Königsklingen (First Law - Band 3)
Boden rollen. Der Kopf der Frau fuhr herum, und der Gesang, der von ihren Lippen kam, brach ab. Ein ausgemergeltes, weißes Gesicht, bleich wie das eines Ertrunkenen, schwarze Farbe um ihre schmalen Augen – blaue Augen, kalt wie die See.
Der Kreis schwieg. Die Männer am Rand waren still, ihre Gesichter so schlaff wie ihre Arme, von denen die Schilde herabhingen. Die Menge dahinter, die Leute, die sich oben auf der Mauer an die Zinnen drückten, sie alle verharrten bewegungslos und still wie die Toten.
Trotz Neunfingers wilder, irrsinniger Wut, all seinem Zappeln und Ringen, hielt ihn der Riese fest gepackt. Dicke Muskeln zuckten unter der blauen Haut, als die breiten Arme des Gefürchteten sich strafften und Neunfinger allmählich das Leben herauspressten. West hatte einen bitteren Geschmack im Mund vor hilfloser Enttäuschung. All das, was er getan und was er erlitten hatte, all diese verlorenen Leben waren umsonst gewesen. Bethod würde die Freiheit erhalten.
Dann stieß Neunfinger ein Knurren aus wie ein Tier. Der Gefürchtete hielt ihn fest, aber sein blauer Arm zitterte vor Anstrengung. Als sei er plötzlich geschwächt und könne nicht weiter drücken. Jede Sehne in Wests eigenem Körper war angespannt, während er zusah. Der dicke Riemen des Schilds drückte in seine Handfläche, und er biss die Zähne so fest zusammen, dass sie schmerzten. Die zwei Kämpen waren wie miteinander verschmolzen, sie stemmten sich gegeneinander mit jeder Faser, und dennoch rührten sie sich nicht, sondern standen wie erstarrt in der Mitte des Kreises.
Der Hundsmann sprang vor, das Messer stoßbereit erhoben.
»Halte ein.«
Sofort erstarrte er. Noch nie hatte er eine solche Stimme gehört. Ein Wort, und schon war kein Gedanke mehr in seinem Kopf. Er starrte die blasse Frau an, der Mund stand ihm offen, er atmete ganz flach und wünschte mit aller Macht, sie möge noch eins sagen.
»Du auch«, sagte sie und sah zu Grimm, dessen Gesicht ganz schlaff wurde. Dann grinste er, den Bogen noch halb gespannt.
Sie sah den Hundsmann von oben bis unten an und zog schließlich einen Schmollmund, als sei sie fürchterlich enttäuscht. »Benimmt man sich so als Gast?«
Hundsmann blinzelte. Was, zur Hölle, hatte er sich dabei gedacht, hier mit gezogener Klinge hereinzuplatzen? Er konnte gar nicht glauben, dass er so etwas getan hatte, und nun errötete er bis in die Haarwurzeln. »Oh ... es tut mir leid ... bei den Toten ...«
»Gugh!«, sagte Grimm und schleuderte den Bogen in eine Ecke des Raumes, als hätte er plötzlich erkannt, dass er einen Kackhaufen in der Hand hatte. Dann starrte er ganz verblüfft auf den Pfeil, den er noch festhielt.
»So ist es besser.« Sie lächelte, und der Hundsmann merkte, dass er sie angrinste wie ein Idiot. Vielleicht lief sogar ein bisschen Spucke aus seinem Mund, nur ein ganz kleines bisschen, aber das bereitete ihm keine Sorge. Solange sie redete, schien nichts anderes von großer Bedeutung zu sein. Sie winkte sie zu sich heran, und die langen weißen Finger streichelten die schwere Luft. »Es ist nicht nötig, so viel Abstand zu halten. Kommt näher.«
Er und Grimm stolperten wie eifrige Kinder auf sie zu, und Hundsmann fiel beinahe über die eigenen Füße, so eilig hatte er es, ihr zu Willen zu sein. Grimm stieß gegen einen Tisch und wäre um ein Haar vornübergefallen.
»Ich heiße Caurib.«
»Oh«, sagte Hundsmann. Das war der schönste Name überhaupt, daran bestand kein Zweifel. Faszinierend, dass ein einziges Wort so wunderschön sein konnte.
»Harding Grimm ist mein Name!«
»Und mich nennt man den Hundsmann, wegen meines guten Geruchssinns, und ... äh ...« Bei den Toten, es war verdammt schwer, geradeaus zu denken. Da war etwas Wichtiges gewesen, was er hätte tun sollen, aber er konnte sich ums Verrecken nicht erinnern, was es gewesen war.
»Hundsmann ... wunderbar.« Ihre Stimme klang so beruhigend wie ein warmes Bad, wie ein sanfter Kuss, wie Milch und Honig ... »Schlaf noch nicht ein!« Hundsmanns Kopf kippte zur Seite, Cauribs bemaltes Gesicht war ganz unscharf schwarz und weiß und verschwamm vor seinen Augen.
»Entschuldigung!«, gurgelte er, errötete wieder und versuchte, das Messer hinter seinem Rücken zu verstecken. »Tut mir leid wegen dem Messer ... keine Ahnung, was ...«
»Keine Sorge. Ich bin froh, dass du es mitgebracht hast. Ich denke, es wäre am besten, wenn du es nun hernehmen würdest, um deinen Freund damit zu erstechen.«
»Ihn?«
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