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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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sah!«
    »Tatsächlich, er schäumte. Als der Rat sich am achten Februar erneut versammelte, unter Vorsitz des Königs, sah Ludwig zu
     seiner Verblüffung vor sich den Kardinal Du Perron auftauchen, die Kardinäle de Sourdis und de La Rochefoucauld zur Seite,
     die wiederum mehrere Bischöfe im Gefolge hatten, darunter den wütenden Charles Miron, Bischof von Angers, und einige Adlige,
     unter die ich mich aus Neugier mischte, um dieser Sitzung beizuwohnen. Kaum eingetreten, spieen die Prälaten Feuer und Flammen
     und sprachen mit erschreckender Respektlosigkeit zum König: es stünde weder den Ständen noch dem Parlament, noch dem König
     zu, über diesen ersten Artikel zu entscheiden. Der einzige Richter hierüber sei die Kirche. Sie baten nicht, sie forderten,
     daß der am dritten Februar gefaßte Erlaß des Königlichen Rates für ungültig erklärt werde. ›Wenn man dieser Forderung nicht
     nachkommt‹, sagte Kardinal Du Perron, ›wird die Geistlichkeit die Generalstände verlassen und Exkommunikation und Bannfluch
     über jene verhängen, die sich ihrer Doktrin entgegenstellen, so daß sie auf ewig den Qualen der Hölle verfallen!‹ … Charles
     Miron setzte den furchtbaren Drohungen noch eins drauf und erklärte, gleichsam mit Schaum vor dem Mund, weder er noch seinesgleichen
     werde den Ratssaal verlassen, bevor der Erlaß nicht vor ihren Augen zerrissen würde.«
    Bleich und stumm wohnte Ludwig dieser entfesselten Heftigkeit bei, die sich offen gegen seine Autorität richtete, ohne Achtung
     vor seiner Gegenwart, seiner Person.
    Condé wollte sprechen, aber als er anhob, fuhr ihm der Kardinal de Sourdis gröblichst über den Mund.
    »Monsieur«, sagte er, »bei Eurer Religion habt Ihr in dieser Sache gar nicht mitzureden. 1 Im Namen der gesamten Geistlichkeit lehne ich Euch ab!«
    »Ihr lehnt mich ab?« sagte Condé, baff, daß ein Priester, sei er auch Kardinal, es wagte, sich in solchen Begriffen an den
     Ersten Prinzen von Geblüt zu wenden. »Erlaubt, ich bitte doch, …«
    Er kam zu keinem weiteren Wort. Ludwig erhob sich, trat |308| eilends zu Condé und sagte in dringlichem Ton: »Monsieur, bitte, sprecht nicht weiter!«
    Dann wandte er sich an die anderen Räte, aber ohne Du Perron und seine Prälaten auch nur eines Blickes zu würdigen, und setzte
     hinzu: »Da sie den Herrn Prinzen ablehnen, möchten sie wohl auch mich ablehnen.«
    Sprach’s, grüßte den Rat, bedeckte sich und ging Mittag essen.
    * * *
    Ich sah Ludwig am folgenden Tag wie gewöhnlich in seiner Waffenkammer unter dem Vorwand, unsere Geschwindigkeit im Auseinandernehmen
     und Zusammensetzen seiner ›dicken Vitry‹ zu messen. Das Ergebnis war keine Überraschung, obwohl ich bereits Fortschritte gemacht
     hatte. Ich wandte aber der Sache auch nicht die nötige Aufmerksamkeit zu, weil ich gespannt war, welche Fragen der König mir
     stellen wollte.
    »Sioac
«,
sagte er endlich, »hatte mein Vater noch Ärger mit dem Vatikan, nachdem er vom Papst losgesprochen worden war?«
    »Ja, Sire, zweimal. Einmal, nachdem der junge Châtel 1594 versucht hatte, ihn zu ermorden. Da Châtel von den Jesuiten erzogen
     worden war und deren Einfluß auf ihn nachgewiesen werden konnte, machte das Parlament ihnen den Prozeß, ein Pater wurde gehängt
     und die Gesellschaft aus dem Reich verbannt. Der Papst entrüstete sich und machte Eurem Vater deshalb heftige Vorwürfe.«
    »Und das zweitemal?«
    »Im Januar 1610, fünf Monate, bevor Euer königlicher Vater durch Ravaillacs Messer fiel. Der Papst verdammte wie so oft gewisse
     Bücher, die folglich bei Strafe der Todsünde nicht verkauft, nicht gekauft und nicht gelesen werden durften. Unter diesen
     verdammten Büchern war auch die Anklageschrift des Antoine Arnauld gegen die Jesuiten. Bemerkenswert dabei war aber, daß der
     Vatikan nicht nur diese Anklageschrift verdammte, was strenggenommen mit dem päpstlichen Wunsch erklärt werden konnte, die
     Jesuiten in Schutz zu nehmen, sondern ebenso ihre anhängigen Stücke. Und unter diesen, Sire, war das vom Pariser Parlament
     gegen Châtel verhängte Todesurteil.«
    |309| »Wie?« fragte Ludwig erregt, »ist das wirklich wahr?«
    »Ich war zugegen, Sire, als der König dem apostolischen Nuntius deshalb bittere Vorwürfe machte. Euer königlicher Vater war
     außer sich.«
    »Warum?«
    »Weil er genau wußte, daß der Papst mit allen Mitteln seinen Krieg gegen die Habsburger zu verhindern versuchte, und weil
     die Tatsache, daß ein

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