Königsklingen (First Law - Band 3)
Nach den Ereignissen der letzten Stunde erwartete er beinahe, dass nun Cosca mit gezogenem Schwert über ihn herfiel.
Aber wenn uns die letzte Stunde irgendetwas gelehrt hat, dann das: Der Gefolgsmann, dem man am wenigsten traut, ist
nicht zwingend der am wenigsten Vertrauenswürdigste.
»Und wir haben sie selbstverständlich in Stücke gehauen.« Der Styrer grinste. »Es ist eine Beleidigung für mich, dass Sie tatsächlich etwas anderes in Erwägung ziehen würden.«
»Gut. Gut.«
Zumindest eine Sache, die nach Plan verlaufen ist.
Glokta wäre am liebsten auf den Boden gesunken, um sich dort schreiend auszustrecken.
Aber es liegt noch Arbeit vor uns.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht hinkte er zur Tür. »Wir müssen uns sofort zum Agriont aufmachen.«
Das erste Licht des anbrechenden Morgens leckte über den kalten, klaren Himmel, als Glokta auf den Mittenweg hinaushumpelte, Ardee neben sich. Es lag noch ein wenig Nebel in der Luft, aber er lichtete sich schnell.
Es scheint ein schöner Tag werden zu wollen. Ein schöner Tag für Blutvergießen, Verrat und ...
Im Nebel zogen einige Gestalten über das Kopfsteinpflaster der breiten Straße, im Süden, wo das Meer lag. Auch waren Geräusche zu vernehmen. Rasseln und ein helles Klingeln. Es klang sehr danach, als sei eine Gruppe bewaffneter Männer unterwegs. Etwas weiter entfernt brüllte jemand etwas. Gedämpft und missmutig erklang eine Glocke.
Eine Alarmglocke.
Cosca spähte misstrauisch in den Nebel, der sich nach und nach auflöste. »Was ist das?«
Die Gestalten wurden allmählich deutlicher. Bewaffnete Männer, die Speere trugen. Viele Männer. Ihre hohen Helme sahen ganz anders aus als die der Union.
Ardee berührte Glokta am Arm. »Sind das ...«
»Gurkhisen.« Ihre Rüstungen schimmerten im dünnen, grauen Licht, als der Nebel sich verzog. In großer Zahl marschierten sie den Mittenweg hinauf.
Offenbar ist es
ihnen endlich gelungen, Männer an den Kais an Land zu setzen und ins Herz der Stadt vorzudringen. Welch unglaublich schlecht gewählter Zeitpunkt.
»Zurück!« Mit einem Ruck wandte Glokta sich wieder dem kleinen Gässchen zu, rutschte aus und wäre beinahe gestürzt. Er verzog das Gesicht, als Ardee ihn am Ellenbogen zu fassen bekam und wieder in die Höhe zog.
»Zurück zum Haus!«
Und lasst uns hoffen, dass man uns noch nicht entdeckt hat.
»Und nehmen Sie die Laternen mit, wir werden sie brauchen.« So schnell er konnte, eilte er der stinkenden Gasse entgegen, von Coscas Söldnern geschubst und umringt.
»Verdammte Gurkhisen«, zischte der Styrer. »Ich weiß ums Verrecken nicht, was ich denen getan habe, damit sie so sauer auf mich sind.«
»Sie haben mein vollstes Mitgefühl.« Das Tor fiel mit lautem Quietschen zu, und ein paar Söldner verbarrikadierten es mit den Überresten eines Springbrunnens.
Ich bin mir nicht sicher, wie lange die wenigen Steinbrocken eine Legion des Imperators aufhalten werden.
»Dürfte ich wohl fragen, wie der Plan jetzt genau aussieht, Herr Superior? Ihr Palast ist zwar sehr hübsch, aber es erscheint mir keine gute Idee, sich dort einzuigeln und darauf zu warten, dass Hilfe kommt.«
»Nein.« Glokta kämpfte sich die Stufen empor und öffnete die Vordertür. »Wir müssen uns zum Agriont durchschlagen.«
»Irgendetwas sagt mir, dass unsere gurkhisischen Freunde möglicherweise dasselbe vorhaben könnten. Über der Erde wird uns das daher wohl kaum gelingen, so viel ist klar.«
»Dann müssen wir es eben unter der Erde versuchen.« Glokta humpelte so elegant wie möglich ins Innere des Gebäudes. Ardee und die Söldner folgten ihm besorgt. »Dort unten gibt es einen Zugang zu den Abwasserkanälen. Man kann ganz bis zum Agriont gelangen, wenn man den Weg weiß.«
»Kanäle?« Cosca grinste. »Nichts ist mir lieber, als durch den Dreck der ganzen Welt zu waten, wie Sie ja wissen, aber Kanäle ... können ganz schön verwirrend sein. Kennen Sie denn den Weg?«
»Leider nicht.«
Aber ich kenne einen Mann, der sich damit brüstet, überall den richtigen Weg zu finden, selbst durch einen Fluss aus Scheiße.
»Bruder Langfuß!«, rief Glokta laut, während er auf die Treppe zuhumpelte. »Ich habe einen Vorschlag für Sie!«
DER TAG DER ABRECHNUNG
Lord Marschall West stand im Schatten einer verlassenen Scheune auf einer Anhöhe oberhalb der fruchtbaren Ebenen Midderlands. Mit der behandschuhten Rechten umklammerte er sein Fernrohr. Noch immer lag leichter Morgennebel auf den flachen, herbstlichen Feldern
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