Königsfreunde (German Edition)
dich. Es ist nicht so schwer. Bleib ruhig. Es gibt eine Möglichkeit. Du musst den König warnen, er kann Ludwig aus dem Amt nehmen, ihn verhaften lassen. Dazu musst du bis zu ihm vordringen.«
»Aber sein Zimmer wird bewacht und Ludwig sucht mich!«
»Hör zu. In einem Schloss wie diesem, gibt es geheime Gänge. Sie dienen der Sicherheit des Königs und nur ausgewählte Personen kennen sie. Ludwig gehört zum Glück nicht dazu, der junge König selbst kennt sie auch nicht. Seine Eltern kamen nicht mehr dazu, ihn einzuweihen und vorher war er zu jung, um nicht zu plaudern.«
»Und du kennst diese Gänge? Warum du?«, fragte Clara.
»Später! Pass auf, ich erkläre dir, wie du in das Zimmer des Königs kommst. So kam ich auch nachts zu euch und verschwand auch wieder. Hör zu ...«
Marquard erklärte ihr genau, was sie zu tun und wohin sie zu gehen hatte. Clara lauschte aufmerksam, versuchte jede Kleinigkeit in sich aufzunehmen.
»Kannst du dir das merken?«, fragte Marquard. Clara nickte.
»Aber selbst wenn Ludwig beseitigt ist, dann ist da noch sein Hintermann. Sein eigentlicher Auftraggeber«, sagte sie.
»Ja, aber der König weiß dann wenigstens, was gespielt wird, bevor er ihn noch im Schlaf umbringt«, entgegnete Marquard.
Im Schlaf ...
»Johann, ich muss sofort gehen! Robin ist in Gefahr!«
»Dann geh, mein Kind. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass du unsere letzte Hoffnung bist. Und weihe niemanden ein. Du kannst keinem hier trauen. Das ist ein verdorbenes Nest, voll mit der übelsten Brut. Merk dir das.«
»Wir sehen uns wieder«, sagte Clara und schloss die Luke. Marquards Gesicht verschwand dahinter. Sein letzter Blick zu ihr wirkte nicht, als ob er an ihre Worte glaubte. Wie es wohl war, in so einer Zelle zu sitzen und auf den Tod zu warten?
Schrecklich. Entsetzlich.
Clara hatte nicht das Gefühl, dass Johann diese Strafe verdiente. Er hatte Robin zu ihnen gebracht, damit er weiterlebte. Johann war nicht durch und durch schlecht.
Mit schnellen Schritten lief Clara zum Eingangstor zurück. Der Wärter sah ihr entgegen.
»Wo ist das Tablett? Ich dachte, du brauchst das?«, fragte er.
»Ich fürchte, er hat die Schalen schon kaputt gekriegt!«, sagte Clara. »Wunderbar, das darf ich jetzt ausbaden!«
»Oh, das tut mir leid. Grüß Magdalena von mir. Vielleicht stimmt sie das milde. Sie hat eine Schwäche für mich.« Er lächelte und hielt das Fläschchen hoch. Dann schloss er die Tür auf und ließ Clara hinaus. Sie trabte die Steinstufen nach oben. Jetzt war jede Minute kostbar.
In der Küche wurde sie mit großer Spannung erwartet. Aber Clara drängte zur Eile und bat Magdalena und die Mädchen, ihr zu vertrauen. Sie konnte ihnen nichts sagen, ohne sie in Gefahr zu bringen. Sie bat um eine Öllampe und schärfte ihnen ein, sich nichts anmerken zu lassen.
»Kind, du bist verrückt. Das ist zu gefährlich«, sagte Magdalena immer wieder.
»Wir haben keine Wahl und keine Zeit, andere Pläne zu schmieden«, sagte Clara. »Bitte bringt mich noch bis zu dieser Stelle, von dort gehe ich allein.«
»Wir sind da«, flüsterte Tess an ihrem Ohr. »Da ist der Wandteppich, den du meinst.«
»Danke, Tess«, flüsterte Clara zurück. Sie schaute hinüber zu dem großen, schweren Wandbehang in dem leeren Flur. Darauf hatte jemand eine Landschaft dargestellt. Eine feine Knüpfarbeit. Ein von blühenden Wiesen umsäumter Weg schlängelte sich durch eine ländliche Gegend und verschwand in einem dichten, dunklen Wald. Ob das sogar kein Zufall, sondern viel mehr ein Hinweis war? Vielleicht dienten sämtliche Wandbehänge einem ähnlichen Zweck. Clara huschte vorwärts und tauchte hinter dem Vorhang ab. Tatsächlich hing er nicht direkt an der Mauer, sondern hielt eine Armlänge Abstand ein. Eine schlanke Person konnte sich hinter solch einem Vorhang mühelos verbergen. Clara hob ihre Lampe und tastete die Wand ab. Der Punkt, wo der Weg auf dem Bild auf den Wald traf, lag etwa in der Mitte des Knüpfteppichs. Clara bewegte sich zur Mitte des Vorhangs und betastete die Steine. Ein Knirschen. Sie drückte fester und fast hätte sie geschrien, als die Wand vor ihr nachgab. Clara schlüpfte in die schwarze Öffnung und die Wand schwang wieder an ihren Platz. Schwer atmend vor Aufregung stand sie nun in dem Geheimgang, den Marquard beschrieben hatte. Jetzt fühlte sie sich etwas besser. Hier war sie in Sicherheit und konnte nicht erwischt werden. Nun musste sie nur noch zu Robins Zimmer
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