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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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nicht zu übersehen. Hier würde Logen stehen, wenn Bethod kam. Direkt in der Mitte, auf Espes Mauerabschnitt. Der junge Krieger stand jetzt oberhalb des Torbogens, nicht weit von Logen und Crummock, und sein langes Haar flatterte im Wind, während er auf ein paar Risse zeigte, die noch zugespachtelt werden mussten.
    »Die Mauer sieht gut aus!«, rief Logen ihm zu.
    Espe sah sich um, mahlte mit den Kiefermuskeln, dann spuckte er über seine Schulter. »Joh«, knurrte er und wandte sich ab.
    Crummock lehnte sich zu Logen hinüber. »Wenn es zur Schlacht kommt, musst du, was den da angeht, auch auf deinen Rücken achten, Blutiger Neuner.«
    »Glaub ich auch.« Mitten im Kampf gab es immer gute Gelegenheiten, mit einem Mann von der eigenen Seite abzurechnen. Niemand achtete später, wenn die Schlacht vorüber war, allzu genau darauf, ob die Toten von vorn oder von hinten erledigt worden waren. Da waren alle viel zu sehr damit beschäftigt, sich um die eigenen Wunden zu kümmern, Gräber zu schaufeln oder wegzurennen. Logen warf dem dicken Bergmenschen einen langen Blick zu. »Ich muss eine Menge Leute im Auge behalten, wenn es zur Schlacht kommt. Wir sind auch nicht so gut Freund miteinander, dass nicht vielleicht auch du darunter bist.«
    »Geht mir nicht anders«, sagte Crummock und grinste über das ganze, bärtige Gesicht. »Wir stehen beide in dem Ruf, dass wir nicht allzu genau drauf achten, wer getötet wird, wenn das Abschlachten erst einmal losgeht. Aber das ist auch nicht verkehrt. Ein Übermaß an Vertrauen macht einen Mann nachlässig.«
    »Zu viel Vertrauen?« Es war schon eine Weile her, dass Logen irgendetwas im Übermaß gehabt hatte, außer Feinden. Er deutete mit dem Daumen auf den Turm. »Ich geh mal dort hinauf, mal schauen, ob sie schon was gesehen haben.«
    »Ich hoffe doch!«, sagte Crummock und rieb sich die dicken Hände. »Ich hoffe, der Drecksack kommt heute!«
    Logen sprang von der Mauer und schritt durch die Festung, wenn man sie so nennen konnte, vorbei an Carls und Bergmenschen, die in Gruppen zusammensaßen und aßen oder redeten oder ihre Waffen pflegten. Ein paar, die in der Nacht Wache gestanden hatten, lagen in Decken eingerollt da und schliefen. Er kam an dem Pferch vorbei, wo sich die Schafe zusammendrängten, die an Zahl bereits deutlich abgenommen hatten. Er ging an der behelfsmäßigen Schmiede vorüber, die in der Nähe des aus Stein gebauten Schuppens errichtet worden war; ein paar rußbeschmierte Männer bedienten einen Blasebalg, und ein weiterer goss flüssiges Metall in kleine Formen für Pfeilspitzen. Sie würden jede Menge Pfeilspitzen brauchen, wenn Bethod bei ihnen anklopfte. Logen erreichte schließlich die schmalen Stufen, die in den Fels gehauen worden waren, und stieg, immer zwei auf einmal nehmend, hoch über die Festung bis zur Spitze des Turms.
    Hier, auf diesem Ausguck, der droben an der Felswand hing, lagerten ein großer Berg aus Steinen zum Werfen und sechs große Fässer voller Pfeile. Die besten Bogenschützen standen an den neu vermauerten Zinnen, die Männer mit den besten Augen und den besten Ohren, und hielten Ausschau nach Bethod. Logen entdeckte den Hundsmann unter ihnen, neben sich Grimm auf der einen und Tul auf der anderen Seite.
    »Häuptling!« Logen musste immer noch lächeln, wenn er das sagte. Vor langer Zeit hatten sie es gerade umgekehrt gemacht, aber so klappte alles viel besser, seiner Ansicht nach. Zumindest musste niemand die ganze Zeit über Angst haben, jedenfalls nicht vor dem eigenen Häuptling. »Schon was entdeckt?«
    Der Hundsmann grinste zurück und bot ihm eine Feldflasche an. »Tatsächlich schon eine ganze Menge.«
    »Hm«, brummte Grimm. Die Sonne erhob sich inzwischen über die Berge und schlitzte helle Linien in die Wolken, fraß sich in die Schatten auf dem harten Land und löste den Dunst auf. Auf allen Seiten ragten die Bergseiten kühn und furchtlos auf, die Hänge mit gelbgrünem Gras und Farn besprenkelt, die braunen Gipfel mit Streifen nackten Felsens durchbrochen. Unter ihnen war das karge Tal ruhig und still. Mit Dornbüschen und Grüppchen verkrüppelter Bäume durchsetzt, von den Betten ausgetrockneter Bäche durchzogen. Ebenso leer wie am vorigen Tag und am Tag davor und überhaupt an jedem Tag seit ihrer Ankunft.
    Der Anblick erinnerte Logen an seine Jugend, in der er oft allein zu den Hohen Höhen heraufgestiegen war. Manchmal war er tagelang unterwegs gewesen und hatte sich an den Bergen gemessen. Bevor er

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