Königsfreunde (German Edition)
hier sahen die Zellen anders aus. Sie waren komplett verschlossen, schwere Holztüren ließen niemanden in die Verschläge hineinsehen. Es gab lediglich kleine Sichtfenster, die von außen verriegelt waren und Luken am Boden, um Dinge in die Zelle zu schieben. Zum Beispiel ein Tablett mit Essen.
»So, hier ist es«, sagte der Mann. Er schlug zweimal gegen eine der Türen.
»Essen!«, rief er. Dann bückte er sich und entriegelte die Bodenluke. »Stell hin.«
Clara gehorchte und stellte das Tablett auf den feuchten Steinboden. Mit dem Fuß schob der Wärter das Essen hinein und schloss die Luke wieder.
»So, das war’s«, sagte er. »Na komm.«
»Ich soll hier warten«, sagte Clara.
»Wie?«
»Magdalena sagt, diese irdenen Schalen müssen sofort wieder rauf. Da sind schon zu viele von weggekommen. Sie ist ziemlich sauer deswegen.«
Der Wärter kniff die Augen zusammen.
»Ich kann dich hier nicht allein rumstehen lassen und ich muss zurück zum Tor.«
»Ich bleibe hier an der Wand. Ich rühre mich nicht weg. Ich verspreche es«, sagte Clara und verschränkte die Arme auf dem Rücken. Der Wärter zögerte, aber ihn lockte wohl der Schnaps in seiner Tasche.
»Gut, aber bleib genau da. Und fass hier nichts an.« Er drehte sich um und ging zügig davon. Er konnte es wohl nicht erwarten. Clara sah, wie er im Gehen in seine Tasche griff. Eine Minute etwa blieb sie noch so stehen, dann huschte sie mit klopfendem Herzen nach vorn und zog den kleinen Riegel des Sichtfensters zurück. Sie klappte die Luke auf und ein vergittertes Fensterchen kam zum Vorschein. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen.
»Johann«, flüsterte sie. »Ich bin es! Clara!«
Erst geschah nichts, dann hörte sie Schritte. Kurz darauf schaute Marquards Gesicht zu ihr heraus.
»Clara, du bist es wirklich? Was ist mit dem König? Lebt er noch?«, fragte Marquard.
»Ja, er lebt!«
»Dem Himmel sei Dank!« Marquard schielte um die Ecke, so gut das aus seiner Stellung heraus ging. »Sind wir allein?«
»Ja, zumindest kurze Zeit«, flüsterte Clara.
»Hör mir gut zu, Clara. Sie wollen den König umbringen. Nicht nur er ist auf eine Intrige reingefallen, wir auch. Wir waren verdammte Spielfiguren! Ich bereue alles so sehr, ich kann es dir nicht sagen. Ich bin ein schlechter Mensch. Ich verdiene, was jetzt geschieht. Aber du, du kannst ihn noch retten.«
»Wer ist es? Wer will ihn töten?«
»Ich fürchte, es ist jemand von der Wache. Ludwig. Ich weiß nicht, wer mit im Boot ist. Salentin vielleicht. Als der König überraschend zurückkam, tat Ludwig etwas sehr Kluges. Er brachte alle sofort in den Kerker, ohne dass sie sich äußern konnten. Ihnen wurde das Wort abgeschnitten. Nur zwei Stunden später hatte er schon unterschriebene und besiegelte Todesurteile dabei. Ohne dass jemand verhört wurde. Der König hätte das nie ohne Anhörung unterschrieben.«
»Er hat die Urteile gefälscht?«, fragte Clara.
»Ja, muss er eigentlich! Meines hat er auch schon gebracht. Ich werde morgen Abend gehängt.«
Clara sog die Luft ein. Nein! Das hatte Robin niemals verfügt.
»Und jetzt überleg mal. Wenn wir alle tot sind und dem König auch etwas zustößt ... dann sind alle Steine aus dem Weg. Er hat einen Plan, da geht was vor sich. Da er nur ein Wachmann ist, arbeitet er wahrscheinlich für jemanden. Aber Ludwig wird den König ermorden, wenn er kann.«
»Ich habe die Nacht bei Robin verbracht und jemanden im Zimmer gesehen!«, sagte Clara und dämpfte erschrocken ihre Stimme. Sie sprach zu laut.
»Das war ich«, sagte Marquard. »Ich sah dich und wusste, du würdest schreien, also zog ich mich zurück. Ich wollte eigentlich den König warnen, aber das hast du vereitelt. Danach musste ich wieder fort, beschattete ihn aber, so gut es ging. Bis ich einen Fehler machte und glaubte, Ludwig sei gerade nicht da. Ich denke, er hat mit mir gerechnet und mit seinem Attentat auf diesen Moment gewartet. So konnte man glauben, ich hätte den Dolch geworfen. Und auch ich wurde ausgeschaltet, bevor ich etwas sagen konnte. Danach wurde ich direkt isoliert und morgen bin ich tot. Er beseitigt alle, die reden oder im Weg stehen könnten.«
»Aber ... was kann ich tun?«, fragte Clara. Ja, er war auch hinter ihr her gewesen. Ihre Eltern! Er konnte Jakob und Nesa ... ein Schluchzen kam aus Claras Brust. Das war zu viel für sie. Sie war erst vierzehn und in diesem Moment fühlte sie sich auch so. »Er tut vielleicht meinen Eltern was an!«
»Clara, beruhige
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