Königsklingen (First Law - Band 3)
Meister Farrad, ehemals aus Jaschtawit in Kanta, inzwischen in bester Wohnlage direkt am Weg der Könige zu Hause. Wir befinden uns in der Gegenwart des besten Zahnarztes im ganzen Weltenrund.«
Und diesen Aberwitz muss man doch wirklich zu würdigen wissen.
Farrad blinzelte ins grelle Lampenlicht. »Ich kenne Sie.« »Ja.«
»Sie sind der Mann, der Gefangener der Gurkhisen war.«
»Ja.«
»Der, den sie gefoltert haben. Ich erinnere mich ... man hat Sie zu mir gebracht.«
»Ja.«
Farrad schluckte.
Als ob die Erinnerung allein ihm schon Übelkeit bereite.
Er sah zu Frost auf, und die rosigen Augen blickten finster und ohne Lidschlag zurück. Er betrachtete den schmierigen, blutbefleckten Raum, die gesprungenen Fliesen, die vernarbte Tischplatte. Dann verharrte sein Blick auf dem Geständnisformular, das dort lag. »Nach all dem, was man Ihnen angetan hat – wie können Sie nun selbst so etwas tun?«
Glokta zeigte Farrad sein zahnloses Lächeln. »Wie könnte ich etwas anderes tun, nach all dem, was man mir angetan hat?«
»Wieso bin ich hier?«
»Aus demselben Grund wie jeder andere, der hierher kommt.« Glokta sah Frost dabei zu, wie der Albino die schweren Fingerspitzen auf das Formular legte und es mit Schwung über den Tisch zu dem Gefangenen herüberschnippte. »Um zu gestehen.«
»Was zu gestehen?«
»Nun, natürlich, dass Sie für die Gurkhisen spioniert haben.«
Die Furchen in Farrads Gesicht vertieften sich ungläubig. »Ich bin kein Spitzel! Die Gurkhisen haben mir alles genommen! Ich floh aus meiner Heimat, als sie kamen. Ich bin unschuldig, das müssen Sie doch wissen!«
Natürlich. Wie alle Spitzel, die in diesem Raum in den letzten paar Tagen gestanden haben. Aber sie alle haben gestanden, ohne Ausnahme.
»Werden Sie das Geständnis unterschreiben?«
»Ich habe nichts zu gestehen!«
»Wieso kann eigentlich niemand die Fragen beantworten, die ich stelle?« Glokta streckte den schmerzenden Rücken aus, bewegte den knackenden Hals von einer Seite zur anderen, rieb sich dann mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. Nichts half.
Aber das ist schließlich immer so. Wieso müssen sie es immer so schwer machen, für mich ebenso wie für sich selbst?
»Praktikal Frost, würden Sie diesem netten Herrn unsere bisherige Arbeit zeigen?«
Frost zog einen zerbeulten Eimer unter dem Tisch hervor und kippte seinen Inhalt ohne viel Federlesens vor dem Gefangenen aus. Zähne klapperten, rutschten und kreiselten über das Holz. Zähne aller Formen und Größen, in allen Schattierungen von Gelb bis Braun. Zähne mit blutigen Wurzeln, an denen noch ein wenig Fleisch hing. Ein paar rollten vom Rand des Tisches und hüpften über die speckigen Fliesen bis in die Ecken des engen Raums.
Farrad starrte entsetzt auf das blutige Durcheinander.
So etwas hat sicher noch nicht einmal der König der Zahnärzte je gesehen.
»Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Sie selbst schon einmal den einen oder anderen Zahn gezogen haben.« Der Gefangene nickte wie betäubt. »Dann können Sie sich sicherlich vorstellen, wie müde ich inzwischen bin, nachdem ich so viele entfernt habe. Deshalb würde ich mit Ihnen am liebsten so schnell wie möglich fertig werden. Ich habe Sie nicht gern hier, und ich bin mir sicher, dass Sie auch nicht gern hier sind. Wir können einander helfen.«
»Was muss ich tun?«, murmelte Farrad, dessen Zunge nervös im Mund herumfuhr.
»Das ist nicht besonders kompliziert. Zunächst unterschreiben Sie Ihr Geständnis.«
»Fffulligung«, brummte Frost, beugte sich vor und fegte ein paar Zähne von dem Schriftstück. Einer davon hinterließ einen langen, hellroten Streifen auf dem Papier.
»Dann nennen Sie zwei weitere.«
»Zwei weitere was?«
»Nun, zwei weitere gurkhisische Spione natürlich, aus Ihrem Volk.«
»Aber ... ich kenne keine Spione!«
»Dann müssen zwei andere Namen herhalten. Sie selbst wurden bereits mehrere Male genannt.«
Der Zahnarzt schluckte, dann schüttelte er den Kopf und schob das Papier weg.
Ein tapferer Mann, und ein aufrechter dazu. Aber Tapferkeit und Aufrichtigkeit sind in diesem Raum schlechte Tugenden.
»Ich werde unterschreiben. Aber ich werde keinen Unschuldigen belasten. Gott sei mir gnädig, aber das werde ich nicht tun.«
»Vielleicht ist Gott Ihnen gnädig. Aber er hält nun einmal nicht die Zange in unseren Räumen. Sperren Sie ihm den Mund auf.«
Frost packte Farrads Kopf von hinten mit seiner großen weißen Hand, und die Sehnen traten unter der
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