubigen Stiegen ähnelten sich.
Ich flüsterte den gewebten Wortzauber und stand vor der Tür nach Italien, vor der Tür in die Freiheit und die Ungewissheit. Ich durfte keine Zeit verlieren, wenn sie mir auf den Fersen waren. Ich spürte das Gleiten meines Körpers durch den Raum und trat in den Sonnenschein eines sich neigenden Tages am Meer. Die Kaffeebar war fast leer, nur wenige Magier saßen an den kleinen Tischen. Möglichst unauffällig stieg ich die enge Treppe bis zum Meer hinab.
Lange lief ich den einsamen Strand entlang, bis ich mir sicher war, das mir niemand folgte und mich auch niemand mehr sehen konnte. Ich verbarg mich hinter einem großen Felsen und sank auf die Knie. Ich war allein, ganz allein. Die Szene in Akkanka drängte sich mir auf. Adam hatte mir nicht geholfen. In dem Moment der Entscheidung hatte er zu lange gezögert. Ich nahm es ihm nicht übel. Ich war Plebejer und wir hatten nie wirklich zusammengehört. Der einzige Trost, der mir blieb, war zu wissen, dass ich sein Leben nicht zerstört hatte.
Es gab im Moment nur einen Weg für mich und der führte mich weg von Tennenbode, von meinen Freunden und weg von Adam. Die verräterischen Tränen konnte ich jetzt nicht mehr zurückhalten, heiß liefen sie meine Wange hinab. Wie sollte ich weiter leben ohne ihn? Er hatte mich so sehr verändert, dass ich nicht wusste, ob ich ohne ihn noch ich selbst sein konnte.
Ich suchte in mir nach dem Funken wenigstens eines hoffnungsvollen Gedankens, der mich dazu brachte aufzustehen und weiter zu fliehen. Die aufziehende Kälte der herannahenden Nacht kroch mir in die Glieder und machte mich müde. Ich würde mich einfach hinlegen und einschlafen, vielleicht wäre dann morgen früh alles vorbei.
Nur einen Moment verweilte ich bei diesem friedlichen Gedanken, dann riss mich der Schreck, dass ich meinen eigenen Tod in Betracht zog wieder zu Bewusstsein. Erschrocken sprang ich auf und begann mich zu bewegen, um die Wärme in meinen Körper zurückzuholen. Noch war die Zeit zu sterben nicht gekommen, ich wollte leben. Eine Sache gab es noch zu tun. Ich musste den Mörder meiner Eltern finden und ich würde mich dafür rächen, dass er mein Leben zerstört hatte. Mir war nie klar gewesen, was für ein starkes Gefühl Rache war. Dieser Gedanke brannte jetzt heiß und glühend in mir und verscheuchte die dunklen Schatten, die sich meiner bemächtigt hatten.
Ich wartete noch eine Stunde, bis sich die Dämmerung herabsenkte und dann erhob ich mich so schnell ich konnte in die Lüfte. So hoch, dass mich die Menschen, die mich sahen für einen Vogel halten würden. Ich kannte den Weg, den Ariel mir gewiesen hatte. Ich flog in östliche Richtung auf das offene Meer zu und verschwand in der Dunkelheit.
Wahrheit und Gefahr
Meine Finger waren kalt, ich spürte sie kaum, als ich endlich den Küstenabschnitt erreichte, den ich gesucht hatte. Der Wind riss an meinen Haaren, als ob er mir sagen wollte, dass ich nicht hierher gehörte. Mit zitternder Stimme sprach ich den Wortzauber und erleichtert sah ich, wie unter mir ein weißer Nebel aufstieg, aus dem heraus sich die Konturen eines riesigen Tempels verfestigten, der weit oberhalb der Steilküste aufragte. Im Dunkel der Nacht wäre er eigentlich nicht zu erkennen gewesen. Mein großes Glück war der zunehmende Mond, der milchig verschwommen durch eine dünne Wolkendecke schimmerte und genug Licht spendete, um die Konturen zu umreißen. Ich ließ mich tiefer sinken, um nach einer Stelle Ausschau zu halten, die für eine Landung geeignet war. Der kleine schmale Landstrich war dicht bewaldet und von einer steilen Küste umgeben. Ich landete auf einem weichen Hügel, der
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