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Königskind

Königskind

Titel: Königskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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König
     zu Reims Ehre macht! Ich hab ihn gesehen, wie ich Euch sehe, als er am dreizehnten August zu Vincennes den Grundstein zu seinem
     Wohnhaus gelegt hat, und es war allerliebst, wie der Kleine den Mörtel aus einem Silberbecken gelangt und mit seiner kleinen
     Kelle aufgestrichen hat, geschickt wie ein Maurergeselle! Dann ist er ohne Hilfe seines Stallknechts in den Sattel gesprungen,
     hat vor uns allen tief seinen Hut geschwenkt und ist losgaloppiert. Ha, Herr Marquis, das hättet Ihr hören sollen! Das Volk
     hat gejubelt und geklatscht, daß ein Tauber hörend werden konnte, halb lachend, halb weinend, mir sind auch die Tränen gekommen.«
    »Und warum, Toinon?« fragte mein Vater, den die Erzählung gerührt zu haben schien.
    »Weil alle an seinen Vater gedacht haben und daß es noch lange dauern wird, bis der Sohn groß genug ist, die italienischen
     Blutsauger aus Frankreich zu verjagen.«
    Ich weiß nun nicht, ob Toinon zu diesen Blutsaugern auch die Königin rechnete. Gleich nach dem Tod des Königs hatte die Regentin
     einige Sympathie beim Volk gewonnen, weil sie die Steuern abschaffte, die Henri uns für seinen Krieg gegen die Habsburger
     auferlegt hatte. Aber da sie diese Steuern wenige Monate später wieder einführte, um ihrer irrwitzigen Verschwendung zugunsten
     der Concinis zu frönen, wurde die Regentin von den Parisern wohl kaum mehr geschont. Denn just zu dieser Zeit begann man auf
     Plätzen und Gassen zu flüstern, man sollte ›die Göttin ins Meer werfen mit ihrem
Anker
am Hals‹.
    |45| Mein Vater scheute sich sehr vor der Ausgabe und erwog mit La Surie lange das Für und Wider, bevor er sich überwand, Luc als
     Gärtnergehilfe und Maler einzustellen. Weil diese Beratungen jedoch ergaben, daß außer unserer Kutsche auch die Türen, Fenster
     und Fensterläden sowohl unseres Pariser Anwesens wie auch unseres Landsitzes Le Chêne Rogneux und des Gutshauses von La Surie
     seit langem der Farbe bedurften, damit das Holz nicht faulte, schlug die Waage für Luc aus, und als wir, zwei Tage vor dem
     Hof, nach Reims aufbrachen, erstrahlte unsere Karosse in einem Glanz, daß sogar der Straßenkot ihn nicht zu trüben vermochte.
    * * *
    Die Etikette erforderte es, daß meine liebe Patin bei Hof »die verwitwete Herzogin von Guise« genannt wurde, um sie von ihrer
     Schwiegertochter zu unterscheiden, der regierenden Herzogin von Guise und Gemahlin ihres ältesten Sohnes Charles. Doch so
     sehr sie diese Benennung haßte, die, wie sie sagte, ›sie älter machte, als sie war‹, berief sie sich laut und vernehmlich
     darauf, als es darum ging, für die Reise von Paris nach Reims in der Karosse der Königin Platz zu nehmen, eine Ehre, die die
     anderen Prinzessinnen von Geblüt in Anspruch genommen hätten, wäre meine liebe Patin ihnen nicht mit aller Entschiedenheit
     und Autorität zuvorgekommen.
    Dies war aber nur eine der kleinen Zwistigkeiten, zu denen Ludwigs Salbung den Anlaß gab, der größte Streit entspann sich
     zwischen dem Prinzen Condé und dem Kardinal de Joyeuse, welcher sich dagegen verwahrte,
nach
dem Prinzen Condé von dem kleinen König zum Ritter vom Heiligen Geist ernannt zu werden, weil Kardinäle protokollgemäß vor
     den Prinzen von Geblüt rangierten.
    Dies war in der Tat die Regel. Aber die Königin verletzte sie ohne den mindesten Takt, denn sie hatte vor dem Kardinal de
     Joyeuse weniger Angst als vor Condé, der ihr drohte, den Hof zu verlassen und Truppen gegen sie aufzubieten. Und sie verletzte
     diese Regel zur großen Entrüstung des Hofes abermals, als der neue Marquis von Ancre sich anmaßte, während der Zeremonie vor
     Bellegarde gehen zu wollen, der immerhin Herzog war und Pair.
    Wie ich hörte, setzte sich der Hof am zweiten Oktober nach |46| Reims in Fahrt, und zwar bei einer Hitze, die für die Jahreszeit ungewöhnlich war. Dementsprechend groß war das Gedränge von
     Kutschen und Karren in der Stadt, so daß man fünf Stunden brauchte, nur um aus Paris hinauszukommen. Wir selbst, mein Vater,
     La Surie und ich, waren bereits zwei Tage vorher abgereist, weil wir meinten, wenn wir gleichzeitig mit jener langen Karawane
     aufbrächen, würden wir an den Stationen kein Zimmer mehr finden, es sei denn schmutzig, verlaust, verwanzt und überteuert,
     noch auch das kleinste Stück Braten auf dem Teller und Streu und Hafer für unsere Pferde oder einen Hufschmied, sie zu beschlagen.
     Ganz zu schweigen von der Unbequemlichkeit, im Schrittempo in einem

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