Königsfreunde (German Edition)
Rudolf, Heinrich und ein paar weitere Männer kämpften mit ihnen. Nur ihre Mutter stand noch oben und der Wagen hatte den Platz vor dem Galgen erreicht. Wie von Sinnen kämpfte sich Clara den Weg frei. Über die Köpfe der Leute hinweg sah sie, wie man Nesa losband. Vier Männer hielten sie, und obwohl sie sich aufbäumte und um sich schlug, war sie ihnen völlig unterlegen. Sie wurde gepackt und auf die Plattform gezerrt.
»Mutter!«, schrie Clara. »Neiiiiiin! Lasst sie, ihr Schweine! Lasst meine Mutter los!« Sie schlug dem Mann neben sich, der sie an den Schultern gefasst hatte, die Faust in den Magen und stürzte nach vorn. Gleich würden sie ihrer Mutter einen Strick um den Hals legen und dann brauchte man nur noch den Hebel zu ziehen ...
Clara glaubte, den Verstand zu verlieren. In ihr zerbrach etwas, es gab jetzt keine Schranken mehr. Clara wurde zu einer rasenden Furie, als sie durch die letzten Reihen der Menschen nach vorne pflügte. Hinter sich hörte sie ihren Vater den Namen ihrer Mutter schreien. Es war ein entsetzlicher Ton.
»Ich muss da rauf«, kreischte Clara, als sie das Podest erreichte. »Helft mir, verdammt. Hebt mich hoch!« Sie spürte, wie tatsächlich Hände sie erfassten und hochhoben. So, wie fremde Hände sie vorher von dem Wagen fortgetragen hatten. Clara zog sich auf die Plattform und rappelte sich auf. Der ganz in schwarz gekleidete Henker war hinter ihre Mutter getreten, die Männer hielten sie fest. Clara sprang den Mann an und schlug ihre Zähne in seine Hand. Sie umklammerte seinen Arm und biss zu, so fest sie konnte. Der Mann schrie unter seine Kapuze und ließ den Strick fallen. Starke Hände packten Clara und rissen sie von ihrem Widersacher fort, der seine malträtierte Hand schüttelte.
»Hängt sie beide auf! Verdammtes kleines Biest!«, stöhnte er. »Bringt sie her zu mir! Die Kleine zuerst.«
»Finger weg von meiner Tochter!«, schrie Nesa. Die Hände der Soldaten hielten Clara rechts und links an den Armen, dass es schmerzte und banden ihr die Hände auf den Rücken. Weder konnte sie beißen, noch wirklich um sich treten, als man sie zum Galgen zerrte. Die Menge grölte und schrie um sie herum, Metall schlug aufeinander und Clara vernahm das Trappeln von Pferdehufen.
Sie warf den Kopf herum, um zu sehen, was dort war, als sich vor ihren Augen etwas herabsenkte. Dann legte sich der Strick um ihren Hals und zog sich fest. Clara wusste, dass sie auf einer Falltür stand, die sich gleich unter ihr öffnen würde. Robin! Sie sah Hoheit, der sich mit seiner breiten Pferdebrust einen Weg durch die Menge bahnte. Wo ein normales Pferd von dem ganzen Lärm in Panik verfallen wäre, pflügte Hoheit die Menschen einfach beiseite.
»Macht Platz für den König!«, schrie eine Männerstimme. Robins Pferd erreichte den Galgen und er stieg direkt vom Pferderücken auf die Plattform.
»Junge, verschwinde!«, rief der Henker ihm zu. »Du hast hier nichts zu suchen.«
Clara fühlte sich auf einmal ganz ruhig. Merkwürdig. Ihre Angst war fort. Robin kam zu spät, um ihr noch zu helfen, aber ihre Eltern würde er retten. Ihre Mutter schrie, weil Claras Leben jetzt zu Ende war, aber Nesa würde nichts geschehen. Und das war alles, was noch für sie zählte. Sie sah, dass der Henker den Hebel umlegte und fühlte, wie sie den Boden unter den Füßen verlor.
Arme schlangen sich um ihren Leib. Robin hatte sie um die Taille gefasst und trug sie im Arm. Ihre Füße baumelten über dem tödlichen Abgrund.
»Junge, hör auf! Was soll das?«, rief der Henker. »Und was ist mit euch los? Warum tut ihr nichts?«
»Das ist der König«, sagte einer der Soldaten. »Wir können doch nichts gegen den König unternehmen ...«
Salentin kam über den Boden zu der Falltür gelaufen und packte Clara. Er hob sie hoch, aus Robins Armen und fort von dem Loch im Boden.
»Ich hab dich«, sagte er. »Alles ist gut.« Clara starrte ihn benommen an. Salentin nahm den Strick von ihrem Hals und durchtrennte ihre Fesseln, dann wandte er sich Nesa zu, um sie zu befreien. Robin stand zitternd vor ihr. Er sah leichenblass aus, blutete aus mehreren Wunden.
Das löste die Starre, die von Clara Besitz ergriffen hatte. Sie schaute sich nach ihrer Mutter um, die, von den Fesseln befreit, mit zwei Schritten neben ihr war und sie heftig in die Arme schloss.
»Bist du verletzt, mein Kind? Ich hätte sie alle umgebracht, wenn ich gekonnt hätte. Ich war kurz davor, Menschen umzubringen. Ich ...«
»Es ist gut,
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