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Königskinder (German Edition)

Königskinder (German Edition)

Titel: Königskinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Fischer
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skeptisch.
    «Aber nach einem halben Jahr kam das Arbeitsministerium. Ich bin mit einem Visum eingereist, das mir nur eine Tätigkeit in einem privaten Haushalt erlaubt. Meine Anstellung an der Schule entspreche nicht dieser Bedingung, haben sie geschrieben. Die Schulleitung bat das Arbeitsministerium, mich behalten zu dürfen, weil sie keine englische Kraft finden konnten, die so gut ist wie ich. Das stimmt! Als irgendwann die Köchin krank wurde, habe ich bis zu sechzehn Stunden am Tag geschuftet und für dreißig Personen gekocht. Es hat mir gar nichts ausgemacht. Dabei konnte ich überhaupt nicht kochen, als ich nach der Matura nach Wien kam, zu Hause in Warschau hatten wir eine Köchin. Wir haben sogar einen Politiker gefunden, der sich für mich eingesetzt hat. Alles zwecklos. ‹Wir können von unserer bereits eingenommenen Haltung nicht abweichen›, haben sie mir geschrieben. Auch Erich war traurig, dass wir wegmussten von diesem herrlichen Ort. Er ist ja so ein mól książkowy – eine Büchermotte, und an der Schule gab es massenhaft Lesestoff.»
    Der Tee ist ausgetrunken, die Kekse sind verzehrt. Mrs. Needham steht auf, um das Geschirr abzuräumen.
    «Haben Sie keine Angst», sagt sie. «Wir lassen uns nicht so leicht unterkriegen. Sollen die Krauts nur kommen. Wir sind nicht wie die Franzosen!»
    «Malen Sie den Teufel nicht an die Wand, Mrs. Needham. So sagt man doch, nicht?»

[zur Inhaltsübersicht]
    4
    «Nazipack!» – «Hunnen raus aus England!» – « Fifth Columnists brauchen wir hier nicht!» – «Down with the spies!» Eine feindselige, johlende Menge begrüßt die Flüchtlinge. In einer langen Kolonne schleppen sich die Männer mit ihrem Gepäck vom Bahnhof zum Huyton Alien Internment Camp in einem Vorort von Liverpool, von Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten eskortiert und immer wieder zur Eile angetrieben. Es ist ein Spießrutenlauf.
    «Eine solche Begrüßung hätten wir auch in München haben können», sagt einer.
    Erich dreht sich um: «Aber doch nicht mit Militäreskorte!»
    Das Erste, was sie sehen, als sie sich Huyton nähern, sind Stacheldrahtzaun und Wachtürme. Dahinter hat man auf einem freien Gelände neben einer noch unfertigen Sozialbausiedlung aus Backstein eine Zeltstadt errichtet.
    Auf dem großen Appellplatz stellen sie sich in Reih und Glied auf. Ein respektgebietender Offizier informiert sie über ihren Status als «feindliche Ausländer» und weist sie in die Lagerordnung ein, während die anderen Offiziere in das Durcheinander Befehle bellen. Zählappell um 7:30 Uhr und 21:00 Uhr, Inspektion um 10:45 Uhr, Lichter aus um 21:15 Uhr, dazwischen die Mahlzeiten. Nachdem das geklärt ist, heißt es anstellen um Decken und Blechnapf.
    «Nicht viel anders als in Sachsenhausen», murmelt einer.
    Durch ein Spalier von Männern, die sich schon länger im Lager aufhalten, marschieren die Neuankömmlinge zum Aufnahmezelt, wo ein misstrauisch dreinblickender Sergeant ihre Personalien aufnimmt. Danach müssen sie einen Fragebogen ausfüllen und erhalten die auf einen Zettel gekritzelte Anweisung für eine Schlafstelle.
    Erich hat Glück, ihm wird in einem unmöblierten Haus eine Matratze zugewiesen. Jene, die schon im Mai hierhergebracht wurden, erhielten zum Schlafen nur einen Sack, den sie mit Stroh stopften. Andere müssen mit einem der Zelte vorliebnehmen, die nach mehreren Tagen Dauerregen in einem Meer von Schlamm schwimmen. Die Mahlzeiten, so instruiert man die Neuankömmlinge, werden in einem der großen Zelte eingenommen.
    Das Camp wurde offensichtlich in aller Eile eingerichtet, es herrscht organisatorisches Chaos, und täglich treffen neue Flüchtlingsströme ein. In den Häusern gibt es kaltes Wasser, aber keine Handtücher und sehr wenig Toilettenpapier. Jeder erhält ein kleines Stück Seife, mit dem er eine Woche auskommen muss. Dass das englische Essen einen schlechten Ruf hat, ist Erich bekannt, aber in Huyton isst man ausschließlich, weil der Mensch eben essen muss, um nicht zu verhungern.
    Den Sechzehnjährigen macht das unbequeme Lagerleben sogar Spaß, allerdings wurden – entgegen der Anweisung des Home Office – auch viele Männer interniert, die an Krankheiten leiden, einschließlich Diabetes, Herzproblemen, Magenerkrankungen, Tuberkulose und Erblindung. Es gibt sogar einige Fälle von geistig und körperlich Behinderten. Schätzungsweise vierzig Prozent der internierten Männer sind über fünfzig, viele über sechzig. Bei jenen, die schon

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