Königsklingen (First Law - Band 3)
Stiefel klatschten auf die polierten Fliesen und hinterließen schwarze Spuren auf dem makellosen Korridor. Asche. Die zwei Bezirke, in denen die Kämpfe tobten, waren jetzt ganz und gar damit bedeckt. Sie hatte sich mit dem dünnen Regen zu einer zähen Masse verbunden, wie schwarzer Klebstoff. Die Gebäude, die noch standen, und die schwarzen Ruinen derer, die es nicht mehr gab, die Menschen, die töteten, und jene, die starben – alles war damit bedeckt. Die verächtlich dreinblickenden Wächter und die Dienstboten mit ihren verkniffenen Gesichtern sahen ihr und den Spuren, die sie hinterließ, finster nach, aber sie hatte noch nie einen Scheiß drauf gegeben, was diese Leute über andere dachten, und damit würde sie nun auch nicht anfangen. Schon bald würden sie hier so viel Asche haben, dass sie gar nicht wissen würden, wohin damit. Die ganze Stadt würde nichts als Asche sein, wenn die Gurkhisen die Oberhand gewannen.
Und inzwischen sah es so aus, als ob genau das geschehen würde. Tag und Nacht, trotz aller Bemühungen der zerlumpten Verteidiger, trotz all ihrer Toten, die zwischen den Ruinen zurückblieben, arbeiteten sich die Truppen des Imperators allmählich weiter in die Stadt vor.
Auf den Agriont zu.
Yulwei saß in dem großen Saal, als sie dort ankam; er hatte sich in einen Sessel hineingefaltet, der in einer Ecke stand, und die Armreifen hingen matt von seinen schlaffen Handgelenken. Die Gelassenheit, die ihn stets wie eine alte Decke zu umgeben schien, war nun wie weggeblasen. Er sah besorgt aus, erschöpft, die Augen lagen tief in dunklen Höhlen. Ein Mann, der seinem Scheitern ins Gesicht sieht. Ein Blick, an den sich Ferro in den letzten Tagen gewöhnt hatte.
»Ferro Maljinn, zurück von der Front. Ich habe doch immer schon gesagt, dass du die ganze Welt töten würdest, wenn du könntest, und jetzt hast du die Gelegenheit dazu. Wie gefällt dir der Krieg, Ferro?«
»Ganz gut.« Sie warf ihren Bogen klappernd auf ein poliertes Tischchen, zerrte den Säbel aus dem Gürtel und nahm den Köcher ab. Es waren nur noch wenige Pfeile übrig. Die meisten, die sie gehabt hatte, steckten nun in gurkhisischen Soldaten, draußen zwischen den geschwärzten Ruinen am Rand der Stadt.
Aber Ferro brachte es nicht über sich zu lächeln.
Gurkhisen töten war wie Honig essen. Ein kleines bisschen weckte die Lust auf mehr. Aber zu viel verursachte Übelkeit. Leichen waren immer schon ein erbärmlicher Lohn für all die Mühe, die es kostete, jemanden vom Leben zum Tod zu befördern. Und doch konnte sie nicht mehr aufhören.
»Bist du verletzt?«
Ferro drückte an dem dreckigen Verband an ihrem Arm herum und beobachtete, wie Blut in das graue Tuch sickerte. »Nein«, sagte sie.
»Es ist noch nicht zu spät, Ferro. Du musst nicht hier sterben. Ich habe dich hierhergebracht. Ich kann dich immer noch weglotsen. Ich gehe, wohin es mir gefällt, und ich nehme mit mir, wen ich will. Wenn du jetzt mit dem Töten aufhörst, wer weiß? Vielleicht wird Gott immer noch einen Platz im Himmel für dich finden.«
Ferro gingen Yulweis Predigten allmählich auf die Nerven. Sie und Bayaz hatten sich vielleicht keinen Finger breit über den Weg getraut, aber zumindest hatten sie einander verstanden. Yulwei kapierte gar nichts.
»Himmel?«, fragte sie verächtlich und wandte sich von ihm ab. »Vielleicht gefällt mir die Hölle viel besser, hast du daran schon mal gedacht?«
Sie zog die Schultern hoch, als sie draußen auf dem Korridor Schritte hörte. Bayaz’ Zorn konnte sie bereits spüren, noch bevor die Tür sich öffnete und der alte, kahle Rosig ins Zimmer stürmte.
»Dieser kleine Bastard! Nach all dem, was ich für ihn getan habe, wie zahlt er es mir zurück?« Quai und Sulfur schlurften hinter ihm durch die Tür wie zwei Hunde, die ihrem Herrn ergeben folgen. »Er widerspricht mir vor dem Geschlossenen Rat! Er befiehlt mir, mich um meinen eigenen Kram zu kümmern! Mir! Woher will dieser beschränkte Dummbeutel überhaupt wissen, was meine Angelegenheiten sind und was nicht?«
»Ärger mit König Luthar dem Großartigen?«, knurrte Ferro.
Der Magus sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Vor einem Jahr gab es im ganzen Weltenrund keinen größeren Hohlkopf. Kaum schiebt man ihm eine Krone auf den Schädel und lässt einen Haufen alter Lügenbolde seinen Arsch küssen, schon hält sich der kleine Scheißer für Stolicus!«
Ferro zuckte die Achseln. Luthar hatte es nie an Selbstbewusstsein gemangelt,
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