Königsfreunde (German Edition)
verächtlich.
»Nein. Ich will Eure Zusage, meinen Bedingungen zuzustimmen. Andernfalls kann ich keine Verantwortung für Euch übernehmen.«
Robin sah ihn an, fragte aber nicht weiter. Wahrscheinlich erwartete er, dass Jakob unaufgefordert sprach. Nachzufragen war wohl unter der Würde eines Königs.
»Wir können nicht mit Euch umgehen oder mit Euch reden, wie Ihr es von Eurem Stand her gewöhnt seid. Für die Zeit in meinem Haus müsst Ihr Euch wie ein normaler Bauernjunge verhalten. Ihr müsst so sprechen und Euch kleiden wie einer von uns. Das wird Euch nicht behagen, aber es dient Eurer Sicherheit«, erklärte Jakob. Robin schwieg ein paar Sekunden. Zu Jakobs Überraschung sagt er dann: »Ich stimme Euch zu. Für eine kurze Übergangszeit wird es wohl so sein müssen. Ich werde so schnell wie möglich herausfinden, was im Schloss vor sich geht und wer die Verräter sind. Bis dahin muss ich mich verbergen. Nur woher weiß ich, dass Ihr es ehrlich meint?«
»Das wisst Ihr nicht. Aber ich riskiere auch die Sicherheit meiner Familie, wenn ich Euch helfe. Das muss Euch als Pfand reichen.«
In Robins Gesicht arbeitete es. Jakob konnte den Zwiespalt nachvollziehen. Der Junge stand unter unglaublichem Druck. Die Last auf seinen Schultern war zu groß, und Jakob empfand Mitleid für ihn.
»Ich akzeptiere Euren Vorschlag«, sagte Robin. »Unter Vorbehalt.«
Jakob lächelte.
»Dann sei willkommen in unserer Familie, Robin.«
Bei diesen Worten zuckte Robin zusammen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich aber anders.
»Du gewöhnst dich daran«, sagte Nesa aus ihrer Ecke und rückte einen großen Kessel über dem Feuer zurecht.
»Es fällt mir schwer, das zu glauben«, sagte Robin. »So respektlos hat man mich noch nie angesprochen.«
»Das ist nicht respektlos«, sagte Jakob. »Es ist freundlich. Formlos heißt nicht, ohne Respekt.«
»Ich benötige keine Belehrungen«, sagte Robin abweisend.
Clara warf ihm einen tadelnden Blick zu und Robin erwiderte ihn, anscheinend in der Erwartung, dass sie den Blick senkte, aber das tat sie nicht.
»Weißt du, was wir jetzt machen?«, sagte Nesa in fröhlichem Ton. »Ich richte dir ein heißes Bad. Das wird dir guttun. Clara hat dir Kleidung für den Übergang rausgesucht. Wir können dir später im Dorf etwas kaufen, das dir besser passt. Ich sehe mal nach dem Wasser.« Nesa legte das Leinentuch beiseite, mit dem sie die Arbeitstische abgewischt hatte und verschwand durch die Hintertür.
Robin stand allein in dem kleinen Raum, der zum Wäschewaschen gleichermaßen genutzt wurde wie zur Körperpflege. Das vermutete er nur, denn Robin hatte keine Ahnung, was das für Gerätschaften waren, die dort herumlagen und wozu sie dienten. Die Bäuerin hatte ihm Seife und frische Kleider gegeben. Der Widerstand regte sich nach wie vor in ihm. Es widerstrebte ihm, dass diese einfachen Leute ihn mit seinem Vornamen anredeten. Das war eine Unverfrorenheit, die man kaum in Worte fassen konnte. Robin atmete tief durch. Er war der König. Und er würde diese Prüfung souverän meistern. Er konnte seine Würde nicht verlieren, indem er sich in einem Kriegszustand unüblich behandeln ließ, um sich vor dem Feind zu verbergen. Das leuchtete ihm ein. Robin streckte die Hand ins Wasser und prüfte die Temperatur. Es erschien ihm genau richtig und wenn er ehrlich war, konnte er es kaum erwarten, aus seinen verstaubten, verschwitzten Kleidern herauszukommen.
Er zog sich aus, ließ die Kleider achtlos zu Boden fallen und stieg in die einfache, aber blank gescheuerte Badewanne. Seufzend schloss er die Augen und ließ sich bis zum Kinn in das wohltuend heiße Wasser sinken. Die Bäuerin musste etwas in die Wanne gegeben haben, denn das Badewasser duftete nach Kräutern. Robin versuchte sich zu entspannen. Diese Menschen, denen Marquard ihn übergeben hatte, schienen auf den ersten Blick keine bösen Absichten zu haben. Natürlich konnte er das nicht sicher sagen. Marquard hatte ihn ungeplant hier abgeliefert, denn eigentlich lautete sein Auftrag, ihn zu töten. Also konnten sie nichts von ihm gewusst haben und es war ausgeschlossen, dass sie jetzt schon Kontakt mit einem feindlichen Herrscherreich aufgenommen hatten, um ihn für viel Geld auszuliefern. Aber das konnte trotzdem noch geschehen. Jeder war käuflich. Sogar Marquard. Robin fühlte eine schwere Enttäuschung, wenn er an Marquard dachte. Dabei war Enttäuschung nicht mal das richtige Wort. Das hier war mehr.
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