Königsfreunde (German Edition)
konnten ihn nicht liegen lassen. Er kann sich nicht mehr erinnern, was passiert ist, aber er war unterwegs in einer Gruppe von Wanderarbeitern, die überfallen wurden. Man hat ihn gefesselt und niedergeschlagen.«
Nesa nickte zu diesem Vorschlag. Es gab keinen Grund, an dieser Geschichte zu zweifeln, wenn Robin nichts verriet.
»Aber rede erst noch mal mit ihm. Das ist sicherer.«
Robin riss die Augen auf. Dunkelheit umgab ihn. Er zitterte. Wo war er? Er wagte nicht, sich zu bewegen, obwohl er ahnte, dass ein Alptraum ihn verschreckt hatte. Noch vor Sekunden hatte Marquard sich über ihn gebeugt. Er hatte in seinem Bett gelegen und plötzlich war die schwarze Gestalt neben ihm aufgetaucht, um ihn zu erwürgen. Robin lag reglos da und atmete flach. Er befand sich bei dieser Bauernfamilie. Es fiel ihm jetzt wieder ein. Aber obwohl sein Geist langsam in die Wirklichkeit zurückkehrte, ließ die Angst noch nicht nach. Das Mondlicht schien durch das Fenster und fiel auf sein Lager. Jemand hatte ihn zugedeckt. Er erinnerte sich, eingeschlafen zu sein. Inzwischen war es Nacht geworden und er hatte geträumt, nur geträumt.
Robin sah sich vorsichtig um. Neben seinem Bett stand etwas. Ein flacher Schemel. Er richtete sich auf und erkannte im blassen Mondlicht einen Teller, auf dem etwas lag. Langsam streckte er die Hand aus und griff danach. Es war eine Brotscheibe. Robin roch daran und sein Magen knurrte sofort. Es kam ihm ewig vor, seit er zuletzt gegessen hatte. Hungrig biss er hinein. Das Brot war mit Butter bestrichen und es schmeckte überraschend gut. Robin aß das Stück Brot auf und nahm sich den Becher, der neben dem Teller stand. Er probierte vorsichtig. Das Gefäß enthielt Milch. Auch die zweite Scheibe Brot war schnell verzehrt. Dazu trank er die Milch und stellte den Becher zurück auf den Schemel. Robin legte sich wieder auf sein Lager. Eigentlich musste er über seine Lage nachdenken, aber das Sättigungsgefühl, das sich in ihm breit machte, wirkte schon wieder einschläfernd. Ganz still lag er da und lauschte dem Zirpen der Grillen. Obwohl er auf Stroh ruhte und die Halme durch die Laken spürte, kamen ihm das Gefühl und der Geruch seltsam vertraut vor. Fast beruhigend, obwohl er noch nie auf Stroh gelegen hatte. Seine Lider schlossen sich. Dann glitt er in den Schlaf hinüber.
Eine Hand legte sich auf ihn und Robin zuckte zusammen. Helles Licht drang in seine Augen.
»Ganz ruhig, ich bin es.« Robin hörte die Stimme der Bäuerin. Ihre Hand strich über seine Stirn. Sie fühlte sich warm an. Und ungewohnt. Robin hatte fast vergessen, wie sich menschliche Haut anfühlte. Seit Jahren, so schien es ihm, hatte niemand ihn mehr angefasst. Außer Marquard, der ihn grob gepackt und gefesselt hatte. Die Hand der Frau war sanft und tat ihm nicht weh. Trotzdem war es so fremd, dass er zurückschreckte.
»Ich wollte dich nur zum Frühstück wecken«, sagte sie. »Es ist alles in Ordnung.«
Robin schwieg. Er wusste nicht, was er antworten sollte. Diese Art des Umgangs mit ihm entzog sich jedem Protokoll, das er gewöhnt war. Es gab keine Regeln, nach denen er antworten konnte. Die Bäuerin stand auf und ging zu dem gedeckten Tisch, an dem schon das Mädchen saß, das ihn am Vortag so respektlos angeschaut hatte. Robin überlegte, was er nun tun konnte. Einfach zu diesen Leuten zu gehen, kam nicht in Frage. Sich zu verweigern war angesichts der Umstände strategisch ungünstig. Er beschloss, sich erst einmal zu waschen und dann ein Gespräch zu beginnen, um das weitere Vorgehen zu klären. Er musste zurück an den Hof und die Verräter stellen. Und das so schnell wie möglich.
Als Robin wieder hereinkam, deutete Jakob auf die Sitzbank am Tisch. Aber der Junge blieb stehen und machte keine Anstalten, Platz zu nehmen.
»Willst du nicht mit uns essen?«, fragte Jakob und Clara schielte neugierig nach dem neuen Familienzugang.
»Ich muss zurück«, sagte Robin. »Es gibt Verräter am Hof. Ich muss sie stellen und verurteilen. Ich kann unmöglich noch hierbleiben, während sie die Macht an sich reißen.«
Jakob musterte ihn eine Weile.
»Lass uns beim Essen darüber reden. Komm, setz dich zu uns.« Er machte eine auffordernde Geste. Etwas zögerlich ging Robin zu der Holzbank und setzte sich. Er wirkte beinahe verloren am Tisch, und Nesa stellte ihm schnell sein Frühstück hin, das sie warmgehalten hatte.
»Iss etwas.« Sie sah ihn freundlich an, aber Robin betrachtete erst Nesa und dann
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