Königsklingen (First Law - Band 3)
Inhalt nicht geizig sein. Wir müssen jeden Bürger rüsten, der eine Waffe tragen kann. Wir müssen die Arbeiterkolonnen bewaffnen, die Handwerkergilden und die Vereinigungen der Altgedienten. Selbst die Bettler in der Gosse müssen kampfbereit sein.«
Das war ja alles schön und gut, überlegte Jezal, aber er wollte sein Leben nicht unbedingt einer Legion von Bettlern anvertrauen. »Wann wird Lord Marschall West mit dem Heer zurückerwartet?«
»Wenn er seinen Befehl gestern erhielt, dann wird mindestens noch ein Monat vergehen, bevor er wieder an Bord geht und uns zu Hilfe kommen kann.«
»Was bedeutet, dass wir einer mehrere Wochen dauernden Belagerung standhalten müssen«, murmelte Hoff und schüttelte den Kopf. Er beugte sich zu Jezal hinüber und flüsterte ihm leise ins Ohr, als seien sie Schulmädchen, die Geheimnisse austauschten. »Euer Majestät, es könnte für Sie und für den Geschlossenen Rat ratsam sein, die Stadt zu verlassen. Die Regierung weiter nach Norden verlegen, abseits des Weges, den der gurkhisische Vormarsch nimmt, so dass der Kriegszug in größerer Sicherheit geplant werden kann. Vielleicht nach Holsthorm oder ...«
»Auf keinen Fall«, sagte Bayaz streng.
Jezal konnte nicht leugnen, dass dieser Vorschlag durchaus etwas Verlockendes hatte. Die Insel Schabulyan erschien ihm in diesem Augenblick als idealer neuer Regierungssitz – aber Bayaz hatte recht. Harod der Große hätte sicherlich niemals mit dem Gedanken an einen Rückzug gespielt, und ebenso wenig konnte Jezal das tun. Bedauerlicherweise.
»Wir werden den Gurkhisen hier entgegentreten«, sagte er.
»War ja nur ein Vorschlag«, brummte Hoff, »aus reiner Vorsicht.«
Bayaz fiel ihm ins Wort. »Wie steht es um die Verteidigung der Stadt?«
»Wir haben grundsätzlich drei konzentrische Verteidigungslinien. Der Agriont selbst ist natürlich unsere letzte Bastion.«
»So weit wird es aber doch wohl nicht kommen, was?«, warf Hoff mit einem nervösen Kichern ein, wobei er jedoch nicht völlig überzeugend klang.
Varuz verzichtete auf eine Antwort. »Davor liegt der Arnaultwall, der die ältesten und wichtigsten Teile der Stadt schützt – den Agriont, den Mittenweg, die wichtigsten Kais und die Vier Ecken zum Beispiel. Der Kasamirwall ist der äußerste Verteidigungsring – schwächer, niedriger und wesentlich länger als der Arnaultwall. Kleinere Wehrmauern verlaufen zwischen diesen beiden wie die Speichen eines Rades und teilen den äußeren Ring der Stadt in fünf Bezirke, die alle einzeln abgeriegelt werden können, sollten sie dem Feind in die Hände fallen. Es gibt einige bebaute Gebiete außerhalb des Kasamirwalls, aber diese müssen sofort aufgegeben werden.«
Bayaz stützte die Ellenbogen auf die Tischkante und verschränkte die breiten Hände. »Angesichts der Anzahl und Stärke unserer Truppen wären wir am besten bedient, wenn wir die äußeren Stadtviertel räumten und uns auf den wesentlich kürzeren und stärkeren Arnaultwall konzentrierten. Wir können weiterhin kleinere Scharmützel in den äußeren Bezirken schlagen, wo wir wegen der besseren Kenntnis von Straßen und Gebäuden im Vorteil sind ...«
»Nein«, sagte Jezal.
Bayaz’ finsterer Blick durchbohrte ihn. »Euer Majestät?«
Aber Jezal ließ sich nicht ins Bockshorn jagen. Es war ihm schon vor einiger Zeit klar geworden, dass er sich nie von der Knute des Magus würde befreien können, wenn er es dem Alten ständig gestattete, ihm Vorschriften zu machen. Sicher hatte er mit angesehen, wie Bayaz einen Mann allein durch die Kraft seiner Gedanken in Stücke riss, aber er würde das wahrscheinlich nicht mit dem König der Union vor seinem eigenen Geschlossenen Rat zu tun wagen. Nicht, während ihnen die Gurkhisen derart im Nacken saßen.
»Ich beabsichtige nicht, den größten Teil meiner Hauptstadt kampflos dem ältesten Feind der Union zu überlassen. Wir werden den Kasamirwall verteidigen und um jeden Schritt unseres Bodens kämpfen.«
Varuz warf Hoff einen Seitenblick zu, und der Schatzmeister hob die Brauen ein winziges Stück. »Äh ... natürlich, Euer Majestät. Um jeden Schritt.« Es folgte ein unbehagliches Schweigen, und die Missbilligung des Ersten der Magi hing so düster über dem Geschlossenen Rat wie die Sturmwolken draußen über der Stadt.
»Hat meine Inquisition auch etwas beizutragen?«, krächzte Jezal und tat sein Bestes, ein Ablenkungsmanöver in die Wege zu leiten.
Sults Augen bohrten sich kalt in Jezals. »Natürlich,
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