Königsklingen (First Law - Band 3)
Wangen, und seine Brust wurde von Schluchzern geschüttelt. »Ich habe ihm gar nichts erzählt! Valint und Balk, ich hatte keine Wahl! Aber mit Sult habe ich in meinem Leben kein verdammtes Wort gewechselt! Kein Wort! Niemals!«
Glokta sah lange in die Augen seines Praktikalen, seines Gefangenen, und versuchte die Wahrheit zu erkennen. Alles war still, abgesehen von Severards gurgelndem, gequältem Atem. Dann kräuselte Glokta die Lippen und warf das Hackmesser klappernd auf den Tisch.
Warum die andere Hand aufgeben, wenn man schon alles gestanden hat?
Er stieß einen langen Seufzer aus und wischte sacht die Tränen von Severards bleichem Gesicht. »In Ordnung. Ich glaube Ihnen.«
Aber was nun? Jetzt stellen sich uns noch mehr Fragen als zuvor, ohne dass wir eine Richtung hätten, in der wir nach Antworten suchen könnten.
Er drückte den Rücken durch und verzog das Gesicht, als die vertrauten Schmerzen durch seine verdrehte Wirbelsäule und seinen zehenlosen Fuß schossen.
Sult muss seine Informationen aus anderer Quelle erhalten haben. Wer sonst hat Dagoska noch überlebt,
wer sonst hat genug gesehen? Eider? Sie hätte es nie gewagt, sich zu zeigen. Vitari? Wenn sie hätte auspacken wollen, hätte sie das damals schon tun können. Cosca? Seine Eminenz würde nie mit einem derart unzuverlässigen Menschen arbeiten. Ich selbst setze ihn lediglich deswegen ein, weil ich keine andere Wahl mehr habe. Wer bleibt da noch?
Gloktas Augen trafen den Blick von Frost. Rosafarbene Augen, die nicht blinzelten. Sie starrten ihn an, hell und hart wie rosige Edelsteine. Und die Mosaiksteinchen ergaben plötzlich ein Bild.
Ich verstehe.
Keiner von ihnen sprach. Frost streckte ohne allzu große Hast die Hände aus, wandte den Blick nicht von Gloktas Gesicht und legte seine beiden dicken Arme um Severards Hals. Der ehemalige Praktikal konnte nur hilflos zusehen.
»Was willst du ...« Frost runzelte leicht die Stirn. Es gab ein scharfes Knacken, als er Severards Kopf zur Seite drehte. So schlicht und mühelos, als ob er ein Huhn erwürgte. Severards Schädel kippte nach hinten, als Frost ihn losließ, und dann noch ein Stück weiter; unnatürliche knubblige Erhebungen waren unter der bleichen Haut an seinem Hals zu sehen.
Der Albino erhob sich und trat zwischen Glokta und die Tür, die leicht angelehnt war.
Kein Fluchtweg.
Mit schmerzerfülltem Gesicht humpelte Glokta zurück, und die Spitze seines Stocks schrammte über die Fliesen. »Warum?« Frost kam näher, gemächlich und unaufhaltsam, die weißen Fäuste fest geballt, das weiße Gesicht ausdruckslos hinter seiner Maske verborgen. Glokta hob eine Hand. »Sagen Sie mir nur warum, verdammt!«
Der Albino zuckte die Achseln.
So wie es aussieht, gibt es auf einige Fragen keine Antwort.
Gloktas schmerzender Rücken stieß gegen die Wand.
Und nun ist meine Zeit um. Also gut.
Er holte tief Luft.
Meine Aussichten waren nie die besten. Es macht mir nichts aus zu sterben, jedenfalls nicht viel.
Frost hob die weiße Faust, dann stöhnte er auf. Das Hackmesser drang mit einem dumpfen Aufprall in seine ungeschlachte Schulter. Blut rann aus der Wunde auf sein Hemd. Frost fuhr herum. Hinter ihm stand Ardee. Die drei starrten einander einen Augenblick an. Dann schlug Frost ihr ins Gesicht. Sie stürzte taumelnd zur Seite, prallte gegen den Tisch und brach zusammen. Der Tisch kippte um, und Gloktas Kästchen fiel klappernd neben ihr zu Boden, so dass sich die Instrumente verteilten und Blut und kleine Fleischstückchen durch die Gegend flogen. Frost wandte sich wieder Glokta zu. Noch immer steckte das Hackmesser in seiner Schulter, und sein linker Arm hing schlaff herunter.
Glokta zog die Lippe hoch und offenbarte sein leeres Zahnfleisch.
Es macht mir nichts aus zu sterben, aber schlagen lasse ich mich nicht.
So gut er konnte, suchte er sich einen festen Stand und ignorierte dabei den Schmerz, der durch seinen Fuß und das vorangestellte Bein fuhr. Dann hob er den Stock und stieß mit dem Daumen gegen die verborgene Feder. Der Stock war nach seinen präzisen Vorgaben von demselben Mann gefertigt worden, der auch das Kästchen für seine Instrumente geschaffen hatte.
Und er ist ein noch überragenderes Beispiel bester Handwerkskunst.
Ein sanftes Klicken ertönte, als das Holz an unsichtbaren Angeln zurückklappte und dann herabfiel, um eine zwei Fuß lange Nadel aus spiegelhell glänzendem Metall zu offenbaren. Glokta stieß einen durchdringenden Schrei aus.
Vorwärts, Glokta,
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