Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
nicht sehr geschickt verheimlicht. Ich musste nur noch warten, ob du weiter kommst als sie.“ Er grinste zufrieden.
„Warum dieser ganze Aufwand? Was wollen sie von mir und was wollten sie von den anderen Mädchen?“, fragte ich aufgebracht.
„Die Mädchen hatten alle nicht das, was ich gesucht habe, aber du hast es und jetzt habe ich dich endlich!“ Baltasar sah mich gierig an.
„Was soll das bedeuten? Was habe ich?“
„Du hast jetzt die einmalige Chance, Teil von etwas Großem zu werden. Jetzt, wo du da bist, steht mir endlich der Weg offen, die Gesellschaft zu heilen und neu zu formen.“ Er breitete die Arme aus und sah mit einem Mal wieder wie der redegewandte Politiker aus, der seine Visionen der Öffentlichkeit präsentierte. Ich sah ihn erschrocken an.
„Sie sind bei der Wahl gescheitert. Ihr krankes Gesellschaftsbild will keiner“, entgegnete ich schroff. Ein Schatten huschte über Baltasars Gesicht. Er ließ die Arme sinken.
„Du verstehst es nicht. Die Wahl sagt nichts. Ein Volk will regiert werden. Die einfachen Magier können das nicht selbst entscheiden. Dafür haben sie nicht die geistige Größe. Ein Volk bracht einen Regenten, der ihm den Weg in die Zukunft zeigt, einen König. So wie es früher einmal war.“ Baltasar faltete seine Hände ineinander und sah mich an wie ein dummes Kind, dass das Offensichtliche nicht begriff.
„Willibald Werner ist Primus und daran können sie nichts ändern. Wie auch?“
„Bald kann ich es ändern, denn jetzt bist du ja da. Dann können wir endlich dem Volk einen König zurückgeben.“ Er sah mich gierig an und mir lief es kalt den Rücken herunter, als ob jemand einen Eimer Eiswasser über mir geleert hatte. Vielleicht war der Tod sogar noch besser, als das, was Baltasar mit mir vorhatte?
„Wir?“, keuchte ich. Er sah mich siegessicher an und nickte gefällig.
„Ja, wir. Wir sind ein magisches Paar, Selma von Nordenach“, sagte er schließlich und nur langsam begriff ich seine Worte und die Dimension ihrer Bedeutung. Ein magisches Paar, das würde bedeuten, er könnte mit meiner Hilfe seine Kräfte vervielfachen, um sich selbst zum König zu machen. Das durfte nicht wahr sein. Niemals! Meine Verwirrung über das, was ich soeben verstanden hatte, war mir offenbar ins Gesicht geschrieben.
„Du weißt, was das bedeutet?“, fragte er langsam. Ich nickte.
„Woher wissen sie das? Ihre Mutter prophezeit doch keine magischen Paare mehr. Eigentlich hat sie es ja ohnehin nie getan. Eigentlich war es ihre Schwester Sedonie.“ Ich beobachtete seine Reaktion auf meine Worte und versuchte ihn einzuschätzen. Sein Blick irrte für einen Moment zornig durch den Raum, doch dann fasste er sich schnell wieder.
„Du kennst dich besser aus, als ich vermutet hatte. Ja, meine nichtsnutzige Schwester. Glücklicherweise ist es mir endlich selbst gelungen, mir die Informationen zu beschaffen, die ich brauchte.“
Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag, aber sie passte in das lückenhafte Bild, das sich vor mir auftat.
„Sie sind in den Tempel eingebrochen und haben die Heilige Jungfrau gezwungen, in der Akasha-Chronik zu lesen und dann haben sie sie einfach umgebracht!“, flüsterte ich entsetzt. Er mochte vielleicht in die Traumwelt gelangen, aber sein Geist war mit Sicherheit nicht rein genug für das Buch der Bücher. Baltasar verstand mich, einen Moment lang ließ er seine gefasste Maske fallen und der wahnsinnige Fanatiker, der in ihm steckte, kam zum Vorschein.
„Ich habe dich unterschätzt, wirklich unterschätzt.“, zischte er und kam näher, bis er mich fast berührte. Mir wurde plötzlich so unnatürlich kalt, dass meine Muskeln blockierten. Ich konnte mich für einige Sekunden nicht mehr bewegen.
„Aber das hätte ich mir eigentlich denken müssen, dass in dir derselbe Drang Unruhe zu stiften steckt wie in deiner Mutter. Sobald du Tennenbode betreten hast, hast du sicherlich gleich damit angefangen, ihr ehrenvolles Werk fortzusetzen.“ Seine Augen blitzten und die Entschlossenheit, die daraus leuchtete, jagte eine neue Welle kalter Schauer über meinen Rücken.
„Was haben sie eigentlich für ein Problem mit meiner Mutter?“, fragte ich verzweifelt.
„Hat dir deine Großmutter nie von ihr erzählt, von uns erzählt. Habt ihr nie gemeinsam in eurem kleinen Kaff gesessen und in rührigen Erinnerungen geschwelgt?“ Die Worte schnitten mir in die Seele. Ein Messer in meinem Fleisch hätte denselben Schmerz
Weitere Kostenlose Bücher