Königsklingen (First Law - Band 3)
blassen Gesichtern, hilflos und ängstlich, entsetzt und erfreut.
»Stirb, du Arschloch!«
Und damit riss Logen Bethods zermalmte Leiche mit einem letzten Aufbäumen in die Luft und schleuderte sie über die Zinnen. Er sah, wie sie fiel. Er sah, wie sie auf dem Boden aufschlug und liegen blieb, auf der Seite, Arme und Beine in unnatürlichem Winkel abgespreizt, die Finger gekrümmt, als ob sie etwas packen wollten, der Kopf nicht mehr als ein dunkler Fleck auf der trockenen Erde. Alle Gesichter der vielen Menschen, die dort unten standen, waren auf diesen Toten gerichtet, und dann, langsam, hoben sie sich mit weit geöffneten Augen und Mündern und starrten Logen an.
Crummock-i-Phail, der mitten unter ihnen stand, in der Mitte des Kreises neben dem riesigen Körper des Gefürchteten, hob langsam den langen Arm, und der dicke Zeigefinger deutete nach oben. »Der Blutige Neuner!«, schrie er. »König der Nordmänner!«
Logen glotzte auf ihn herab, noch immer nach Luft ringend und mit weichen Knien, und er versuchte zu begreifen. Die Wut war verflogen, und jetzt war nichts mehr da außer einer schrecklichen Müdigkeit. Müdigkeit und Schmerz.
»König der Nordmänner!«, kreischte jemand weiter hinten in der Menge.
»Nein«, krächzte Logen, aber niemand hörte ihn. Sie waren alle zu berauscht vom Blut und vom Zorn. Vielleicht waren sie auch bemüht herauszufinden, welcher Weg der leichteste sein würde, oder sie hatten zu viel Angst, um etwas anderes zu sagen. Überall brachen nun laute Rufe aus, erst ein paar vereinzelte, dann ein steter Strom und schließlich eine ganze Flut, und Logen konnte nur zusehen, sich am blutigen Stein festhalten und sich alle Mühe geben, nicht zu stürzen.
»Der Blutige Neuner! König der Nordmänner!«
Schneebleich war neben ihm auf ein Knie gesunken. Tropfen von Bethods Blut waren auf den weißen Pelzbesatz seines Mantels gespritzt. Er war immer schnell dabei gewesen, jenen Arsch zu küssen, der ihm am nächsten war, aber er war nicht allein. Sie knieten alle, oben auf der Brustwehr und unten auf dem Gras. Die Carls von Hundsmann und die Carls von Bethod. Die Männer, die für Logen den Schildwall gebildet, und diejenigen, die zu dem Gefürchteten gehalten hatten. Vielleicht hatte Bethod ihnen eine Lehre erteilt. Vielleicht hatten sie vergessen, ihren eigenen Mann zu stehen, und brauchten jetzt jemanden, der ihnen sagte, was sie tun sollten.
»Nein«, flüsterte Logen, aber es war nur ein dumpfes Sabbern zu hören. Er konnte all das ebenso wenig aufhalten, wie es ihm möglich war, den Himmel einstürzen zu lassen. Nun hatte er wirklich das Gefühl, dass ein Mann für das bezahlen musste, was er getan hatte. Aber manchmal fiel die Bezahlung ganz anders aus als erwartet.
»Der Blutige Neuner!«, brüllte Crummock erneut, als er auf ein Knie sank und die Arme zum Himmel reckte. »König der Nordmänner!«
ZUM WOHLE DES LANDES
Bei dem Zimmer handelte es sich wieder um eine viel zu helle Schachtel. Die Wände waren wie üblich von dunklem Weiß und mit braunen Flecken übersät.
Schimmel oder Blut oder beides.
Der übliche zernarbte Tisch, die üblichen wackligen Stühle.
Im Grunde schon an sich Folterinstrumente.
Der übliche brennende Schmerz zog durch Gloktas Fuß, sein Bein, den Rücken.
Manche Dinge ändern sich nie.
Derselbe Gefangene, soweit man das sagen konnte, nun, da sein Kopf noch unter dem Leinensack steckte.
Wie bei den vielen Dutzend anderen, die in den letzten paar Tagen durch diesen Raum gegangen sind, und den vielen Dutzend weiteren, die in den Zellen hinter der Tür schmoren und darauf warten, dass wir uns mit ihnen vergnügen.
»Nun gut«, sagte Glokta und machte eine müde Handbewegung, »fangen wir also an.«
Frost zerrte den Sack vom Kopf des Gefangenen. Ein langes, hageres kantesisches Gesicht mit tiefen Furchen rund um den Mund und einem sauber getrimmten schwarzen Bart, durch den sich graue Strähnen zogen. Ein weises, würdevolles Gesicht, dessen tief liegende Augen sich nun an das grelle Licht gewöhnten.
Glokta bekam einen Lachanfall. Jedes Kichern tat einen Stich durch sein steifes Rückgrat und erschütterte seinen steifen Hals, aber er konnte nicht dagegen an.
Nach all diesen Jahren kann mir das Schicksal wirklich noch lustige Streiche spielen.
»Waff iffo lufftich?«, grunzte Frost.
Glokta wischte sich das tränende Auge. »Praktikal Frost, wir dürfen uns tatsächlich zutiefst geehrt fühlen. Unser jüngster Gefangener ist niemand anders als
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