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Königskinder (German Edition)

Königskinder (German Edition)

Titel: Königskinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Fischer
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knapp unter den 29000 Personen, die während des Ersten Weltkriegs interniert wurden.
    Den 2543 Internierten, achtzig Prozent von ihnen Juden, die sich auf der Dunera unterwegs nach Australien befinden, hilft das nicht mehr, denn die australische Regierung ist unter keinen Umständen bereit, die Männer nach ihrer Ankunft freizulassen. Als die Abgeordnete Eleanor Rathbone Herbert Morrison, der Sir John Anderson als Innenminister abgelöst hat, im britischen Unterhaus fragt, ob er mit ihr übereinstimme, dass es eine Vergeudung sei, hochqualifizierte Männer in Australien wegzusperren, antwortet Morrison: «Diese Frage müssen Sie dem australischen Parlament stellen. Ich möchte darauf nicht antworten.» Und auf die Frage, ob es nicht denkbar wäre, dass Morrison sich mit einem solchen Ansinnen an die australische Regierung wenden könnte, antwortet er: «Es besteht das Einverständnis, dass die Einwanderungspolitik der australischen Regierung ihre eigene Angelegenheit ist, und ich fühle mich nicht befähigt, in der Sache zu intervenieren.»
    Am neunzehnten August empfiehlt die britische der australischen Regierung, die Männer der verschiedenen Kategorien in unterschiedlichen Lagern unterzubringen und die Italiener möglichst getrennt zu internieren. In wohlgesetzten Worten rät sie überdies an, die potenziell gefährlichen «feindlichen Ausländer» unter strenger Bewachung zu halten, während bei den refugees from Nazi oppression eine weniger strenge Bewachung erforderlich sei.
    Auf diesen Wink mit dem Zaunpfahl reagiert die australische Regierung am dreizehnten September ungehalten: Vermutlich wolle die britische Regierung andeuten, heißt es in einem Telegramm, manche Internierte könnten von Australien unter bestimmten Bedingungen freigelassen werden.
Die Commonwealth-Regierung hat sich bereit erklärt, Kriegsgefangene und Internierte nur zwecks Internierung in Australien zu akzeptieren. Die Freilassung bestimmter Personen nach ihrer Ankunft wäre aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht wünschenswert und würde auch Fragen bezüglich Erwerbstätigkeit, Unterhalt und ihrer späteren Repatriierung aufwerfen, wenngleich angenommen werden kann, dass die Regierung des Vereinigten Königreichs für alle anfallenden Kosten aufkommen wird.
    Die australische Regierung lege Wert darauf, so das Telegramm weiter, dass nur solche Personen in Australien aufgenommen werden, die dort so lange interniert bleiben, bis sie zwecks Freilassung ins Vereinigte Königreich zurückgeschickt werden können. Australien sei auf keinen Fall bereit, Ausländer zur Internierung anzunehmen, deren Gefährlichkeit nicht auch im Vereinigten Königreich selbst zu einer Internierung Anlass geben würde. Ähnliche Bedingungen würden auch für die Ehefrauen und Familien der Internierten gelten.
Die Commonwealth-Regierung ist nicht (wiederhole: nicht) bereit, nicht internierte Ehefrauen und Familienangehörige von Internierten aufzunehmen, auch wenn diese willens wären, auf eigene Kosten nach Australien zu reisen.
    Eigentlich hatte die britische Regierung die Absicht, 188 Ehefrauen und 204 Kinder von Dunera -Männern nach Australien nachkommen zu lassen, zumal inzwischen öffentlich bekanntgeworden ist, dass mehrere Flüchtlinge sich nur deshalb freiwillig gemeldet haben, weil ihnen versprochen wurde, ihre Familien nachzuschicken. Eine Familie hat sich tatsächlich bereits auf eigene Kosten auf den Weg gemacht.
    Womit man im Mutterland offenbar nicht gerechnet hat, ist die «White Australia»-Politik, nach der mindestens die Hälfte der Einwanderer britisch zu sein habe. Deutsche, Österreicher, Italiener, Japaner und Ungarn gelten als «feindliche Ausländer» und sind – außer in Lagern eingesperrt und von der britischen Regierung finanziert – unerwünscht. Zudem gibt es in der australischen Bevölkerung erhebliche Vorurteile gegen Juden. Es wird ihnen mangelnde Integrationsbereitschaft unterstellt, und man fürchtet eine verschärfte Konkurrenz auf dem ohnehin angespannten Arbeitsmarkt.

[zur Inhaltsübersicht]
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    Als die Dunera die tropische Zone erreicht, begleiten Schwärme Fliegender Fische das Schiff. Das Klima ist nur noch unter der Dusche erträglich. Selbst nachts lässt die feuchte Hitze nicht nach. Die Männer wälzen sich im Schlaf in ihrem Schweiß. Tagsüber versuchen sie, sich so wenig wie möglich zu bewegen. Über den Toiletten und Waschräumen hängt eine schmierige Dampfwolke. Viele Internierte leiden an einer

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