Königsfreunde (German Edition)
Verbände ab und schaute sich die Wunden an. Sie zog seine Augenlider hoch. Dann presste sie den Daumen auf seine Brust und ließ schnell wieder los.
»Schlecht durchblutet«, sagte Alberic. Irina nickte.
»Man hat seine Majestät vergiftet«, sagte sie. »Ich vermute ein Wandergift. Es ist über die Wunden in den Körper gelangt. Sehr wahrscheinlich durch eine vergiftete Waffe. Seht ihr die Wundränder? Diese Wunde hier ist älter und sieht deutlich anders aus. Die gelbliche Färbung an den frischen Wunden deutet auf Gift hin. Wie ist das passiert?«
»Seine Majestät wurde im Schwertkampf verwundet«, sagte Salentin von der Tür aus, wo er Stellung bezogen hatte. Sein Blick ruhte misstrauisch auf den Fremden, die seinem König so nahe kamen.
»Dann hat sein Gegner Gift auf die Waffe gestrichen«, sagte Irina. Sie nahm ihre Tasche und suchte etwas darin. Sie entnahm ihr eine kleine Holztruhe und stellte sie auf den Nachttisch.
»Was tust du da?«, fragte Salentin.
»Ich verabreiche seiner Majestät zunächst ein allgemeines Mittel zur Entgiftung und Stärkung. Damit wird sich die Ausbreitung des Giftes hoffentlich verlangsamen«, sagte Irina und nahm ein kleines Fläschchen aus ihrem Kasten. Sie träufelte etwas davon in Robins Mund. Robin schien nichts davon mitzubekommen. Er lag mit geschlossenen Augen da und atmete angestrengt.
»Um welches Gift handelt es sich?«, fragte Nesa. »Könnt ihr das sagen? Es ist nichts, was ich kenne oder je gesehen habe und ich kenne auch viele Giftpflanzen.«
»Gifte sind Irinas Gebiet«, sagte Alberic. Irina legte Robin die Hand auf die Stirn, dann betastete sie seinen Hals.
»Es ist jedenfalls etwas sehr Seltenes. Die Vergiftungszeichen sprechen für weißgetupfte Blauwurzel. Wirklich, sehr rar. Probleme beim Atmen, Ohnmacht, bleiche Haut, ein kalter Körper, verlangsamter Herzschlag. Die kleinen blauen Flecke hier sind aber besonders bezeichnend. Es bilden sich kleine Blutergüsse im Körper seiner Majestät. Das Gift wandert, bis es alle Organe erreicht hat und verliert nichts von seiner Giftigkeit unterwegs. Wir brauchen ein Gegengift. Seine Majestät wird sonst unter großen Qualen sterben. Ich bin sicher, dass seine Majestät Schmerzen hat.«
»Hast du das Gegengift?«, fragte Salentin.
»Nein«, sagte Irina. »Wer immer seine Majestät vergiftete, tat dies mit Schläue. Denn die weißgetupfte Blauwurzel ist in unserem Land nicht heimisch. Und das Gegengift ist extrem aufwändig zu gewinnen. Es lässt sich ausschließlich aus der Blüte der Blauwurzel extrahieren und das auch nur im Frühjahr. Ein Fläschchen mit Gegengift dürfte den Wert eines Hauses haben. Allein der Aufwand und der Transportweg bis zu uns ... niemand kann das bezahlen.«
»Wir brauchen es aber!«, sagte Salentin, und seine Stimme verschärfte sich. »Wie lange würde es dauern, das zu besorgen? Die Kosten spielen keine Rolle.«
»Zu lange«, sagte Irina. »Mehrere Wochen.«
»Wie viel Zeit bleibt ihm noch?«, fragte Jakob.
»Ich denke, etwa zwei Stunden«, sagt Irina. »Es tut mir leid, dass ich nichts anderes sagen kann.«
Clara sprang auf. »Ich lasse nicht zu, dass er stirbt. Auf gar keinen Fall. Wir müssen es einfach versuchen!«
»Das hat keinen Sinn, mein Kind«, sagte Irina. »Wir müssen jetzt besonnen bleiben und nachdenken. Wir geben ihm das Entgiftungsmittel, das verschafft uns vielleicht eine weitere Stunde.«
»Was wäre passiert, wenn Ludwig sich selbst geschnitten hätte? Wäre er dann gestorben?« Clara sah ihre Eltern aufgeregt an. »Es ist doch klar, dass er das Gegenmittel irgendwo hat!«
»In der Tat!«, rief Salentin. »Ludwig sitzt im Kerker. Wir befragen ihn. Zur Not ordne ich die Folter an. Seine Räumlichkeiten werden auf der Stelle durchsucht. Die Ärztin soll der Durchsuchung beiwohnen, um das Gegengift zu bestimmen, wenn etwas gefunden wird.« Er machte auf dem Fuß kehrt und ging hinaus. Irina stand auf.
»Bleibst du hier? Gib seiner Majestät die Tropfen, bis ich zurück bin.«
»Irina, du gehst nicht in den Kerker. Haben wir uns verstanden?«, sagte Alberic.
Irinas Blick wurde hart. »Ich suche das Gegengift in den Gemächern von diesem Ludwig, falls du nicht zugehört hast.« Sie lief Salentin hinterher, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Nesa und Clara schauten ihr irritiert hinterher.
»Ich werde Salentin auch begleiten. Bleibt ihr bei Robin«, sagte Jakob. »Das war eine gute Idee von Clara. Es ist noch nicht vorbei.«
»Wer ist Ludwig
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